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Geheime Macht

Geheime Macht

Titel: Geheime Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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dem unangenehmen Gefühl, immer tiefer zu fallen, bis irgendwann der harte Aufprall kommen würde. Ich war wütend auf Raphael. Ich war wütend auf mich selbst. Ich wollte etwas oder jemanden beißen.
    »Richtig.« Verdammt! »Okay, ich werde mir was überlegen.«
    »Ich hole dich um sieben ab«, sagte er.
    »Verbindlichsten Dank«, antwortete ich in schleppendem Tonfall.
    »Lass das. Deine Texas-Nummer zieht bei mir nicht.«
    »Damals ist meine Nummer immer recht gut bei dir angekommen.«
    »Aber nicht annähernd so gut wie das, was ich anschließend mit dir gemacht habe.«
    Ich antwortete nicht, und er sagte auch nichts mehr. Wir saßen nur an den beiden Enden der Telefonleitung. Wir mussten aufhören, uns gegenseitig so etwas anzutun.
    »Raphael, da ist noch etwas, das ich erwähnen wollte. Ich hatte vor, es dir schon gestern Vormittag zu sagen, aber die Anwesenheit deiner Verlobten hat mich etwas aus dem Konzept gebracht. Von Stefan habe ich erfahren, dass außer dir sechs weitere Personen unten waren, als der Tresorraum entdeckt wurde.«
    »Ich weiß, worauf du hinauswillst«, sagte Raphael, »aber ich kann dir versichern, dass keine dieser Personen mir Schaden zufügen würde.«
    »Dann können wir diese Sache ganz leicht abhaken. Hilf mir, sie auszuschließen. Ich muss genau wissen, was sie getan haben, von dem Moment, als sie ihren Arbeitsplatz verließen, bis vier Uhr früh. Wenn sie telefoniert haben, müssen wir es wissen. Wenn sie in einer Bar waren und mit jemandem gesprochen haben, müssen wir es wissen. Du kennst sie am besten, und es wäre mir lieber, wenn du das übernehmen würdest, weil ich alle Hände voll zu tun habe.«
    »Ich kümmere mich darum.«
    »Auch Stefan müsste überprüft werden.«
    »Ich sagte, ich kümmere mich darum.«
    Er würde es tun. Raphael konnte verdammt gründlich sein, wenn er wollte. »Also sehen wir uns heute Abend.«
    »Vielleicht.«
    Mistkerl. »Um sieben. Wenn nicht, wird deine Grabungsstelle noch eine Weile geschlossen bleiben.«
    »Dir ist klar, dass man dem Rudel die Schuld geben wird, wenn wir erwischt werden. Die PAD wird sich nicht von Spitzfindigkeiten irritieren lassen, dass du zum Beispiel kein offizielles Mitglied des Rudels bist oder wir in einem Mordfall ermitteln. Für sie sind wir einfach nur zwei Gestaltwandler, die einen Einbruch begangen haben. Wir sind schon entrechtet genug.«
    »Dessen bin ich mir bewusst, danke.«
    »Ich wollte dich nur daran erinnern«, sagte er.
    »Ich weiß deine Besorgnis zu schätzen.«
    »Gut.«
    »Perfekt.«
    Ich legte auf. Ich hatte das Gefühl, dass ich jetzt eine kalte Dusche gebrauchen konnte. Die Uhr an der Wand hinter dem Tresen stand auf zwölf nach zehn. Ich hatte bis drei Uhr Zeit, ein Kleid aufzutreiben und Doolittles Bericht zu lesen. Dann würde ich zu dem Mechaniker fahren, der einen Scheck von der geheimnisvollen Frau mit der Autopanne hatte.
    *
    Da ich mich in der Nähe eines Einkaufsviertels befand, beschloss ich, mich zuerst um das Kleid zu kümmern. Wenn man von der Natur mit geringer Körpergröße und ausgeprägten Rundungen bedacht wurde, musste man sich auf eine beschränkte Auswahl an Kleidern gefasst machen. Ich hatte ordentliche Brüste, muskulöse Waden und starke, hübsche Beine. Es gab einen magischen Punkt etwa fünf Zentimeter über meinen Knien, bis zu dem Kleider und Röcke an mir großartig aussahen. Alles andere musste bodenlang sein, weil die Leute mich im Allgemeinen von oben betrachteten und alle Zwischenlängen meine Beine kürzer und breiter machten. Sachen mit Roll- oder U-Boot-Kragen, die meinen Hals noch kürzer machten, als er ohnehin schon war, kamen überhaupt nicht infrage. Und von Kleidern mit großen Mustern oder mehreren Farben wurde ich komplett verschluckt, sodass mein blasses Gesicht und das blonde Haar völlig verschwanden.
    Wenn ich Gesellschaftskleidung brauchte, kaufte ich für gewöhnlich bei Deasia ein, einem Familienunternehmen, das von Deasia Randall geführt wurde. Die Besitzerin, eine streng dreinblickende Schwarze Mitte fünfzig, hatte einen unfehlbaren Geschmack.
    Nach einer Stunde bei Deasia hatte ich sämtliche üblichen Verdächtigen durchprobiert: Türkis, Pfirsichgelb, Blau … ich hatte sogar ein hellgrünes Kleid angezogen, in dem ich aussah wie ein Fass, das man mit Erbsensuppe gefärbt hatte. Sachen, die an mir eigentlich gut aussehen müssten, weil sie es immer getan hatten, taten es auf einmal nicht mehr.
    Deasia musterte mich mit ihrem kritischen

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