Geheimbünde: Freimaurer und Illuminaten, Opus Dei und Schwarze Hand (German Edition)
nach Schottland am Ende nur ein Symbol für einen ganz anders gelagerten, weitaus abstrakteren Vorgang, der sich um etwas dreht, das schon vor tausend Jahren weitaus wertvoller ist als Gold: Wissen.
Schon lange vor der Zerschlagung des Ordens existiert der Vorwurf, dass die Templer während der langen Friedensphasen im Heiligen Land einen intensiven Kontakt zur arabischen Seite pflegen. Gut möglich, dass sie damals gewisse Finanztechniken lernen, die es ihnen ermöglichen, in Europa hervorragende Geldgeschäfte abzuwickeln. Ebenfalls unbestritten ist in der Forschung die Begeisterung der Templer für Kunst und Architektur. Als die Kreuzfahrer das Heilige Land beherrschen, entwickeln auch die Templer dort eine immense Bautätigkeit. Sie investieren große Summen in ihre Festungen und ahmen mit dem Bau achteckiger Kirchen in Europa die Architektur des Felsendoms nach. In der französischen Burg Chinon sind heute noch in die Steinmauern gekratzte geometrische Figuren zu sehen – mühsam eingeritzt von den Dutzenden dort ab 1308 eingekerkerten Templern.
Ist es nur ein Zufall, dass Aufstieg und Fall des Tempelritterordens und die Bauaktivität an gotischen Kathedralen so auffallend parallel verlaufen? Der Gedanke liegt nahe: Erst die Templer haben durch Kultur- und Techniktransfer aus dem arabisch-antiken Wissensuniversum sowie durch ihre Finanzkraft die Errichtung der ebenso sündhaft teuren wie bautechnisch anspruchsvollen gotischen Kathedralen möglich gemacht. In diesem Fall hätten die Bauhütten, die Ahnherren der modernen Freimaurerei, ohne Zweifel von den Templern profitiert.
Die Theorie, dass dieses Wissen hoch im Norden, in Schottland, einen neuen Besitzer findet, ist für Marco Frenschkowski nicht ganzvon der Hand zu weisen: «Die wohl kulturgeschichtlich interessanteste, sachlich immerhin nicht ganz unmögliche Legende verbindet fliehende Templer mit Schottland und letztlich mit den Freimaurern», schreibt der Religionswissenschaftler und Geheimbund-Experte. Ein erster Hinweis auf diese Templer-Freimaurer-Verbindung findet sich nur wenige Kilometer von den mutmaßlichen Ankerplätzen der Templerflotte entfernt im Landesinnern von Argyll. Dort liegt inmitten einer lieblichen Hügellandschaft der für seine «Templer-Grabplatten» berühmte Friedhof von Kilmartin. Wenngleich nicht erwiesen ist, dass die teilweise aufwendig verzierten Steine wirklich für verstorbene Tempelritter errichtet wurden, so findet sich immerhin ein handfester Hinweis auf eine mögliche Verbindung zwischen Rittern und den mittelalterlichen Spezialisten für Bauwesen in Kilmartin. Denn einer der Grabsteine ist mit einem Zirkel und einer Messlatte verziert – eindeutig ein Beleg für die Existenz von Bauhütten in Schottland.
Gerne wird als Beweis für ein Bündnis von Templern und Schotten der Eingriff der Mönchskrieger in die Schlacht von Bannockburn 1314 angeführt, der den Hochländern demnach zu einem völlig überraschenden Sieg über die Engländer verhilft. Doch es fehlen Dokumente, die das beweisen. Fakt ist immerhin, dass in Schottland der Templer-Orden anders als im übrigen Europa nach 1307 nie offiziell aufgelöst wird. Das lässt Raum für Spekulationen. Nach der umstrittenen Theorie der Templer-Experten Michael Baigent und Richard Leigh behalten die Templer eine Art «unsichtbare Präsenz». Zwar übernehmen nach und nach auch in Schottland andere Orden die Güter des verbotenen Ritterbundes. Aber Templerbesitz und -vermögen werden noch lange Zeit getrennt verwaltet, und es wird sogar im Namen der Templer Gericht gehalten. Diese seltsame «Präsenz» hält sich bis Ende des 16. Jahrhunderts, also zu einer Zeit, als in den schottischen Logen die ersten Nichtmaurer Mitglied werden und sich die «symbolische Freimaurerei» herausbildet …
Dan Brown und die Kirche der Rätsel
Die Tempelritter errichten damals nur wenige Kilometer von Edinburgh entfernt am Fluss South Esk ihr Hauptquartier. Das Dorf trägt heute den bezeichnenden Namen Temple. Von dort ist es nicht mehr weit bis Rosslyn Chapel, Pilgerstätte von Verschwörungstheoretikern und Esoterikern und Sehnsuchtsort für alle, die überzeugt sind, dass die offizielle Geschichtsschreibung im Namen der Mächtigen eine tiefere Wahrheit unterdrückt. Im Durchschnitt besichtigen 130 000 Besucher jährlich das nur 21 Meter lange und ungefähr halb so breite Kirchlein, dessen Anziehungskraft zu einem Gutteil auf ein paar Sätzen beruht, die der Autor Dan Brown
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