Geheimauftrag Phantom
Eine Mischung aus Riesenfisch und Krokodil, dessen Schnauze weit geöffnet war und sich im nächsten Augenblick eines der Mädchen schnappen würde. Cora Lonsone schrie wie am Spieß, denn das Maul senkte sich über ihre Gestalt…
***
Ich ruderte, was ich konnte. Verdammt, wie weit war es denn noch bis zu den Booten? Die Schwaden verzerrten die Perspektive. Sie sorgten dafür, daß die Entfernungen nicht stimmten, daß sie kaum schrumpften und ich mich wieder härter in die Riemen legen mußte. Dennoch — ich kam näher, denn die Echos der Mädchenstimmen erreichten meine Ohren.
Sie unterhielten sich. Was sie sagten, konnte ich nicht verstehen. Zudem hatten sie mich auch noch nicht entdeckt, denn ich wurde von ihnen nicht angerufen.
Noch einmal zog ich kräftig durch, als ich plötzlich — es war sogar Zufall — das Wasser aufgischten sah. Steuerbord, also rechts von mir, bekam die Oberfläche einen blasigen Schaum.
Ich ließ die Ruder los, schaute genauer hin und sah auch, daß der Schaum in eine bestimmte Richtung wanderte. Ausgerechnet dorthin, wo sich die vier Mädchen befanden.
Sie schienen noch nichts gesehen zu haben, für mich aber wurde es eng, wenn ich was erreichen wollte.
Ich drehte mich um.
Die Lichter waren zu erkennen, ebenso die Boote und die vier Umrisse der Schülerinnen.
Aber noch etwas sah ich. Den Schaum, der sich zwischen den langsam auseinandertreibenden Kähnen gebildet hatte. Also war das Grauen schon da.
Ich ließ die Ruder los, kniete mich hin und zog in dem Augenblick meine Beretta, als das fürchterliche Monstrum aus der Lücke hervorschoß. Sein Maul hatte es weit aufgerissen. Eines der Mädchen schrie gellend auf, weil sich das Monster ihm zuwandte. Dabei drehte es sich so, daß ich in das Maul hineinsehen konnte.
Ich schoß.
Die geweihten Silberkugeln jagten aus dem Lauf, als wollte die eine die andere einholen. Sie jagten in den geöffneten Rachen hinein. Auf mich wirkte es so, als hätte das Monstrum nur darauf gewartet, die tödlichen Silberpillen zu schlucken.
Noch war die Gefahr nicht gebannt. Auch wenn es erledigt war, konnte es durch sein Gewicht das Mädchen im Boot erschlagen. Das passierte nicht, denn hier war eine andere Magie entstanden, wie ich sehr bald sah.
Aus dem Monster wurden Schatten.
Wie schon auf der Straße schaffte es die Kraft meiner Kugeln, das Monstrum zu zerreißen. Dicht über die Wasserfläche huschten die Schatten hinweg und waren dann verschwunden, als hätte es sie nie zuvor gegeben. Mein geweihtes Silber hatte mit dem Spuk aufgeräumt. Bei Erwin war es mir leider nicht gelungen, hier hatte ich das Glück gehabt.
Die vier Mädchen konnten es nicht fassen, daß sie gerettet waren. Sie hockten in ihren Booten, starrten mich an, als ich auf sie zuruderte und neben Angel anlegte.
»Das war's dann wohl«, sagte ich. Sie starrte mich aus gläsern wirkenden Augen an. »Wieso?« hauchte sie.
»Wieso kommen Sie…?«
»Ich bin doch für Sie verantwortlich, Angel«, sagte ich krächzend und dabei verzerrt lächelnd. »Was, so meinen Sie, hätte mir Ihr Vater gesagt, wenn ich es nicht geschafft hätte?«
Sie nickte, aber sprechen konnte sie nicht.
Dafür redete die blonde Marion Killmann. »Wo ist dieses Wesen?« Sie drehte sich im Boot sitzend um. »Wo ist es geblieben? Kann mir das einer sagen?«
»Es hat sich aufgelöst.«
Marion schaute auf mich. »Das… das kann ich nicht verstehen. Das will nicht in meinen Kopf.«
»Machen Sie sich keine Gedanken. Die Gefahr ist vorerst gebannt.«
»War das der Killer?« hauchte die kleine Marietta.
»Möglich«, wich ich aus.
»Nein«, flüsterte Angel, »das war er nicht. Ich… ich glaube einfach nicht daran.«
Ich räusperte mich. »Wäre es nicht besser, wenn wir in der Schule weiterreden.«
»Gut.«
Ich sorgte dafür, daß die Mädchen vor mir ruderten, weil ich sie im Blick haben wollte. Auch die Wasserfläche ließ ich nicht aus den Augen. Auf den Toten in meinem Boot hatte mich glücklicherweise noch niemand angesprochen. Ich wollte den Girls den Anblick auch ersparen, wenn es eben möglich war.
Aus der Rückfahrt wurde ein Wettrudern. Jede wollte die erste am Strand und damit in Sicherheit sein. Die kleinste, Marietta Mandoni, erreichte das Ufer zuerst. Sie hatte sich fast verausgabt. Der Bug des Bootes schoß förmlich aus dem flachen Wasser hervor und rutschte über den feinen Sand.
Ich ließ mich als letzter ans Ufer treiben. Dabei hielt ich Ausschau nach Madame Sousa. Sie
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