Geheimcode F
neugewonnene Freiheit gingen sie ihm aus dem Weg. So verriet er auch in seinem Telefonat mit seinem Auftraggeber nur die halbe Wahrheit: »Ja, hier spricht der General... richtig... Ich wollte nur melden, daß die zwei Windhunde hier sind. Sie werden von einer alten Frau betreut. Nein, wenn sie allein ist, dürfte es kein Problem sein... nein... ja, ich kümmere mich darum, geht in Ordnung...« Er hängte ein. Gar nichts ging in Ordnung. Denn abgesehen davon, daß die Tiere, störrisch, wie sie waren, gar nicht in seine Nähe kamen, rannten bei der Alten dauernd irgendwelche Freunde und Bekannte herum, die es einfach unmöglich machten, sich näher heranzupirschen. Aber seine Stunde würde schon noch schlagen. Und für die Hunde hatte ihm der Boß eine stattliche Summe geboten, die er sich nicht entgehen lassen würde. Und er hatte Zeit, viel Zeit. Bei diesem Gedanken wurde ihm wieder ganz wohl in seiner Flaut. Er hatte nicht gelogen, vorhin. Nötigenfalls holte er die Tiere mit ein bißchen Gewalt. Oder mit einer Kriegslist. Das war doch sein Beruf! Nur keine unvorsichtige Eile, dachte er. Dabei streichelte er den Hals seines Betäubungsgewehres, als wäre es ein lebendiges Wesen, und überlegte, was er mit dem vielen Geld, das ihm für die beiden Tiere geboten wurde, alles anfangen könnte.
Im Hof des Landhauses Duffy waren aufgeregte Stimmen zu hören. Es hatte sich eine kleine Gruppe gebildet, die wild durcheinanderquatschte . Das Thema war natürlich Ricas plötzliches Verschwinden. Besorgte Gesichter bei allen. Schlechtes Gewissen bei einigen. Und jede Menge Theorien, wo, warum und weshalb Rica abgehauen war. Fabiola, die sich heute zum ersten Mal wieder etwas besser fühlte, hatte das Haus verlassen und steuerte jetzt auf die Diskussionsrunde zu. Dem Ton nach zu schließen, ging es um etwas Wichtiges.
»Guten Morgen allerseits, was ist los? Kann ich helfen?« fragte sie. »Sollten Sie nicht noch im Bett bleiben?« fragte Madame Duffy streng. Sie schätzte es gar nicht, wenn jemand die ärztlichen Richtlinien mißachtete . Fabiola lächelte dankbar für so viel Mitgefühl. »Es geht mir gut, wirklich. Der Arzt hätte nichts dagegen. Ich habe mir zur Abwechslung einmal ein bißchen Frischluft verordnet!« antwortete Fabiola und atmete demonstrativ durch. »Ah, das tut gut!«
Nun wollte sie aber doch den Grund für die allgemeine Ratlosigkeit und Nervosität erfahren.
»Meine Tochter ist weg!« erklärte Dora verzweifelt. »Ach was«, meinte Opa, der die Sache aus einem ganz anderen Blickwinkel sah. »Die Sau ist abgehauen, und das Mädchen rennt einfach hinterher, weil sie ein prima Kerl ist, der niemanden im Stich läßt!« — »Mit Rucksack und ihrem ganzen Gepäck, damit sie noch schneller rennen kann, nicht wahr?« ätzte Dora, die wirklich besorgt war. »Dabei war sie gestern doch so glücklich!«
»Das stimmt nicht ganz«, überlegte Fabiola. »Sie kam heute nacht zu mir, weinte, hat mir ihren ganzen Liebeskummer erzählt. Ich habe versucht, sie zu trösten, so gut ich konnte, aber... wie man sieht, ohne Erfolg!« — »Was?« Dora war außer sich, daß sie davon nichts mitgekriegt hatte. Ihre Tochter in schrecklichen Liebesnöten, und sie wußte wieder mal gar nichts. Das war ja typisch!
»Ja, das ist ein schwieriges Alter...« gab Opa seinen Senf dazu.
»Worauf warten wir denn noch? Laßt uns keine Zeit verlieren, wir müssen sie suchen! Ich suche in den Höhlen. Wer kommt mit?« Der Notfall hatte Fabiolas alte Lebensgeister wieder geweckt.
»Ich komme mit!« meldete sich etwas kleinlaut Alain, der sich bisher im Hintergrund gehalten hatte.
»Ich weiß, wo wir suchen! Dora, kommst du?« Mylene kannte sich in der Gegend aus. Ihr Ziel war klar. Frauensache. Sie war schon als Kind immer dorthin geflüchtet. Dora eilte an ihre Seite.
»Opa und ich fangen beim Bahnhof an«, entschied Vater Ruhland, »wenn sie weg wollte, dann hat sie den Zug genommen.«
Tobias, der während der ganzen Diskussion sehr ruhig gewesen war, seilte sich in aller Ruhe vom Rest der Truppe ab. Er wollte auf eigene Faust sein Glück versuchen. Zu viele Jäger zerstören jede Spur, fand er. Und seine Schwester — mochte er sie in manchen Zeiten auch furchtbar hassen und zum Kuckuck wünschen — , seine Schwester zu finden war ja wohl seine sehr persönliche Angelegenheit!
Françoise schnappte Carmen, die sich auch irgendwie mitschuldig fühlte, am Ärmel und zog sie mit sich in den Stall. »Und wir zwei suchen sie vom
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