Geheimbünde: Freimaurer und Illuminaten, Opus Dei und Schwarze Hand (German Edition)
Pharaonen verankert, und die Heilige Familie gehört ebenso zu den Grundprinzipien der altägyptischen Religion wie die Vorstellung der Auferstehung und das Paradies. Zwei wesentliche Dinge aber fehlten der neuen Religion: das allgegenwärtige Prinzip der Fruchtbarkeit und die geheimen Riten und Texte, die das Zentrum der altägyptischen Religion bildeten. Genau diese Lücke füllten die Apokryphen.
Auch wenn es auf den ersten Blick so scheinen mag, können die Apokryphen nicht als Beweis für die Existenz der Blutlinie Jesu herangezogen werden. Aber im Grunde genommen ist das auch gar nicht nötig.
Das Geheimnis des Abbé Saunière
Am 5. Dezember 1911 wird Bérenger Saunière von einem Untersuchungsausschuss des Bischofs von Carcassonne in Abwesenheit zur Schadensersatzleistung für erlittene Einbußen verurteilt. Dem Abbé wird jahrelange Veruntreuung von Messgeldern vorgeworfen. Katholischen Priestern ist es bis heute erlaubt, gegen Gebühr Seelenmessen für Verstorbene zu lesen. Zurzeit kostet eine solche Messe zwischen fünf und zehn Euro, damals etwa einen Franc. In seinemTagebuch notiert Saunière am 15. September 1893 neben der Liste von Messen, für die er bezahlt worden war: «Hier aufgehört.» Zwar nahm er weiterhin Aufträge entgegen, aber führte sie nicht mehr aus. Solange das Ganze in einem kleinen Rahmen blieb, fiel es nicht weiter auf, denn nur selten saßen die Menschen, die für die Messen zahlten, auch in der Kirche und hörten zu. Ab Juli 1896, etwa zeitgleich mit einem Großauftrag, den er für die Ausschmückung seiner Kirche erteilt, beginnt Saunières Messbetrug im großen Stil. Der Abbé inseriert in religiösen Zeitungen und Magazinen. Beim Bistum rechnet er offiziell drei Messen am Tag ab, inoffiziell dürfte die Zahl um mehr als das Zehnfache höher gelegen haben.
Die Sache fliegt auf, als der Abbé beginnt, auch noch Briefe an Priester in ganz Frankreich zu schreiben, in denen er sie bittet, ihm Messen abzugeben. Gleich zweimal untersagt der Bischof Félix Billard ihm im Jahre 1901, solche Bittbriefe zu schreiben – ohne Erfolg. Als sich der Bischof keinen anderen Rat mehr weiß, als den Abbé zu versetzen, legt dieser sein Amt nieder. Seine Messen liest er aber trotzdem weiter, in einer privaten Kapelle in der Villa Béthania. Betrug in großem Stil, und das über mehrere Jahre.
Bei 30 Messen pro Tag, etwa 10 000 pro Jahr, bedeutet das geschätzte Einnahmen von mindestens 100 000 Franc in zehn Jahren. Damit kann Saunière leicht die 27 000 Franc zahlen, die die Renovierung der Kirche, der Bau der Villa Béthania sowie aller anderen Anlagen und die Landkäufe nachweislich kosten.
Als Auslöser des großangelegten Messhandels lässt sich vermutlich der Auftrag festmachen, den der Bildhauer Bernhard Giscard, ansässig in der Rue de la Colonne 25 in Toulouse, am 20. November 1896 erhielt. Für ein Entgelt von 2500 Franc verpflichtete er sich, die Bilder für die Ausschmückung der Dorfkirche herzustellen. Die Darstellungen in der Kirche von Rennes-le-Château, in denen Saunière angeblich geheime Botschaften über die Blutlinie Jesu versteckt haben soll, sind keine Unikate, sondern Massenware. Aus einem umfangreichen Katalog konnte der Abbé auswählen, was am besten zu seiner, der Maria Magdalena geweihten Kirche passte.
Das Messbuch des Abbé Saunière
Der Satz «Terribilis est locus iste» deutet nicht auf ein furchtbares Geheimnis, sondern stammt aus Genesis 28,17 und sollte besser lauten: «Dieser Ort ist ehrfurchtgebietend, es ist das Haus Gottes, das Tor zum Himmel.» Das Bibelzitat ziert viele Gotteshäuser, denn es ist die gängige Weihformel für jede Kirche. Der furchterregende Dämon unter dem Weihwasserbecken und die zugehörige Inschrift erklären sich aus der Darstellung darüber. Sie zeigt vier Engel, die das Kreuzzeichen schlagen, das übliche Ritual beim Eintritt in eine katholische Kirche.
Die Worte «par ce signe tu le vaincras», «in diesem Zeichen wirst du es besiegen», die angeblich auf einen verborgenen Schatz hinweisen, sind somit ganz wörtlich zu nehmen. Im Zeichen des Kreuzes kann man alles besiegen, auch das Böse, verkörpert durch den Dämon unter dem Weihwasserbecken.
Die Einbindung der Landschaft um Rennes-le-Château in die Stationen des Kreuzweges und die Darstellung der Maria Magdalena istdurchaus üblich und keine Besonderheit. Und auch die Darstellung des heiligen Antonius lässt sich als Lokalpatriotismus erklären, denn
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