Geheimauftrag Phantom
schließlich. »Es ist einfach ein Fremdkörper, der uns stört«, erklärte sie. »Jemand hat sich zwischen uns geschoben und will nicht, daß wir eine Verbindung zu den Kräften der Natur bekommen. So sehe ich es, so wird es auch sein.«
»Aber wer könnte das sein?« fragte Cora.
»Jemand, der auch stark ist und etwas Gleichwertiges besitzt wie wir. Er ist noch nicht lange da…«
»Vielleicht der Mann, der dich holen will, Angel?« Marietta fragte schüchtern an.
»Das kann sein.«
»Sollen wir wieder zurückrudern?«
Angel überlegte, auch die anderen beiden dachten über Mariettas Vorschlag nach. Es wäre sicherlich gut gewesen, denn viel erreichen konnten sie nicht mehr.
»Also lösen wir die Kette«, sagte Angel und griff nach den Rudern. »Es ist schade, meine Freundinnen, daß unser letztes Zusammensein so enden muß.«
»Da kann man nichts machen«, meldete sich Cora.
Auch der Rückweg geschah nach einem bestimmten Ritual. Die Mädchen ruderten gemeinsam los und bewegten sich von vier verschiedenen Seiten aufeinander zu. An einem bestimmten Punkt würden sie sich treffen. Das war schon einstudiert. Wie Gespenster hatten sie im Nebel ihren Auftritt. Mittlerweile war Zeit vergangen. Die Dunkelheit verdrängte die Dämmerung. Der Lago schlief unter einem großen Tuch. Die Lichter auf der anderen Seeseite waren nicht mehr zu erkennen. Die Welt wirkte so, als wäre sie in dünne Watte eingepackt worden.
Nur das Klatschen des Wassers war zu hören, als die Mädchen aufeinander zuglitten. Sie trafen an dem bestimmten Punkt zusammen. Die Buge ihrer Boote scheuerten gegeneinander. Wellen waren entstanden und ließen die vier Boote schaukeln. Im gleichen Rhythmus tanzten auch die Kerzenflammen, die ein huschendes Muster über die Gesichter der vier Schülerinnen warfen.
Die vier Boote bildeten so etwas wie einen großen Stern. Sie befanden sich nahe beieinander, schauten sich an und konnten sich trotzdem nicht klar und deutlich erkennen.
Sanft wiegten die Boote auf den Wellen. Mal drängten sie auseinander, dann kamen sie wieder zusammen.
»Wir werden«, sagte Angel leise, »jetzt einen Schwur ablegen. Gegenseitig müssen wir uns etwas schwören.«
»Meinst du?« fragte Cora.
»Ja, das will ich so.«
»Was sollen wir denn schwören?« fragte Marietta. Sie wischte über die beschlagenen Gläser ihrer Brille.
»Daß wir immer zusammenhalten werden. Egal, was auch geschieht und wer uns auseinandertreiben wird. Selbst wenn wir die Schule hinter uns haben, bleiben wir in Kontakt. Denn nur wir vier sind in der Lage, die Kräfte der Natur zu wecken.«
Die Stimme des Mädchens klang wie das Murmeln der Wellen und wurde vom Wasser verschluckt.
»Schwört ihres?« fragte sie.
»Ja!«
Drei Stimmen klangen wie eine, und drei Arme reckten sich zum Schwur in die Höhe.
Angel war zufrieden. Jedes der Mädchen freute sich. Sie hatten es geschafft und eine Einheit gebildet. Nichts sollte sie stören und lösen können.
Die vier Boote schaukelten. Kerzenlicht warf Schatten und ließ Helligkeit über die Ränder hinwegfließen. Angel war die erste, die ihren Arm senkte. Die anderen taten es ihr nach. Stillschweigend hatten sie das zarte blonde Mädchen als Anführerin akzeptiert. Schließlich war sie es gewesen, die sich zuerst mit dem Thema Naturmagie beschäftigt hatte. Angel Torham spürte genau ihre Handfläche, die auf dem rechten Oberschenkel lag. Auf einmal war da noch etwas anderes. Eine Erklärung konnte sie nicht finden, doch da lief ein Strom durch ihre Adern, der das Blut in Wallung brachte. Die Boote und die drei anderen Mitschülerinnen verschwammen vor ihren Augen, als würden sie eintauchen in die schmalen Wellen des Sees.
Was war das nur?
Angel schüttelte den Kopf. Eine unnatürlich hohe Welle trieb heran, klatschte zwischen die Boote und sorgte dafür, daß die vier Kähne auseinandergetrieben wurden.
Zwischen ihnen entstand eine Lücke. Ausgefüllt mit grünem Wasser und Schaum auf der Oberfläche, aber auch von einem dunklen Schatten durchweht.
Nur Angel hatte es bisher gesehen, die anderen schauten in verschiedene Richtungen.
Im gleichen Moment verlöschte ihre Kerze.
»He!« rief Marion, »weshalb hast du sie ausgeblasen? Bitte, warum? Was ist los?«
Sie bekam keine Antwort. Angel Torham saß vornübergebeugt im Boot und starrte die Wasserfläche an.
Etwas war dort!
Und es schoß hervor. Eingehüllt in einem Schwall Wasser, jagte aus der Tiefe des Lago ein gewaltiges Monstrum.
Weitere Kostenlose Bücher