Geheimcode Misty Hazard (German Edition)

in der Querachse in Schräglage. Das Brüllen der Triebwerke, die unter Volllast die ausgefallene Turbine ersetzen mussten, schwoll zu einem ohrenbetäubenden Rauschen an.
    Die Luke stand einen halben Meter offen. Zu wenig.
    Eileen sprang hinter der Deckung vor und lief zu dem präparierten Gepäckberg. Sie stemmte sich dagegen und brachte einige Koffer und Reisetaschen zu Fall, die auf der Luke landeten. Ein Sturm fegte durch die offene Luke in den Frachtraum. Die Kälte griff durch Eileens Kleider hindurch nach Haut und Knochen und ließ sie frösteln.
    Die Luke war zwei Meter geöffnet. Der Rest spielte keine Rolle mehr. Eileen rannte zwei Schritte fort, sprang vom Boden ab und hechtete hinter eine Gepäckwand. In der Luft vollführte sie eine Drehung und jagte den Brandbolzen der Pistolenarmbrust in den Kofferhaufen. Mit einem Zischen fegte das Geschoss durch den Frachtraum. Die Explosion riss die Bodenklappe in dem Moment auseinander, als Eileen hinter den Koffern in Deckung landete. Doch der Ruck war deutlich zu spüren. Der Brandsatz entflammte den Alkohol und die brennbaren Reiniger und verwandelte den Gepäckhaufen in einen lodernden Feuerberg. Die Druckwelle des explodierenden Armbrustbolzens fegte die Gepäckstücke wie Brandgeschosse in alle Richtungen des Frachtraumes fort, doch der Großteil sackte einfach nach unten durch die zerfetzte Frachtluke. Sie verteilten sich augenblicklich wie ein lodernder Funkenregen in der Luft.
    Kurz darauf wurde der Jumbojet von einer Druckwelle gepackt, gegen die die Detonation des Brandsatzes und auch der Druckabfall vorhin nur wie ein leichter Ruck anmuteten. Der Aufschrei der Passagiere war bis in den Frachtraum zu hören. Eileen wurde von der Gewalt hochgehoben und gegen einen anderen Gepäckberg geschleudert. Die Koffer und Taschen der ursprünglichen Deckung flogen ihr hinterher und schlugen wie Geschosse neben ihr ins Gepäcknetz. Eine Kante verfehlte ihren Kopf um Haaresbreite.
    Mrs Stylez hatte mehr Glück. Einige Gepäckstücke ihrer Deckung waren aufgerissen und zerfetzt worden, doch der Berg an Koffern war als solcher noch intakt und bot genügend Schutz. Dennoch war Gwens Miene vor Schock verzerrt und ihre Augen weit aufgerissen.
    »Was zum Teufel war das?«, schrie sie. Eileen stemmte sich hoch, nahm die fallen gelassene Armbrustpistole auf und setzte über den auseinandergerissenen Gepäckberg hinweg. Vereinzelt lagen brennende Koffer im Frachtraum, doch der Großteil war ins Freie gestürzt und hatte ihnen das Leben gerettet.
    Die Hitze suchende Rakete, die der Kapitän auf dem Radar entdeckt hatte, war durch die stürzenden Brandsätze abgelenkt worden und explodiert, ehe sie Schaden anrichten konnte. Eileen hielt sich an einer Stützstrebe fest, als der Pilot wie befohlen in Schräglage ging und dem Harrier den Bauch präsentierte. Durch das Loch im Boden konnte Eileen den Jet unter sich sehen. Sie musste schnell reagieren, ehe der Kampfpilot abdrehte und einen weiteren Angriff unternahm.
    Sie zielte mit der Armbrustpistole auf die Cockpitkanzel.
    »Das klappt niemals!«, rief Gwen hinter ihr.
    »Kümmere du dich um den anderen!«, schrie Eileen zurück, musste sich aber eingestehen, dass die Entfernung zum Jet zu groß war. Der Brandbolzen würde das Cockpit nicht erreichen.
    Eileen sprang fluchend zu der Waffentasche, die sich durch die Druckwelle an einem anderen Gepäckberg verfangen hatte und wie durch ein Wunder nicht mit den brennenden Koffern aus dem Frachtraum gerissen worden war.
    Die Steyr AUG A3 war die größte Waffe in der Reisetasche, ein österreichisches Sturmgewehr mit Klappgriff. Eileen langte danach, zog den Griff auf und ließ ihn einrasten. Sie riss den Verschluss zurück. Ein Magazin befand sich in der Zuführung. Unter dem Lauf war ein M203-Granatwerfer angebracht.
    Der Harrier fiel zurück. Eileen musste sich beeilen. Sie ging in die Hocke, legte an und visierte den Kampfjet durch das Leuchtpunktvisier an. Zielen, entsichern und Abzug ziehen waren eine einzige Bewegung. Der Kugelhagel ging auf den Harrier nieder und prasselte als Funkenregen über die Kanzel. Als der Schlagbolzen auf eine leere Kammer hämmerte, zog Eileen den zweiten Abzug und feuerte die Gewehrgranate.
    Nur eine Sekunde darauf explodierte die Cockpitkanzel des Harriers in einem Rauch- und Feuerball.
    Eileen hätte am liebsten aufgeatmet, doch Gwens Schrei erinnerte sie daran, dass es noch einen weiteren Kampfjet gab.
    »Ich bin drin!« Mrs Stylez sah hoch.