Geheimcode F
leise, die Paare tanzten noch immer. Rica saß entgegen ihrer ursprünglichen Absicht auf der »Reservebank«. Sie wollte lieber doch nicht mit jemand anderem tanzen, wartete lieber auf Alain. Er war schließlich schon über eine Stunde fort. Opa setzte sich zu Rica auf die Bank. »Hallo, Kind, geht es dir gut?« Rica nickte.
»Ja, Opa!«
»Wir wären jetzt soweit...«
»Was wäre soweit?« Rica verstand nicht ganz.
»Na, du weißt doch, was du mir versprochen hast?« Opa ließ nicht locker. Marie-Antoinette brauchte die passende Tischmusik zu ihrem Nachtmahl und anschließend ein Schlummerlied für süße Schweine-Träume. Rica seufzte, erhob sich in ihrer Robe und fand sich selbst höchst komisch bei der Vorstellung, in diesem königlichen Aufzug für ein Schwein Flöte zu spielen... »Dann laß uns mal die Schweinenummer hinter uns bringen«, meinte sie und zog Opa mit sich in Richtung Stall.
Die Tränen waren echt, kamen von ganz unten, tief drinnen, direkt aus dem Herzen. Verdammt, tat das weh. Rica heulte zum Steinerweichen. Ohne Zeugen, nur für sich allein, hingestreckt auf ihr Bett, in die Dunkelheit des plötzlich so fremden, feindlichen Zimmers hinein. Nein, diese Wunde würde nicht so schnell heilen. Es war ja so gemein. Hintergangen, betrogen, angelogen... dieser verdammte Typ. Dabei hatte alles so harmlos angefangen. Und sie hatte sich sogar noch nichts dabei gedacht, als Alain mit Carmen auf dem Motorrad zurückkam. Er hatte dem Mädchen von der Maschine geholfen und ihr dann seinen Arm um die Schulter gelegt. Das konnte ja auch eine freundschaftliche Geste sein. Ricas Neugierde war der eigentliche Grund für ihren Schmerz: Denn wäre sie den beiden nicht heimlich nachgeschlichen,... Warum mußte sie nur durchs Schlüsselloch sehen. Es gab schon einen guten Grund, warum man das nicht machen sollte! »So ein Schuft...« flüsterte sie, und die Tränen flössen nur noch heftiger. Er hatte diese fürchterliche Person umarmt und leidenschaftlich geküßt , so, als hätte er sie schrecklich vermißt in den letzten Tagen. So, als hätte es niemals eine Rica für ihn gegeben. Es hatte sie aber doch gegeben, oder? Zumindest in einigen Momenten, und vorhin, auf dem Dachboden, da hatte sie geglaubt... »Ewige Romantikerin!« schimpfte sie vor sich hin. Nein, diese Schmach würde sie nicht hinnehmen. Die Flucht nach vorne war angesagt. Und zwar dorthin, wo sie immer schon hinwollte. Keine Minute länger hielt sie es hier aus! Lügner, verdammter, aber... sie hatte ihn doch so lieb... Ihr Schluchzen drang bis ins Nebenzimmer, zu Fabiola, die mitten in den schönsten Träumen davon geweckt wurde und lauschte. Sie klopfte an Ricas Tire. »Laßt mich in Ruhe!« kam es heulend. Fabiola öffnete die Tire: »Ich habe dich weinen gehört. Kann ich dir helfen?« Rica schüttelte den Kopf. Niemand konnte ihr helfen. Niemand... »Aber Rica! An deinem Geburtstag! Warum weinst du?«
»Alain ist ein solcher Schurke!« stieß sie hervor. Fabiola nickte. »Ich dachte mir schon so etwas. Komm, laß uns darüber reden!«
»Wenn ich mir vorstelle, wie interessiert er an mir war. Und hat heimlich eine andere. Holt sie vom Bahnhof ab...«
»Das ist Carmen. Françoise hat mir davon erzählt. Die sind schon lange ein Paar«, erklärte Fabiola tröstend. »Carmen! Ach, ich hasse sie!« Rica warf sich erneut aufs Bett. Sie konnte sich nicht recht entscheiden, ob sie aus Schmerz oder Wut weinen sollte. »Und was mache ich jetzt?«
»Gar nichts. Ich werde dich ein bißchen schönmachen, komm!« Rica ließ widerstandslos alles mit sich geschehen. Fabiola frisierte ihr das Haar und legte ein wenig Make-up auf. »Und die Kleidung solltest du auch dem Anlaß entsprechend wechseln!« riet sie ihr. Verführerisch statt verheiratet. Rica schlüpfte in ihr neues, weißgetupftes Kleidchen von Mama. Es stand ihr großartig. So zurechtgemacht traute sie sich auch wieder unter die Leute. Die Geburtstagsgesellschaft war noch vollzählig versammelt und gab sich dem Tanz hin. Alain schwebte mit Carmen über das Parkett. Rica fühlte sich in bester Kampfeslaune. Der würde sie es zeigen. Auf in den Kampf! Rica nahm zur Stärkung noch einen Schluck Champagner und warf das Glas, wie sie es im Film gesehen hatte, mit einem Schwung hinter sich. Es zerbrach klirrend an der Hausmauer und verschaffte ihr gleich einmal den richtigen dramatischen Auftritt. Die Musik wechselte auf ein spanisches Lied, das ganz ausgezeichnet zu ihrer aggressiven Stimmung
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