Geheimbünde: Freimaurer und Illuminaten, Opus Dei und Schwarze Hand (German Edition)
Kapital zu schlagen.
Friedrich Ludwig Schröder (1744 – 1816), ein wegweisender Reformator der deutschen Freimaurerei. Während der NS-Zeit macht man die Freimaurerinsignien durch Übermalen unkenntlich (links oben). Vor kurzem wurde das Bild restauriert.
Doch damit nicht genug: 1918 erscheint in Berlin das Buch «Der Prozess gegen die Attentäter von Sarajewo», in dem ein Professor Pharos «nach dem amtlichen Stenogramm der Gerichtsverhandlung» die Verwicklung von französischen Freimaurerkreisen in die Vorbereitung des Attentats nachweist. Das Werk verbreitet die Ansicht, dass die «Schwarze Hand» nichts anderes ist als eine Loge, die im Auftrag der französischen Großloge antihabsburgischen Terrorismus fördert. Laut Darstellung des «Internationalen Freimaurerlexikons» verbirgt sich hinter dem professoralen Pseudonym niemand anders als Pater Anton Puntigam.
Dass die große Freimaurerverschwörung ein reines Phantasieprodukt ist, vertraut der Jesuit einzig und allein seinem Tagebuch an. Und so findet die These von der Verschwörung der «Entente-Freimaurerei» gegen die Monarchien der Mittelmächte nach dem Ende des Ersten Weltkrieges bald auch außerhalb katholischer Kreise begeisterte Aufnahme. Das Sarajevo-Attentat wird in der öffentlichen Wahrnehmung zum Logen-Mord – und zum Schlussstein eines gigantischen verschwörungstheoretischen Kuppelbaus, unter dessen Wölbung das gesamte Spektrum antifreimaurerischer Legenden Platz hat. Schon hundert Jahre zuvor beginnen konservative Publizisten die Demokratie als gottfeindlich und die Judenemanzipation als Ausgeburt der Freimaurerei zu verunglimpfen. Juden werden zu Gründern der Freimaurerei erklärt und die Freimaurer zu Ahnherren des judenfreundlichen Liberalismus. Die rechtsradikale Szene spitzt die Vorwürfe noch weiter zu: Die Freimaurerei habe im Weltkrieg den Feind begünstigt und dem deutschen Soldaten den Dolch in den Rücken gestoßen. Sie sei der Steigbügelhalter der Juden auf dem Weg zur Weltherrschaft. Die Mittel: linke Revolutionen. Das Endziel: «Schaffung einer Weltrepublik».
Puntigam hat viele Nachahmer. Heinrich Himmler, der spätere Reichsführer-SS, verschlingt als 19-Jähriger das Buch «Weltfreimaurerei, Weltrevolution, Weltrepublik». Darin beschreibt der Autor Erich Wichtl, wie die Freimaurerei mittels kommunistischer Revolutionen der jüdischen Weltherrschaft zum Sieg verhelfe. Himmlernotiert damals in sein Tagebuch: «Ein Buch, das über alles aufklärt und uns sagt, gegen wen wir zu kämpfen haben.» Ein massenmörderischer Zirkelschluss entsteht: Wer Jude ist, ist Freimaurer. Wer Freimaurer ist, ist ein Revolutionär. Alle Revolutionäre sind Juden. Darum gehört die Freimaurerei ebenso ausgemerzt wie die Juden ausgerottet.
Diktatoren, Reflexe und ein guter Rat von Helmut Schmidt
In der Forschung stimmt man überein, dass jeder Diktatur und jeder Ideologie oder Religion mit Absolutheitsanspruch die Feindschaft gegen die Freimaurerei mehr oder weniger ins Herz gepflanzt ist. Das ist der Grund für das bis heute nicht spannungslose Verhältnis zwischen Freimaurern und katholischer Kirche (vom Islam ganz zu schweigen), für den nahtlosen Übergang von der Verfolgung der Freimaurerei im «Dritten Reich» zur Verfolgung der Logen in den Staaten des Warschauer Pakts bis 1990. Und auch in Südeuropa führt nach dem Zweiten Weltkrieg der Diktator Franco in Spanien seine Antifreimaurer-Politik ebenso fort wie Portugals Alleinherrscher Salazar.
Heute gibt es auf der Iberischen Halbinsel ebenso selbstverständlich Logen wie in Osteuropa nach dem Zusammenbruch des Kommunismus. Doch nicht einmal in Europa sind die Freimaurer das Image der geheimnisvollen Schattenmacht los. Sogar die alte Behauptung, es gäbe eine Verbindung zwischen den Logen und dem «internationalen Finanzjudentum», existiert weiter in den Köpfen der Menschen. Das zeigen die Entgleisungen des griechischen Metropoliten von Piräus, Seraphim. 2010 macht dieser hohe Geistliche Freimaurer und Juden für die Probleme Griechenlands verantwortlich:«Es findet eine Verschwörung statt, die Griechenland und das orthodoxe Christentum zu versklaven sucht.» Da ist er wieder: der Vorwurf, Freimaurer und Juden würden die christliche Zivilisation vernichten wollen, anscheinend ein unausrottbarer kultureller Reflex. Sogar in Großbritannien, dem Heimatland der Freimaurerei, fürchtet man eine Unterwanderung durch den jahrhundertealten Männerbund, weshalb die britische
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