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Geheime Melodie

Geheime Melodie

Titel: Geheime Melodie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John le Carré
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fertig ist der Lack. Wenn irgendwer in einer anderen Sprache loslegt, verstehen Sie ihn einfach nicht.« So wacker ich mich auch bemühte, gefiel ihm meine Miene doch immer noch nicht. »Himmelherrgott, Mann. Ist doch keine große Sache, sich dumm zu stellen. Die meisten Leute schaffen das mit links. Und warum? Weil sie dumm sind. Aber Sie sind es nicht. Sie sind ein As, ein Star. Dann seien Sie auch ein As, zeigen Sie, was Sie draufhaben. Ein junger, kräftiger Kerl wie Sie, das ist doch ein Klacks.«
    »Und wann kann ich dann meine anderen Sprachen anwenden, Skipper? Die Unterwassersprachen, wenn ich so sagen darf?« Ich ließ nicht locker.
    Die Sprachen, die mein gr ößter Stolz sind, dachte ich. Die Sprachen, die mich aus der Masse herausheben. Die Sprachen, die nicht im verborgenen dümpeln,
    sondern triumphierend durch die Wellen pfl ügen sollten. Die Sprachen, die, wenn es nach mir ginge, groß zur Schau gestellt gehörten.
    »Wenn Sie’s gesagt kriegen. Sie stehen unter Geheimbefehl. Teil eins gibt es heute, Teil zwei morgen früh, sobald wir die endgültige Bestätigung haben, daß die Sache läuft.« Und dann sah ich voller Erleichterung, wie das seltene Lächeln in sein Gesicht trat, dieses Lächeln, für das man eine Wüste durchqueren würde. »Sie sind unsere Geheimwaffe, Sinclair. Der Star der Show, denken Sie immer dran. Wie oft im Leben bekommt man schon die Gelegenheit, der Geschichte in den Hintern zu treten?«
    »Einmal, wenn man Glück hat«, antwortete ich loyal.
    »Glück ist nur ein anderes Wort für Schicksal«, stellte Maxie richtig, ein entrücktes Leuchten in seinen Bogey-Augen. »Entweder man nimmt es selbst in die Hand, oder man ist am Arsch. Unsere Operation ist kein Kaffeekränzchen. Wir bringen dem Ostkongo die Demokratie – und zwar mit vorgehaltener Knarre. Wir heizen ihnen tüchtig ein, bringen die richtigen Leute ans Ruder, und schon haben wir ganz Kivu hinter uns.«
    Mir schwindelte fast bei diesem ersten Einblick in seine gro ße Vision, und seine nächsten Worte waren Balsam für meine Seele – und für Hannahs.
    »Das größte Verbrechen der Strippenzieher im Kongo war bis jetzt immer die Gleichgültigkeit, richtig?«
    »Richtig«, antwortete ich fest.
    »Intervenieren, solange das schnelle Geld lockt, und nichts wie weg, sobald sich die nächste Krise ankündigt. Richtig?«
    »Richtig.«
    »Im Kongo herrscht Stillstand. Eine Regierung, die nichts taugt, ein ganzes Land, das auf freie Wahlen wartet. Ob sie stattfinden oder nicht, weiß keiner. Und wenn sie stattfinden, geht es den Leuten hinterher wahrscheinlich schlechter als vorher. Es gibt also ein Vakuum. Richtig?«
    »Richtig«, kam es erneut von mir.
    »Und in dieses Vakuum stoßen wir hinein. Bevor uns einer in die Quere kommt. Denn sie stehen ja alle schon in den Startlöchern, die Amis, die Chinesen, die Franzosen, die Multis. Alle wollen sie noch vor der Wahl einen Fuß in die Tür kriegen. Wir intervenieren, und wir bleiben. Und diesmal wird der Kongo auf der Siegerseite stehen.«
    Ich versuchte meine Zustimmung zum Ausdruck zu bringen, doch er lie ß mich nicht zu Wort kommen.
    »Seit fünfhundert Jahren wird der Kongo jetzt schon ausgeblutet«, fuhr er kopfschüttelnd fort. »Von den arabischen Sklavenhändlern, von den anderen afrikanischen Staaten, von den Vereinten Nationen, von der CIA, den Christen, den Belgiern, den Franzosen, den Briten, den Ruandern, den Diamantenkonzernen, den Goldkonzernen, den Mineralienkonzernen, von windigen Geschäftemachern, von den Kleptokraten in Kinshasa, und als nächstes kommen auch noch die Erdölkonzerne dazu. Höchste Zeit für einen Wechsel, und den werden wir ihnen bescheren.«
    Sein rastloser Blick war an Monsieur Jasper h ängengeblieben, der am anderen Ende des Flugzeugrumpfs den Arm in die Höhe reckte und winkte, wie eine Kas siererin im Supermarkt, der das Wechselgeld ausgegangen ist.
    »Also, Teil zwei gibt’s morgen«, wiederholte er, schnappte sich seinen Gasmaskenbehälter und marschierte zu ihm hinüber.
    * * *
    Wer in Maxies Bann steht, kann nicht mehr vern ünftig denken. Alles, was er gesagt hatte, war Musik in meinen bikulturellen Ohren. Aber als ich aus meiner Betäubung wieder zu mir kam, drangen über das unregelmäßige Dröhnen der Triebwerke hinweg andere, weniger fügsame Stimmen als meine eigene zu mir durch.
    Ich hatte »richtig« gesagt. Aber hatte ich auch ja gesagt?
    Vermutlich, denn nein gesagt hatte ich auf keinen Fall.
    Aber wozu genau

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