Geheimauftrag: Liebe
um nach Hause zurückzukehren? Wo waren seine Sachen gewesen? Und hatte ihn jemand beim Verlassen des Hauses beobachtet? Fragen über Fragen.
Am wichtigsten indes war, was er sich eigentlich dabei gedacht hatte? Erst bestand er darauf, dass sie sein Haus verließ, um vor ihm sicher zu sein, und dann spazierte er glatt in ihr Schlafzimmer. Der Wunsch, sie zu beschützen, konnte nicht sein einziger Beweggrund gewesen sein.
Sie lief die Treppe hinab, wandte sich in Richtung Frühstückszimmer – und hörte ihre Stimmen. Die von Nicholas und Charles. Sie verhielt kurz ihre Schritte, bevor sie entschlossen den Raum betrat.
Beide machten Anstalten, sich von ihren Plätzen zu erheben, doch sie gab ihnen mit einem Wink zu verstehen, Platz zu behalten. Nicholas murmelte eine Begrüßung, die sie erwiderte. In Charles’ Richtung nickte sie unbestimmt. Er antwortete mit einem höflichen »Guten Morgen.« Sie trat zur Anrichte und bediente sich mit Schinken und Toast, war sich der Stille hinter ihrem Rücken bewusst.
Als sie sich zum Tisch umdrehte, erhob sich Charles, um ihr den Stuhl zurechtzurücken. »Hast du gut geschlafen?«, murmelte er.
Sie war in seinen Armen eingeschlafen. »Einigermaßen.« Sie blickte ihn an, als er sich wieder setzte – er musste sie zum Bett getragen und zugedeckt haben. »Und du?«
Er sah ihr in die Augen. »Vielleicht nicht ganz so gut wie sonst.«
Mit einem leichten, vermeintlich mitfühlenden Lächeln wandte sie ihre Aufmerksamkeit ihrem Teller zu. Es war besser, sich weiter nicht dazu zu äußern.
Charles drehte sich zu Nicholas um. »Wie gesagt, ich bin nicht auf dem Meer gewesen seit meiner Heimkehr im letzten September, aber ich bin sicher, die Gallants wären gerne bereit, Sie einmal mit hinauszunehmen.«
Nicholas winkte ab. »Es war nur so ein Gedanke – eine Laune. Rein hypothetisch. Außerdem«, er machte eine Pause, holte tief Luft, »ich bin mir gar nicht sicher, wie lange ich überhaupt noch hierbleibe.«
Penny schaute auf, weniger von seinen Worten als von dem merkwürdigen Unterton erstaunt. Täuschte sie sich, oder schwang da Betroffenheit mit? Als sie ihren Cousin genauer anschaute, bemerkte sie, dass er extrem angespannt wirkte, noch stärker als die Tage zuvor, und dass sein Gesicht fahl aussah. Von ihnen allen wirkte er, als bräuchte er am dringendsten ein paar zusätzliche Stunden Schlaf.
»Ist mit dem Zimmer alles in Ordnung?« Die Frage war ihr herausgerutscht, ehe sie Zeit hatte, darüber nachzudenken.
Nicholas starrte sie ausdruckslos an. »Ja, das heißt …« Er riss sich zusammen. »Ja, danke. Es ist alles in bester Ordnung.«
Sie ergriff die günstige Gelegenheit und fügte hinzu: »Es kommt mir nur so vor, als seiest du nicht ganz auf der Höhe.«
Nicholas’ Augen zuckten zu Charles, der offensichtlich vollauf mit seinem Schinken und den Würstchen beschäftigt war. Dann kehrte sein Blick zu Penny zurück. »Es ist nur – nun ja, ich habe so viel zu tun. Da waren viel mehr Kleinigkeiten als erwartet, um die ich mich kümmern musste.«
»Ja? Wenn ich irgendwie behilflich sein kann, lass es mich wissen. Ich bin mit den meisten Abläufen auf dem Gut vertraut, wie du weißt.«
Man sah ihm an, dass er sich unbehaglich fühlte. »Nicht dass es schwierig wäre mit dem Gut. Das ist es nicht allein, denn ich habe auch noch ein paar Dinge für London zu erledigen.«
Ihre Miene hellte sich auf. »Oh, Elaine hat erwähnt, dass du für das Foreign Office arbeitest. Bist du dort schon lange?«
Er erstarrte. »Zehn Jahre.« Seine Stimme klang hohl, seine Miene verdüsterte sich, und sein Blick war starr auf einen Punkt hinter ihr gerichtet.
Sie schaute ihn forschend an, riss sich dann zusammen und widmete sich wieder ihrem Frühstück. Auch für Nicholas schien das Thema erledigt zu sein.
Und Charles? Er schwieg, doch als er sich zurücklehnte und nach seiner Kaffeetasse griff, fing sie seinen Blick auf. Und glaubte zu verstehen.
Sie beendeten das Frühstück in Schweigen. Gemeinsam standen sie vom Tisch auf und trennten sich in der Halle. Penny verkündete, sie wolle mit Mrs. Figgs über die Speisefolge der Woche sprechen, während Nicholas, der zustimmend nickte, erklärte, er habe in der Bibliothek zu tun.
Charles blieb neben ihr stehen, bis Nicholas verschwunden war. »Ich gehe zum Pavillon – komm nach, wenn du mit Mrs. Figgs fertig bist.« Er sah ihr in die Augen. »Was auch immer du tust, sag nichts zu Nicholas. Ich werde es dir nachher
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