Geheimauftrag Phantom
Schule telefonieren. »Jedenfalls werde ich Madame Sousa anrufen und sie bitten, zu uns zu kommen.«
Tenero grinste mich schief an. »Wollen Sie mir sagen, daß Sie diese Person für eine Mörderin halten?«
»Nein.«
Madame Sousa befand sich in ihrem Zimmer. Die Telefonnummer hatte ich von einem Zettel abgelesen. Madame Sousa zeigte sich sehr kooperativ und versprach, zu uns zu kommen.
»Danke sehr.«
Der Leutnant schaukelte die Weißblechdose. »Jedenfalls bin ich davon überzeugt, daß der Ursprung oder das eigentliche Motiv der Morde hier in der Schule zu suchen sind.«
»Wie kommen Sie darauf?«
»Gefühl.«
»Dann empfinden wir ungefähr das gleiche. Auch ich gehe mittlerweile davon aus, daß es so ist. Die Schule ist die Quelle. Hier muß das Böse entstanden sein.«
»Komisch.« Tenero grinste. »Wie kann es entstehen? Können Sie mir das sagen, Kollege?«
»Es kann schon lange hier gelauert haben. Tief in der Erde, denn nicht alles, was sich dort befindet, ist tot und begraben. Hin und wieder kriecht es hervor.«
»Da komme ich nicht mit.«
Ich lächelte. »Es war auch nur der Versuch einer Erklärung.«
»Wie schön. Gibt es noch einen?«
»Mehrere.« Ich winkte ab. »So kommen wir nicht weiter. Dieser Killer führt uns an der Nase herum. Wir haben die Scheibe splittern hören, wir haben die Scherben gesehen, und was war? Nichts war. Jemand hat eine Scheibe eingeworfen, aus welchen Gründen auch immer. Daß er sich dabei ein Toilettenfenster ausgesucht hat, war wohl Zufall.«
»Da wird eine der Schülerinnen durchgedreht haben. Ist auch kein Wunder bei dem Streß. Jede kann die nächste sein. Der Killer kennt kein Erbarmen. Er ist wirklich ein Phantom und nicht zu fassen. Allmählich glaube ich auch, daß wir es mit einem Geist zu tun haben, obwohl ich es mir nicht vorstellen kann.«
Ich runzelte die Stirn. »Es muß eine Verbindung zwischen dem Phantom und dem Castello geben. Davon bin ich einfach überzeugt. Vielleicht kann die Rektorin uns helfen. Sie muß uns alles sagen, was je für das Castello von Wichtigkeit gewesen ist. Dieses Haus hat Geschichte. Möglicherweise sind hier früher Dinge geschehen, die bis in die heutige Zeit hineinspielen. Ich weiß es nicht.«
»Sprechen Sie aus Erfahrung?« erkundigte sich Tenero.
»Ja.«
Tenero nickte, schaute auf die Uhr und meinte: »Allmählich müßte sie aber kommen.«
Ich wußte, daß er Madame Sousa damit meinte. Auch ich war überrascht und verglich die Zeit, die seit meinem Anruf vergangen war. »Sie haben recht, so lang ist der Weg nicht.«
»Ob da etwas passiert ist?«
Ich schnellte aus dem Sessel. »Kommen Sie mit, Leutnant. Ich weiß, wo sich ihr Arbeitszimmer befindet.«
Das Zersplittern der Scheibe hatte nichts gebracht. Es war wohl mehr ein Streich gewesen. Bei Madame Sousa sah es anders aus. Ich spürte irgendwie, daß sich etwas zusammenbraute und zu einer tödlichen Gefahr verdichtete. Und ich sollte mich nicht getäuscht haben. Die Situation änderte sich schlagartig. Das stille Castello verwandelte sich in eine Hölle aus Schreien, Tod und Grauen…
***
Sie stand an der Tür und fühlte sich wie eine Figur, aber nicht wie ein Mensch. Die Erlebnisse der letzten Stunden waren wie weggewischt, das Monster aus dem Lago zählte nicht mehr, jetzt sah sie den echten Killer, das Mordphantom.
Es stand in ihrem Zimmer!
Madame Sousa vergaß die Zeit. Sekundenlang nur hatte sie die Gestalt angestarrt, die sich nicht rührte. In dem Zimmer zeichnete sich der Mörder wie ein Schatten ab, den jemand kurzerhand hineingestellt hatte. Noch hast du Zeit! Noch hast du Zeit! Noch tut er dir nichts! Diese drei Sätze hämmerte sie sich ein und maß dabei die Distanz zwischen sich und dem Mordphantom ab.
Sie hatte den Killer nicht gehört. Wahrscheinlich hatte er es geschafft, sich lautlos zu bewegen, eben wie ein Geist.
Madame zögerte keine Sekunde länger. Mit einer heftigen Bewegung riß sie die Tür so weit auf, daß sie durch den Spalt huschen konnte. Ob das Phantom sie verfolgte oder nicht, das konnte sie nicht mehr sehen, sie wollte es auch nicht wissen.
Im Gang war es düster. In der Nacht brannte nur noch die Notbeleuchtung. Schatten glitten über die Wände, sie hörte ihre Schritte und das Splittern der Fenster.
Urplötzlich flogen die Scheiben auseinander. Wahre Splitterregen wirbelten in den Gang. Madame Sousa schrie auf, denn sie konnte nicht allem Glas ausweichen, obgleich sie sich schon geduckt hatte. An der Decke
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