Geheimcode Makaze
verdanken, dass die Pocken 1977 offiziell für ausgerottet erklärt werden konnten. Bis auf ein paar wenige Proben bei den U. S. Centers for Disease Control und einer unbekannten Anzahl an Erregern, die in der ehemaligen Sowjetunion für den militärischen Einsatz gezüchtet worden waren, hat man sämtliche Virenstämme vernichtet. Die Pocken waren eine nahezu in Vergessenheit geratene Krankheit, bis im Zusammenhang mit den Terroranschlägen zu Beginn des 21. Jahrhunderts erneut die Angst vor einer tödlichen Epidemie aufkam.
Die Verheerungen, die die Pocken im Lauf der Geschichte angerichtet hatten, interessierten Irv Fowler im Moment herzlich wenig. Nachdem er seine ganze Kraft aufgeboten hatte und zur Notaufnahme des Alaska Regional Hospital gefahren war, hoffte er nur noch auf ein ruhiges Zimmer und eine attraktive Schwester, die ihm dabei half, die Killergrippe zu überstehen, die ihn schier umhaute. Selbst als ein ernst dreinblickender Mediziner nach dem anderen vor seinem Bett aufmarschierte, ihn untersuchte und dann darauf bestand, dass er unter Quarantäne gestellt werden musste, war er noch viel zu schwach, um sich Sorgen zu machen. Erst als ihm zwei vermummte Ärzte mitteilten, dass man bei ihm eine Pockenerkrankung diagnostiziert habe, überschlugen sich seine Gedanken. Zweierlei ging ihm durch den Sinn, bevor er wieder ins Delirium verfiel: Konnte er die Krankheit trotz einer Sterblichkeitsrate von dreißig Prozent überstehen? Und wen hatte er sonst noch angesteckt?
16
»Dirk, ich habe eine schreckliche Nachricht erhalten.« Sarahs Angst war regelrecht zu spüren, selbst am Telefon.
»Was ist los?«
»Es geht um Irv. Er liegt in Anchorage im Krankenhaus. Die Ärzte sagen, er ist an Pocken erkrankt. Ich kann es einfach nicht fassen.«
»Pocken? Ich dachte, die wären ausgemerzt.«
»Praktisch ja. Wenn die Diagnose der Ärzte zutrifft, wäre das der erste Fall, der seit dreißig Jahren in den USA aufgetreten ist. Die Gesundheitsbehörden wahren Stillschweigen, aber die CDC schafft bereits Impfstoffe nach Alaska, falls eine Epidemie ausbrechen sollte.«
»Wie steht es um ihn?«
»Sein Zustand ist kritisch«, erwiderte Sarah, die kaum ein Wort herausbrachte. »In den nächsten zwei Tagen wird sich entscheiden, ob er es übersteht. Er liegt im Alaska Regional Hospital unter Quarantäne, ebenso wie drei andere Leute, mit denen er Kontakt hatte.«
»Das tut mir Leid«, erwiderte Dirk betroffen. »Irv ist ein zäher alter Knabe. Ich bin mir sicher, dass er die Sache übersteht. Haben Sie irgendeine Ahnung, wie er sich die Pocken zugezogen haben könnte.«
»Na ja«, erwiderte Sarah schluckend, »die Inkubationszeit beträgt vierzehn Tage. Das hieße, dass er sich etwa zu der Zeit angesteckt haben müsste, als wir auf Yunaska waren … und an Bord der
Deep Endeavor
.«
»Könnte er sich auf dem Schiff angesteckt haben?«, fragte Dirk.
»Ich weiß es nicht. Entweder auf dem Schiff oder auf der Insel, aber darauf kommt es jetzt nicht an. Das Pockenvirus ist hochgradig ansteckend. Wir müssen so schnell wie möglich alle Leute untersuchen, die an Bord der
Deep Endeavor
waren, und diejenigen isolieren, die infiziert sind. Die Zeit drängt.«
»Was ist mit Ihnen und Sandy? Sie haben doch mit Irv gearbeitet, mit ihm zusammengelebt. Fehlt Ihnen nichts?«
»Da wir in Diensten der CDC stehen, wurden Sandy und ich vor zwei Jahren geimpft, als erste Befürchtungen aufkamen, Terroristen könnten biologische Kampfstoffe in ihren Besitz bringen und einen Anschlag mit Pockenerregern verüben. Irv wurde uns von der staatlichen Seuchenschutzbehörde von Alaska zugeteilt. Er war noch nicht geimpft.«
»Kann die Besatzung der
Deep Endeavor
noch geimpft werden?«
»Das würde leider nichts mehr nützen. Eine Impfung ist nur bis ein, zwei Tage nach der Ansteckung sinnvoll, danach nicht mehr. Es ist eine schreckliche Krankheit. Wenn sie ausbricht, kann man nichts mehr dagegen tun, bis sie sich ausgetobt hat.«
»Ich setze mich sofort mit Captain Burch in Verbindung und sorge dafür, dass alle Besatzungsmitglieder so schnell wie möglich untersucht werden.«
»Ich komme heute Abend aus Spokane zurück. Wenn Sie die Besatzung zusammentrommeln, kann ich dem Schiffsarzt morgen früh bei der Untersuchung helfen.«
»Wird gemacht. Sarah, Sie könnten mir noch einen Gefallen tun. Ist es Ihnen recht, wenn ich Sie morgen früh abhole?«
»Klar, sehr recht sogar. Und noch was, Dirk … ich hoffe inständig, dass Sie nicht
Weitere Kostenlose Bücher