Geheimcode Makaze
Entsetzt schrie er auf, als zwei Polizisten ihn aus dem Bett zerrten und ihm Handschellen anlegten.
»Was ist passiert? Wer hat das getan?«, sagte er benommen.
Schockiert sah er zu, wie ein Polizist die Decke wegzog, die über die untere Körperhälfte der Toten gebreitet war, und den scheußlich zugerichteten Leib bloßlegte. Und noch fassungsloser war er, als er feststellte, dass es sich nicht um die schöne Frau handelte, der er am Vorabend begegnet war, sondern um ein junges Mädchen, das er nicht kannte.
Catana sank förmlich in sich zusammen, als er inmitten eines Blitzlichtgewitters aus dem Zimmer geschleppt wurde. Als sich mittags die Nachricht von der brutalen Vergewaltigung und Ermordung eines dreizehnjährigen koreanischen Mädchens durch einen Angehörigen der amerikanischen Streitkräfte verbreitete, herrschte im ganzen Land Entsetzen. Bis zum Abend war daraus helle Empörung geworden. Und als das Mädchen zwei Tage später bestattet wurde, hatte sich dieser Mordfall zu einer schweren Belastung für die koreanisch-amerikanischen Beziehungen entwickelt.
12
Gleißend spiegelte sich die Mittagssonne auf dem saphirblauen Wasser der Bohol-See, sodass Raul Biazon die Augen zusammenkneifen musste, als er zu dem großen Forschungsschiff blickte, das ein gutes Stück vor ihm vor Anker lag. Einen Moment lang meinte der in den Diensten der philippinischen Regierung stehende Biologe, seine Augen spielten ihm einen Streich. Kein anständiges Forschungsschiff konnte mit einer derart leuchtenden Farbe gestrichen sein. Doch als die kleine, verwitterte Barkasse, in der er saß, näher kam, sah er, dass er keiner optischen Täuschung aufgesessen war. Das Schiff war vom Bug bis zum Heck leuchtend türkis gestrichen, sodass es aussah wie ein Unterwasserwesen. Den Amerikanern fällt doch immer etwas Ungewöhnliches ein, das muss man ihnen lassen, dachte er.
Der Bootsführer lotste die hölzerne Barkasse neben die Jakobsleiter, die über die Bordwand hing. Biazon wechselte ein paar Worte mit ihm in Tagalog, drehte sich dann um, kletterte die Leiter hoch und sprang an Deck, wo er beinahe mit einem großen, kräftigen Mann zusammengestoßen wäre, der an der Reling stand. Der Mann mit den schütteren blonden Haaren und der strammen Statur hatte etwas Wikingerhaftes an sich, auch wenn er eine makellose weiße Tropenuniform mit Kapitänslitzen trug.
»Dr. Biazon? Willkommen an Bord der
Mariana Explorer
. Ich bin Captain Bill Stenseth«, sagte er lächelnd und mit einem aufmunternden Blick seiner grauen Augen.
»Danke, dass Sie mich so kurzfristig empfangen, Captain«, erwiderte Biazon, der sich allmählich wieder fasste. »Als mir ein Fischer mitteilte, dass ein Forschungsschiff der NUMA in der Gegend gesichtet worden sei, dachte ich, Sie könnten mir vielleicht etwas Unterstützung gewähren.«
»Gehen wir doch auf die Brücke, dort ist es nicht so heiß«, schlug Stenseth vor. »Dann können Sie uns Näheres über die Umweltschäden berichten, die Sie über Funk erwähnt haben.«
»Hoffentlich störe ich Sie nicht bei Ihrer Forschungsarbeit«, sagte Biazon, als die beiden Männer eine Treppe hinaufstiegen.
»Ganz und gar nicht. Wir haben gerade eine seismische Kartographierung vor Mindanao abgeschlossen und gönnen uns eine kurze Pause, um ein paar Geräte zu erproben, bevor wir Manila anlaufen. Außerdem«, sagte Stenseth mit einem Grinsen, »halte ich an, wenn mein Boss ›anhalten‹ sagt.«
»Ihr Boss?«, fragte Biazon mit verdutztem Blick.
»Ja«, erwiderte Stenseth, als sie auf die Brückennock kamen, und zog eine Seitentür auf. »Er begleitet uns auf dieser Fahrt.«
Biazon trat durch die Tür auf die Brücke und schauderte unwillkürlich, als ein Schwall kühler Luft seinen verschwitzten Körper traf. Er bemerkte einen großen, vornehm wirkenden Mann in Shorts und Polohemd, der im hinteren Teil der Brücke über einen Kartentisch gebeugt war.
»Dr. Biazon, darf ich Ihnen Dirk Pitt vorstellen, den Direktor der NUMA«, sagte Stenseth. »Dirk, das ist Dr. Raul Biazon, Spezialist für Giftmüll bei der philippinischen Umweltschutzbehörde.«
Biazon konnte es zunächst kaum fassen, dass der Leiter einer derart großen Regierungsbehörde auf See war, statt in Washington an seinem Schreibtisch zu sitzen. Doch nachdem er Pitt kurz gemustert hatte, wusste er, dass er es nicht mit einem Verwaltungsmenschen zu tun hatte. Der Chef der NUMA war gut einen Kopf größer als er, braun gebrannt, schlank und muskulös
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