Geheime Macht
viel Arbeit erledigt.«
Die Kellnerin brachte unser Essen und ging. Durch unser Fenster sah ich, dass es wieder zu regnen angefangen hatte.
»Woher wissen Sie das?«, fragte ich.
Er biss in einen Donut. »Wegen des Papiers. Sie benutzen keins. Eine produktive Firma produziert Papierabfälle. Sie wissen schon, Kopien, Notizen, geschredderte Dokumente, Verpackungen für Büromaterial. Ich arbeite für eine Hausmeisterfirma. Auf meiner Route habe ich andere Kunden, die halb so viel Personal wie Input haben. Aber sie produzieren drei- oder viermal so viel Papierabfälle. Wenn ich in den Kopierraum von Input gehe, sind die Papierkörbe leer. In zwei von drei Fällen lasse ich sie unangerührt stehen. Diese Woche musste ich die bisher größte Abfallmenge entsorgen, und das auch nur, weil sie die Einladungen zu Anapas Geburtstag rausgeschickt haben.« Er aß den Donut auf. »Manchmal schicken sie per Kurier Pakete zu seinem Haus. Ich habe die Quittungen im Papierkorb der Empfangssekretärin gesehen. Danke für das Essen.«
»Danke für die Informationen.«
Er ging. Ich aß das Eigelb meiner Eier und stocherte dann mit der Gabel im Eiweiß herum. Wenn der Mann recht hatte, wickelte Anapa seine eigentlichen Geschäfte von zu Hause ab – was auch immer das für Geschäfte waren. Es gab nur eine Möglichkeit, das zu überprüfen.
Ich wartete, bis die Kellnerin mit der Rechnung kam, bezahlte die Mahlzeit und ließ sie sehen, dass ich ein nettes Trinkgeld drauflegte. »Ich würde Ihnen gern eine etwas seltsame Frage stellen.«
»Kein Problem.«
»An welchem Tag wird in dieser Straße der Müll abgeholt?«
»Freitags.«
»Danke.«
Es war Mittwoch. Der Müllcontainer von Input musste fast voll sein. Ich hüllte mich in meinen Mantel und trat in den Regen hinaus. Ich kehrte zum Input-Gebäude zurück und ging einmal um den Block herum. Dort führte eine kleine Straße zur Rückseite des Grundstücks. An dieser Straße standen zwei Müllcontainer vor einer Backsteinmauer, einer blau, der andere grün. Ich klappte die Deckel auf. Seit der Rückkehr der Magie gehörte die Massenproduktion von Dingen aus Kunststoff der Vergangenheit an, und der Müll musste getrennt und sortiert werden. Essensabfälle wurden in Holzkisten oder recycelte Metallfässer gepackt, die in den grünen Container gestellt und von Kompostierungsfirmen abgeholt wurden. Der recycelbare Müll – Holz und Metall – wurde einfach in den blauen Container geworfen, zusammen mit den Papierabfällen, die in Jutesäcken gesammelt wurden.
Im grünen Container von Input stand ein einziges Fass, das zur Hälfte mit vergammelten Überresten von Mahlzeiten gefüllt war. Im blauen Container befand sich ein trauriger, schlaffer Jutesack. Ich kramte darin herum. Viele Kopien der Einladung zu Anapas Geburtstagsparty, ein paar zerknüllte Kritzeleien, hauptsächlich Zeichnungen von Titten unterschiedlicher Größe und von einem hässlichen, aber außergewöhnlich prächtig ausgestatteten Mann, der nicht jugendfreie Dinge mit besagten Titten anstellte. Außerdem ein Notizblock, dessen eine Hälfte mit Kaffee getränkt war.
Ich wandte mich von den Müllcontainern ab und kehrte zum RISE & SHINE zurück.
Ich musste mir Zugang zu Anapas Haus verschaffen.
Die Lösung dieses Problems stand im nächsten Moment vor meinem geistigen Auge.
Nein. Nein, es muss einen anderen Weg geben. Irgendeinen anderen.
Wie auch immer, aber anders.
Ich biss die Zähne zusammen. Doch es half mir nicht bei der Suche nach genialen Alternativen.
Na gut.
Ich betrat das Restaurant, bot der Kellnerin zehn Dollar an, um ihr Telefon benutzen zu dürfen, und rief in unserem Büro an.
Ascanio meldete sich. »Cutting Edge Investigations.«
»Ich bin’s.«
»Du hast mich heute nicht mitgenommen«, sagte er. »Dabei habe ich mich gestern anständig benommen.«
Ach du meine Güte! »Ascanio, du kannst mich nicht jedes Mal begleiten. Gibt es irgendwelche Neuigkeiten?«
»Der Autopsie-Bericht von Doolittle ist gekommen«, sagte er. »Und Raphael hat angerufen.«
Wenn man vom Teufel spricht. »Was wollte er?«
»Er hat gefragt, wann du den Tatort an der Grabungsstelle freigibst, weil ›diese verdammte Katze‹ seinen Arbeitern, bis du gesagt hast, dass alles in Ordnung ist, den Zutritt verweigert. Schließlich ist er kein ›Dukatenscheißer‹, wie er gesagt hat. Aber damit war er bei mir an der falschen Adresse. Ich habe ihm gesagt, dass du unterwegs bist, und als er fragte, mit wem, habe ich
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