Geheimbünde: Freimaurer und Illuminaten, Opus Dei und Schwarze Hand (German Edition)
in einer Katastrophe. Die auf dem Kongress zu Grabe getragene «Strikte Observanz» mit ihrer inzwischen als hohl empfundenen Tempelritter-Mystik reißt auch die aus ihr hervorgegangenen Gold- und Rosenkreuzer mit in den Abgrund. 1787 werden deren Logen durch Wöllner und von Bischoffwerder aufgefordert, ihre Arbeit einzustellen.
Religions- und Zensuredikt entspringen anscheinend ohnehin eher einem privaten Feldzug des Rosenkreuzers Wöllner gegen die Kräfte der Aufklärung. Einen geheimen Operationsplan der Gold- und Rosenkreuzer hat es nicht gegeben. Zudem bezweifelt die neuere Forschung, dass die Gold- und Rosenkreuzer grundsätzlich gegen die Aufklärung sind – ebenso wie die Freimaurer nicht per se alle Aspekte der Aufklärung begrüßen.
Tatsache ist: Die «Geheime Kirche» der Gold- und Rosenkreuzer existiert zur Zeit der Edikte bereits nicht mehr. Nur ihr Geist spukt in der Politik Preußens noch herum. 1794 wird Wöllners Religionsedikt aber wieder aufgehoben, sein politischer Niedergang ist zu dem Zeitpunkt bereits im vollen Gange. Als Friedrich Wilhelm II. am 16. November 1797 stirbt, endet Wöllners Karriere definitiv. Er wird von Friedrich Wilhelm III. ohne Gewährung einer Pension entlassen. Von Bischoffwerders Ruf wird mit dem für Preußen peinlichen Ausgang des Feldzugs 1792 gegen das jakobinische Frankreich reichlich lädiert: In der Kanonade von Valmy triumphieren die Revolutionstruppen erstmals über ein Feudalheer. Es besteht aus Preußen und Österreichern. «Von hier und heute geht eine neue Epoche der Weltgeschichte aus, und ihr könnt sagen, ihr seid dabei gewesen»,behauptet Goethe, zu Soldaten auf dem Rückzug aus Frankreich gesagt zu haben.
Die Gold- und Rosenkreuzer sind zu diesem Zeitpunkt bereits das, was das alte Preußen bald sein wird: Geschichte. Das belegt ein Fund, den Archäologen 2005 bei Grabungen in den Überresten des im Zweiten Weltkrieg zerbombten Königsberger Schlosses finden: Es ist eine Schatulle mit zehn Amuletten und einem Ring. Alles ist verziert mit rätselhaften Buchstaben, Zeichen und Figuren, wie etwa einem Hexagramm oder einer vogelköpfigen Venus. Der Volkskundler Dieter Harmening dechiffriert eines der Amulette als ein «astrologisch-magisches Aphrodisiakum» und ist überzeugt, sowohl die Macher als auch den Empfänger identifiziert zu haben: Die Gold- und Rosenkreuzer ließen sie für ihr Logenmitglied Friedrich Wilhelm II. anfertigen. In den letzten Jahren seiner Regentschaft scheint dieser die Wirkungslosigkeit der Amulette erkannt und sie abgelegt zu haben – wie auch wohl den Glauben an die magische Macht der Rosenkreuzer.
Die Rose im Kreuz: zentrales Symbol der Anhänger des Christian Rosencreutz (Titelvignette aus: «Geheime Figuren der Rosenkreuzer aus dem 16ten und 17ten Jahrhundert», 1785)
Wieder einmal senkt sich das Dunkel der Geschichte über diese okkulte Bewegung herab, für viele Jahrzehnte. Als die Logen der Gold- und Rosenkreuzer um die Wende zum 19. Jahrhundert aufhören zu existieren, sorgt allein die Phantasie von Dichtern und Denkern in ganz Europa dafür, dass die Erinnerung an den christlichen Mysterienorden nicht verlorengeht. «Es steht das Kreuz mit Rosen dicht umschlungen. Wer hat dem Kreuze Rosen zugesellt?», heißt es etwa in Goethes Gedichtfragment «Die Geheimnisse». Es erinnert an die «Chymische Hochzeit» und ist nicht die einzige Verbeugung vor den Rosenkreuzern, die sich in Goethes Werk findet. Eine weitere Reminiszenz an den«Jesusorden» findet sich auch bei den Freimaurern. Der «Ritter vom Rosenkreuz» bildet den 18. Grad im freimaurerischen Hochgradsystem des «Angenommenen und Alten Schottischen Ritus». Darin geht es laut «Internationalem Freimaurerlexikon» um die «Suche nach dem ‹Verlorenen Wort›, das mit Hilfe der drei Flammen (Säulen), Glaube, Liebe, Hoffnung, wiedergefunden wird».
Literatur und freimaurerische Schwärmerei: Aus diesen beiden Samen keimen Ende des 19. Jahrhunderts neue rosenkreuzerische Bewegungen, schillernder und populärer als alle zuvor. Aber zwischen ihren Lehren und dem christlichen Utopia, das Johann Valentin Andreae zeit seines Lebens zu verwirklichen sucht, liegen Welten.
«Der Tod existiert nicht, er ist nur eine Illusion.»
Es ist ein Bild des Grauens, das sich den Feuerwehrmännern am 4. Oktober 1994 bietet, als sie die Trümmer eines Hofes untersuchen, der im Schweizer Kanton Freiburg in der Nacht zuvor niedergebrannt ist. In einem verspiegelten
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