Geheimauftrag Phantom
abspielte. Bevor ich einen der Kähne ins Wasser schob, überprüfte ich ihn auf seine Tauglichkeit. Ein Leck konnte ich nicht erkennen. Der Kiel schleifte durch den Sand, als ich das Boot gegen die auslaufenden Wellen drückte. Ich bekam beim Einsteigen nasse Füße, stieß mich im flachen Wasser mit den Ruderblättern ab und legte mich in die Riemen. Sehr langsam glitt ich in den geisterhafen Dunst hinein, der alles schützte, auch einen dreifachen Killer…
***
Die Hand war wieder da!
Sie malte, sie bewegte sich hektisch, als könnte es ihr nicht schnell genug gehen.
Es entstanden diesmal keine Menschen, dafür wurde ein Gelände gezeichnet.
Berge, die wie steinerne Wellen aussahen. Ein großes Tal fiel auf, das der Zeichner schraffierte und gleichzeitig so zeichnete, daß ein See entstand.
Der Lago mit Booten…
Sehr Schnell huschte die Spitze des Stifts über das Papier. Die Lippen des Künstlers verzogen sich zu einem dünnen Lächeln. In den Augen lag ein kalter Mord glänz.
Sogar der Schilfgürtel wurde eingezeichnet, in dessen Mitte malte der Zeichner ebenfalls etwas.
Einen dunklen Fleck. Schon als Zeichnung böse aussehend. Breit und wolkig.
Das Mord-Phantom lauerte…
Die vier Mädchen hatten so lange gewartet, bis sie der Dunst schützte. Dann waren sie auch nicht auf dem direkten Weg zur Hütte gegangen, sondern hatten einen Bogen geschlagen. In Deckung einer Hecke und den zahlreichen dahinter wachsenden Kirschbäumen waren sie geschlichen und trafen im Bootshaus zusammen.
Cora Losone war die erste. Sie kam sich etwas komisch vor, so allein in der Stille der Hütte zu stehen. Von draußen drang das Plätschern der Wellen herein, wenn sie gegen das Ufer liefen.
Die zweite im Bunde war Marion Killmann. Sie stammte aus Nürnberg, wo ihre Eltern eine Fleischfabrik besaßen. Marion war klein, ziemlich pummelig, hatte aber sehr schöne dunkle Augen, obwohl ihr Haar einen blonden Schimmer besaß.
»Wann kommen die anderen beiden?« fragte Cora.
»Marietta habe ich gesehen, Angel nicht.«
»Sie will aber kommen.«
»Klar, Cora, es ist unser letzter gemeinsamer Abend. Morgen ist Angel schon in London.«
»Meinst du, daß er uns noch erwischen wird?« fragte Cora. Sie schob sich näher an die Freundin heran.
»Nicht, wenn wir zusammenhalten. Da bin ich mir hundertprozentig sicher. Wir müssen eine Einheit bilden. Bisher hat das Phantom keinen aus unserem Kreis bekommen.«
»Hast du eine Erklärung?«
Marion Killmann hob die Schultern. Sie trug einen dünnen Pullover, unter dessen Stoff sich die Hügel ihrer Brüste deutlich abzeichneten. »Nein, Cora, nein, er wird uns nichts tun, weil wir uns unter den Schutz der Urmutter gestellt haben. Sie hält ihre Hand über uns, davon bin ich fest überzeugt.«
»Ich auch.«
Beide Mädchen drehten sich um, denn die dritte Person war erschienen. Die kleine, puppenhaft wirkende Marietta Mandoni stand in der Tür. Sie stammte aus Mailand, war die kleinste in der Klasse, trug fast jeden Tag eine Brille mit einem andersfarbigen Gestell. An diesem Abend hatte sie sich für ein dunkelrotes entschieden.
»Hast du uns erschreckt!« flüsterte Cora.
»Das wollte ich nicht.« Sie kam ins Zimmer. In ihren Turnschuhen war sie nicht zu hören.
Cora ließ ihren schmalen Rucksack von der Schulter gleiten und packte die Kerzen aus, die sie auf dem Tisch verteilte. Es waren besondere Kerzen, die Schülerinnen hatten sie selbst hergestellt. Zwar bestanden sie zum Großteil aus Wachs, doch diese Masse enthielt noch andere Ingredienzien, so daß die Kerzen, wenn sie brannten, einen bestimmten Geruch abgaben.
Marietta blieb an der Tür stehen und schaute hinaus. Sie waren bei ihren Treffen immer vorsichtig, weil sie von den anderen Schülerinnen nicht unbedingt gesehen werden wollten.
»Sie kommt«, meldete Marietta.
»Wunderbar.« Cora stellte die letzte Kerze auf den Tisch, während Marion die Stühle zurechtrückte.
Dann erschien Angel Torham. Wie immer sah sie blaß aus. Sie lächelte sparsam und umarmte jede der drei Freundinnen, als wäre es ein Abschied für immer.
Das merkte auch Cora Losone. »Was ist los?« wunderte sie sich.
»Heute ist unser letztes Zusammensein.«
»Na und?«
»Es muß uns stark machen«, sagte Angel. »Wegen des Mörders?«
»Ja.«
»Rechnest du damit, daß er unterwegs ist?« Marietta bekam bei der Frage eine Gänsehaut.
»Damit müssen wir immer rechnen«, meinte Marion, »aber wir werden uns zu schützen wissen.« Sie hielt
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