Geheimakte Proteus
Rechten … Ausbruch … Killerhalle.
Die Strahler von oben hüllten die Menge in grelles Licht.
Und neben den vielen Bars stand ein Gebäude, das sich Funland nannte. Tristan erkannte die antiken Vergnügungsgeräte. »Karussell« nannte sich so etwas. Ein klappernder Zug mit Wagen mit Rädern … eine Achterbahn … raste über Gleise hinauf und hinunter, und die Menschen im Zug kreischten und schrien.
Und ganz in der Nähe kreiste ein runder, fassförmiger Gegenstand, der unten offen war. Das Fass sah so aus, als würde es gleich auf den Platz rollen. Menschen in ihm klammerten sich an Griffen fest, von der Zentrifugalkraft gegen die Wände des Fasses gepresst.
Wie alt waren diese Dinger?, fragte sich Tristan. Wenn es sich um echte Antiquitäten handelte, möglicherweise jahrhundertealt.
Alt. Rostig. Bereit, jederzeit auseinander zu brechen und jemanden zu töten.
Wenn das keine reale Aufregung bot!
Schreie von der rechten Seite zogen Tristans Aufmerksamkeit auf sich. Eine dicht zusammengedrängte Menschentraube schrie, ein blutdürstiges, brutales Brüllen. Tristan konnte nichts erkennen, vermutete aber, dass irgendeiner armen Seele in der Mitte dieser Menschentraube irgendetwas Bösartiges zugefügt wurde.
Eine Frau stieß Tristan an.
»Hey, Matrose«, sagte sie.
Tristan blickte verwirrt auf. »Ich bin kein -«
Die Frau lachte. Ihr goldenes Haar wirkte künstlich, ihre Lippen waren viel zu rot, und ihr aufdringliches Parfüm überdeckte vermutlich andere, weniger angenehme Gerüche.
Ein Strichmädchen. Ein »reales« Strichmädchen, aber real war an ihr nicht viel.
»Kein Matrose?« Sie trat näher und spielte mit dem glatten Stoff von Eels Smartsuit. »Hmm, du bist aber groß. Ich wette, du hast’s gern« – sie beugte sich noch näher zu ihm, und jetzt nahm ihm ihr Parfüm fast den Atem – »ein bisschen grob. Hmm, wie steht’s?« Sie warf einen Blick in die dunkle Straße, aus der Tristan gekommen war. »Wir könnten dort hinter gehen. Da wären wir hübsch für uns allein.«
Tristan schüttelte den Kopf. »Nein. Nicht jetzt.« Er sah, wie das Gesicht der Frau sich verfinsterte. »Vielleicht … später.«
Das Strichmädchen zuckte mit den Achseln und ging weiter. »Später« war ein Wort, das in ihrem Vokabular nicht enthalten war.
Sollte ihm recht sein. Er musste weiter, musste sich seinen Weg durch das Meer von Menschen bahnen, von denen einige wirklich stoned waren, einige wirklich bumsten, einige wirklich aßen, einige einander wirklich verprügelten. Er bewegte sich durch das Meer von Bluts und Imagisten und menschlichen Freaks, die sich verzweifelt nach einer wirklichen Empfindung sehnten, irgendeiner Empfindung, selbst einer schlechten. VR war hier nicht erlaubt, nur die Realität … mehr Realität, als man sich jemals wünschen konnte.
Tristan stieg über ein paar reglose Körper auf dem Boden. Schlafend, bewusstlos? Tot? Wer konnte das schon sagen? Und wen interessierte es?
Er bahnte sich mühsam den Weg in die Mitte des Platzes, wo vielfarbige Reflexe der strahlenden Lichter die Straßen und Mauern überzogen.
Was zum Teufel ist das?, fragte er sich und blickte auf die Fassade des Break Out. Was für Spiele werden hier gespielt, welchen Nervenkitzel bietet dieses Lokal? NOK? Oder exotischere Vergnügungen? Tristan hatte von anderen Vergnügungen gehört … Labyrinthen, wo man Jagd auf gefährliche, genetisch veränderte Tiere machen konnte – auf eigenes Risiko.
Ein Mann rempelte ihn an und packte Tristan an beiden Schultern.
»Hey! Bringt sie um.«
Tristan versuchte, sich dem Mann zu entwinden, aber der ließ ihn nicht los.
»Bringt sie um. Stimmt’s?« Der Mann lallte.
»Wen umbringen?«, sagte Tristan in der Hoffnung, der Mann würde von ihm ablassen, wenn er mit ihm redete.
Der Mann schüttelte den Kopf, gerade so, als verwirrte ihn Tristans Unwissenheit. Dann tippte er auf das verschmierte Symbol auf Tristans Stirn.
»Klar! Die Nachmacher, die verdammten Nachmacher! Alle sollten wir sie umbringen, stimmt’s?«
Tristan nickte und brachte ein Lächeln zustande. »Stimmt, Freund. Bringt die Mimiks um – alle.«
Der Mann ließ Tristan los und taumelte davon, um sich sein nächstes Opfer zu suchen.
Tristan ging an dem ersten Lokal, der »Killerhalle«, vorbei. Eine kleinere Schrift darunter gab zu verstehen, dass es sich um »Die größte Jagdbar der Freizone« handelte – »Drei Ebenen mit natürlichen Wegen und Höhlen mit über zwanzig gefährlichen
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