Geheimauftrag: Liebe
gefunden?«
»Nein. Ein Tagebuch wäre zu schön gewesen, um wahr zu sein.«
»Von Granville? Ja, in der Tat.« Nach einem Moment fragte sie: »Wie bist du gestern Nacht in mein Zimmer zurückgekommen? Ich dachte, du hättest das Haus verlassen.«
Er wickelte seine Kleidungsstücke in einen weichen Jagdrock. »Nein, Norris wusste, dass ich nicht wirklich weggehen wollte. Ich bin durch die Gartentür und über die Hintertreppe geschlichen.«
Damit sie nie wirklich allein mit Nicholas war.
Sie nahm sein Bündel, er schloss die Tür und folgte ihr zur Treppe nach unten.
Ihre Pferde standen schon bereit. Er stopfte seine Kleider in zwei Satteltaschen und warf sie Domino über den Rücken, bevor er Penny auf ihre Stute hob.
Dieses Mal übernahm sie die Führung, trieb ihr Tier zu einem Galopp an, sobald sie den Park hinter sich gelassen hatten. Sie folgten der grasbewachsenen Seite der erhöhten Uferböschung, wandten sich dann nach Süden, ritten mit dem Wind um die Wette – nebeneinander preschten sie durch die Landschaft. Der Wind begrüßte sie, blies ihnen ins Gesicht und zerrte an ihren Haaren.
Sie achteten nicht weiter darauf, sondern ritten über die grünen Rasenflächen, zügelten die Tiere nur, als sie sie zur Brücke bei Lostwithiel hinunterlenkten, um auf der anderen Seite wieder das Steilufer zu erklimmen, den Wind als ständigen Begleiter.
Das Gefühl überkam ihn, das alles genauso schon einmal erlebt zu haben. Und das hatten sie auch, damals, als er noch der junge Bursche und sie das fast kindliche Mädchen gewesen war.
Herrlich und bestürzend zugleich empfand er dieses Gefühl des Déjà-vu, zeigte es ihm doch, wie viel sich seitdem verändert hatte.
Und was alles nicht.
Sie stürmten weiter, nicht in einem Wettrennen, sondern einfach aus Freude an der Freiheit. Der späte Nachmittag wich dem frühen Abend, und die Sonne sank wie ein Feuerball in das
Meer vor ihnen. In den letzten Strahlen des goldenen Lichtes ritten sie ungestüm nebeneinander auf der Anhöhe, dann hinab durch die Felder, ehe sie auf dem gepflasterten Hof vor den Ställen von Wallingham Hall anhielten.
Penny zog ihre Füße aus den Steigbügeln und glitt schnell und geschmeidig aus dem Sattel. Sie schaute zu ihm hin, als er die Satteltaschen herunterhob und sie sich über die Schulter schwang – und mit einem Mal glaubte sie keine Luft zu bekommen.
Zwischen ihnen sprühten unsichtbare Funken.
Mit weit geöffneten Augen starrte sie ihn an, machte auf dem Absatz kehrt, raffte ihre Röcke und ging zum Haus.
Er hatte sie sogleich eingeholt, lief neben ihr, als sie am Küchengarten vorbeigingen. Sie schaute ihn kurz an; er sah ihren Blick, erwiderte ihn – spürte das verräterische Prickeln auf seiner Haut, das er in ihrer Gegenwart empfand. Und wusste, sie fühlte es auch.
Er machte einen Schritt zur Seite, vergrößerte den Abstand zwischen ihnen, schaute nach vorne. Undenkbar, sich einfach mit ihr auf ihr Zimmer zurückzuziehen oder sonst irgendwohin. Er holte tief Luft, öffnete die Gartentür und ließ ihr den Vortritt, ehe er ebenfalls die Halle betrat.
Sie wandte sich zu ihm um.
Er nickte. »Wir sehen uns beim Dinner.« Mit diesen Worten ging er mit raschen Schritten zur Hintertreppe, stieg sie eilig empor.
Weg von der Versuchung, die sich mit den Jahren nicht verringert hatte, sondern eher gewachsen war.
Als sie später am Abend in ihr Schlafzimmer zurückkehrte, waren Pennys Nerven derart gespannt, dass es fast schmerzte. Sie wartete. Nicht in unschuldiger Neugier, sondern in erfahrener Vorfreude – sie wusste, was sie wollte.
Nachdem ihre Entscheidung getroffen war, alles zu nehmen und zu genießen, hatte ungestüme Ungeduld sie auf dem Heimritt ergriffen – und war seitdem nicht wieder gewichen. Nicht in der Viertelstunde im Empfangssalon, wo sie für Nicholas die pflichtbewusste Gastgeberin gespielt hatte, und auch nicht während des Dinners, einer ungewohnt schweigsam eingenommenen Mahlzeit.
Auch Charles hatte kein Interesse an einer Unterhaltung bekundet, denn seine Gedanken weilten ebenfalls bei anderen Dingen. Und was Nicholas betraf, so wirkte er unverändert geistesabwesend und verhielt sich derart still, dass es fast zur Sorge Anlass gab. Er sah schlecht aus, machte aber keinerlei Anstalten, sich dazu zu äußern oder sich ihnen anzuvertrauen.
Penny legte ihr Kleid ab, schlüpfte in das Nachthemd, das Ellie bereitgelegt hatte, setzte sich an ihre Frisierkommode und bürstete ihr Haar
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