Geheimcode Makaze
seit ihrer Kindheit. Sie hatte am Scripps Institute ihren Magister in Ozeanographie erworben und war wie ihr Bruder zur NUMA gegangen, nachdem sie ihren bis dato unbekannten und seinerseits ahnungslosen Vater kennen gelernt hatten, der mittlerweile die Meeresforschungsbehörde leitete. Ebenso eigensinnig und einfallsreich wie ihr Bruder, hatte sie sich mit ihrem Wissen und ihrer zupackenden Art bei Besatzungsmitgliedern und Forscherkollegen rasch Achtung verschafft, und außerdem verdrehte sie mit ihrem Aussehen ohnehin allen den Kopf.
Summer führte Dirk an einer Reihe geparkter Autos vorbei und blieb dann vor einem kleinen, orangefarbenen Suzuki stehen.
»O nein, nicht noch eine Quetschkiste«, rief Dirk, als er das winzige Fahrzeug sah.
»Von der Hafenmeisterei ausgeliehen. Du wirst dich wundern.«
Nachdem er sein Gepäck vorsichtig in den Minikofferraum gezwängt hatte, öffnete Dirk die Tür auf der linken Seite und bereitete sich auf allerlei Verrenkungen vor, damit er auf den Beifahrersitz passte. Zu seinem Erstaunen war der rechts gesteuerte Wagen innen ziemlich geräumig, zumal die Sitze so tief lagen, dass sogar groß gewachsene Menschen noch genügend Platz hatten. Summer sprang auf den Fahrersitz, verließ den Parkplatz und fädelte sich auf den Hanshin Expressway ein. Während der zwölf Kilometer langen Fahrt nach Norden, die zunächst in Richtung Innenstadt und dann zum Hafen von Osaka führte, nahm sie den Suzuki hart ran, trat tüchtig aufs Gas und wechselte fortwährend die Spur. Schließlich bog sie von der Schnellstraße auf das Hafengelände des South Port Intermodal Terminal von Osaka ab, wo sie einen Seitenkai ansteuerte und vor der
Sea Rover
hielt.
Das Forschungsschiff der NUMA war etwas neuer und größer als die
Deep Endeavor
, trug aber den gleichen türkisfarbenen Anstrich. Dirks Blick blieb am Achterdeck hängen, wo ein leuchtend orangefarbenes Tauchboot namens
Starfish
im Schein der untergehenden Sonne funkelte.
»Willkommen an Bord, Dirk«, ertönte die tiefe Stimme von Robert Morgan, dem Kapitän der
Sea Rover
. Morgan, ein Seebär mit Vollbart, sah aus wie ein muskelbepackter Doppelgänger von Burl Ives. Der leutselige Kapitän war ein erfahrener Seemann, der schon fast jeden Schiffstyp kommandiert hatte, vom Mississippi-Schlepper bis zum saudischen Öltanker. Das üppige Ruhestandsgeld, das er sich als Handelsschiffskapitän verdient hatte, hatte Morgan auf die hohe Kante gelegt und war zur NUMA gegangen, aus purer Lust am Abenteuer und weil man ihm dort die Gelegenheit bot, einzigartige Flecken dieser Erde anzulaufen. Der von seiner Besatzung regelrecht verehrte Skipper der
Sea Rover
war ein hervorragender Organisator, hatte hohe Führungsqualitäten und ein feines Gespür für entscheidende Kleinigkeiten.
Nachdem Dirk sein Gepäck verstaut hatte, begaben sich alle drei in einen Konferenzraum an Steuerbord, dessen Bullaugen einen herrlichen Blick auf den Hafen von Osaka boten. Kurz darauf stieß Tim Ryan zu ihnen, der Erste Offizier, ein schlaksiger Mann mit eisblauen Augen. Dirk organisierte sich eine Tasse Kaffee, um nach dem langen Flug wieder halbwegs wach zu werden, während Morgan zur Sache kam.
»Erzählen Sie uns etwas über diese Such- und Bergungsaktion. Gunn war am Satellitentelefon etwas zugeknöpft, was die Einzelheiten anging.«
Dirk berichtete von dem Vorfall auf Yunaska und der Bergung der Bombe von der
I-403
und rekapitulierte dann, was sie über den Auftrag des Bootes in Erfahrung gebracht hatten.
»Als Hiram Yeager die im Nationalarchiv gelagerten japanischen Marineakten durchforstete, entdeckte er, dass ein zweites U-Boot, die
I-411
, einen nahezu gleichlautenden Einsatzbefehl erhalten hat. Es hatte den gleichen Auftrag, sollte aber über den Atlantik vorstoßen und New York und Philadelphia angreifen.«
»Was ist aus der
I-411
geworden?«, fragte Summer.
»Das herauszufinden ist unsere Aufgabe. Yeager konnte keinerlei Hinweise auf den Verbleib der
I-411
finden, nur dass sie nicht zum vorgesehenen Nachtanken in der Nähe von Singapur auftauchte und vermutlich im Südchinesischen Meer verschollen ist. Ich habe mich mit St. Julien Perlmutter in Verbindung gesetzt, der mich einen Schritt weiterbrachte. Er fand Unterlagen einer offiziellen Untersuchung der japanischen Marine, denen zufolge das Boot in den ersten Wochen des Jahres 1945 irgendwo mitten im Ostchinesischen Meer verloren ging. Perlmutter stellte fest, dass sich diese Annahme mit einer Meldung
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