Geheimcode F
Neid lassen... »Ach was, ich geb’s ja zu, alles Blödsinn. Zum Glück gibt’s ja jetzt auch Eisenbahnfahrkarten für Hunde.« Tobias schüttelte den Kopf. Da werde einer klug aus den Frauen! Aber Françoise dachte gar nicht daran, noch weitere Geheimnisse auszuplaudern.
»Jetzt muß ich auch noch nachts raus, um den Idioten zu suchen!« maulte Rica, die mit Alain, ihren Eltern und einer sperrigen Tragbahre durch die nassen Hügel marschierte, um Tobias zu retten. Alain war kurz nach Mitternacht im Landhaus Duffy eingetroffen. Kurz entschlossen hatte er die Feuerglocke geläutet, die ihren Zweck nicht verfehlte: Binnen weniger Sekunden waren alle hellwach. Das hieß aber nicht, daß sich mit dem Wachsein gleich die gute Laune einstellte. Einen so mißmutigen , übelgelaunten Haufen Langschläfer hatte Alain überhaupt noch nicht erlebt!
»Hör zu, jetzt reiß dich ein bißchen zusammen, du sprichst schließlich von deinem Bruder«, mahnte Dora, deren Kreislauf durch die ungewohnte Bergsteigerei mitten in der Nacht langsam wieder in Schwung kam. Vielleicht war Tobias schwer verletzt.
»Ah! Ich hasse das!« Rica steckte mit ihren Citypumps tief im Morast. Ein paar unvorsichtige Schritte und... »Au!« Der Schrei klang nach Schmerz. Rica war umgeknickt und dann postwendend im reichlich vorhandenen Dreck gelandet.
»Tut’s weh?« fragten Dora und Alain im Chor. Rica verzog das Gesicht. Sie versuchte aufzutreten. »Au!« Das war’s dann wohl. Verfluchte Nacht-und-Nebel-Aktion für den verlaufenen kleinen Bruder!
»Sie ist schon als Kind immer umgeknickt«, erklärte Vater den historischen Hintergrund.
»Weißt du auch, warum?« Dora wollte ein für allemal Klarheit schaffen. »Weil dir die guten Schuhe immer zu teuer waren!«
»Ach was, Unsinn! Das liegt ja wohl eher in deiner Familie, genetisch. Mein Vater ist noch nie umgeknickt«. »Ja, ja, bei dir hat sich was ganz anderes vererbt!« Jetzt standen die bei Nacht und Regen mitten im Wald herum, und stritten sich! Das war doch wirklich nicht normal! Rica beschloß wieder einmal, nie zu heiraten. Wenn das dabei herauskam! Gegen ein bißchen männliche Unterstützung hatte sie andererseits aber gar nichts einzuwenden.
»Darf ich mich auf dich stützen?« fragte sie Alain, der ihr bereitwillig seinen Arm bot. »Ihr kommt doch mit der Trage zurecht«, meinte sie hilfreich zu Vater und Dora, die für einen Augenblick wie begossene Pudel im Regen standen. »Aber ja, natürlich«, maulte jetzt Dora. »Davon habe ich immer schon geträumt. Nachts im Wald mit Papa eine Trage schleppen... na, kommt schon!«
Gerard und Opa Ruhland hatten eine lange Wanderung hinter sich. Seit sich der Regen gelegt hatte, war es ein Genuß, durch Wald und Feld zu streifen, den Geruch von frisch gewaschener Erde in der Nase und in der Erwartung eines zweifellos sensationellen Sonnenaufganges. Doch noch war es nicht soweit. Der Lichtschein, der die Szenerie erhellte, hatte mit dem Lauf der Gestirne wenig zu tun. Durchs Gebüsch flackerte es plötzlich tausendfach, und ein seltsamer Gesang wogte mit den zitternden Lichtern hin und her. Gebannt blieben die beiden stehen und beobachteten das fremdartige Schauspiel aus sicherer Entfernung.
»Was ist das?« Opa konnte sich nicht erinnern, jemals etwas Ähnliches gesehen zu haben. »Was am Tage nicht scheint, leuchtet nachts... Montaigne, oder?« Gerard hatte also auch keine Ahnung. »Ein UFO-Landeplatz?« — »Die Alte da unten sieht aber sehr menschlich aus«, meinte Gerard, der eine seltsame Gestalt in einer Art Priestergewand entdeckt hatte. »Sie erinnert mich an irgend jemanden...«
»Warum müssen Außerirdische anders aussehen als Menschen? Ich war noch nicht auf dem Mars, Sie vielleicht?« gab Opa zu bedenken. »Gehen wir rüber!« Probieren geht über Studieren, und das ist von mir, dachte Opa und marschierte schnurstracks auf die gespenstische Szenerie los.
»Guten Abend, Frau Gräfin.« Gerard staunte nicht schlecht. »Was machen Sie denn hier?«
Die Hohepriesterin hatte sich als Madame Anastasia entpuppt.
»Guten Abend, Madame, wir kennen uns ja«, grüßte jetzt auch Opa. Anastasia stand inmitten einer wahren Kerzen- und Fackellichterparade und rührte mit einem riesigen Kochlöffel in einem alten Kupferkessel. Es brodelte, und aromatisch duftender Dampf stieg auf. »Was wird das, wenn’s fertig ist?« Opa steckte seine Nase neugierig in den Topf, es hätte ja etwas Nahrhaftes drin sein können...
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