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Geheime Melodie

Geheime Melodie

Titel: Geheime Melodie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John le Carré
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quatscht, von einer semi-automatique reden?«
    »Falls sie sich überhaupt verständigen könnten«, entgegnete ich, darauf erpicht, ihn mit meinem Fachwissen zu beeindrucken.
    »Und das heißt, alter Junge?«
    »Nun, daß ein Bembe zum Beispiel Kinyarwanda spricht, aber doch nicht ganz die Brücke zum Kinyamulenge schlagen kann.«
    »Und was machen sie dann?« – wischte sich mit dem Handrücken über den Mund.
    »Sie müßten sich mit dem behelfen, was beide beherrschen. Jeder würde den anderen verstehen, aber nur bis zu einem bestimmten Punkt.«
    »Und nach diesem Punkt?«
    »Müßten sie es mit ihrem Swahili oder Französisch probieren. Je nachdem, was sie gelernt haben.«
    »Außer, die beiden hätten Sie dabei, hm? Sie sprechen alles.«
    »In diesem Fall stimmt das«, antwortete ich bescheiden. »Aber ich würde mich natürlich nicht aufdrängen. Ich würde abwarten, was benötigt wird.«
    »Die können also sprechen, was sie wollen, wir sprechen es besser. Richtig? Nicht schlecht!« Aber sein Ton ließ klar erkennen, daß er weniger zufrieden war, als seine Worte nahelegten. »Stellt sich bloß die Frage, ob wir denen das auf die Nase binden müssen. Vielleicht sollten wir es schlauer anstellen. Ihnen nicht gleich unsere schweren Geschütze zeigen.«
    Schwere Gesch ütze? Was für schwere Geschütze? Oder ging es immer noch um meine militärischen Fachkenntnisse? Ich war verwirrt. Vorsichtig hakte ich nach.
    »Na, Ihre schweren Geschütze, was denn sonst? Ihr Sprachenarsenal. Das weiß doch jedes Kind, daß ein guter Soldat den Feind über seine Stärken im unklaren läßt. Mit Ihren Sprachen ist es dasselbe. Wir buddeln sie ein und legen ein Tarnnetz darüber, bis wir sie brauchen. Gesunder Menschenverstand.«
    Maxie, das wurde mir immer klarer, übte einen betörenden und gefährlichen Zauber aus. Teil dieses Zaubers war seine Fähigkeit, einem den aberwitzigsten Plan als normal zu verkaufen, selbst wenn man über den Plan als solchen noch gar nichts wußte.
    »Wie wär’s denn damit?« sagte er, als schlüge er mir einen Kompromiß vor, der sich mit meinen überstren gen Wertma ßstäben vertrug. »Wir behaupten einfach, daß Sie bloß Englisch, Französisch und Swahili sprechen, mehr nicht. Das reicht dicke. Und die kleinen Sprachen behalten wir für uns. Wie würde Ihnen das gefallen? Mal eine andere Art von Herausforderung. Mal was Neues.«
    Wenn ich ihn richtig verstanden hatte, w ürde es mir ganz und gar nicht gefallen, aber das mußte ich ihn ja nicht unbedingt merken lassen.
    »Und in welchem Kontext, Skipper – unter welchen Umständen würden wir das behaupten? Beziehungsweise es für uns behalten?« fügte ich mit einem – hoffentlich – weisen Lächeln hinzu. »Ich will ja nicht pedantisch sein, aber wem würden wir das erzählen?«
    »Allen. Jedem. Dem ganzen Saal. Im Interesse der Operation. Um die Konferenz voranzubringen. Passen Sie mal auf.« Er machte eine Kunstpause, wie ein Experte, der versucht, einem Schwachkopf etwas zu erklären. Ich muß gestehen, diese Überheblichkeit habe ich auch schon an den Tag gelegt. »Wir haben zwei Sinclairs« – er streckte mir seine kugelsicheren Hände hin, für jedes meiner beiden Ichs eine –, »einen Sinclair über Wasser« – er hob die Linke hoch – »und einen Sinclair unter Wasser« – er ließ die Rechte in seinen Schoß sinken. »Über Wasser, das ist die Spitze des Eisbergs, da sprechen Sie nur Französisch und verschiedene Swahili-Varianten. Und natürlich Englisch mit Ihren Freunden. Die übliche Hausmannskost eines mittelprächtigen Dolmetschers eben. Können Sie mir folgen?«
    »Bis hierher schon, Skipper.« Ich bemühte mich, Begeisterung aufzubringen.
    »Und darunter« – ich starrte hinab in seinen rechten Handteller – »die restlichen neun Zehntel des Eisbergs, das sind Ihre ganzen anderen Sprachen. Das schaffen Sie doch, oder? Ist nicht so schwierig, Sie müssen sich bloß konzentrieren.« Er zog die Hände zurück, nahm sich noch einen Kräcker und wartete, daß bei mir der Groschen fiel. Aber ich schaltete auf stur.
    »Ich glaube, ganz komme ich doch nicht mit, Skipper«, sagte ich.
    »Jetzt seien Sie nicht zickig, Sinclair, natürlich kommen Sie mit! Es ist kinderleicht. Ich gehe in den Konferenzraum. Ich stelle Sie vor.« Mit vollem Mund spielte er es mir in seinem grauenhaften Französisch vor: »›Je vous présente Monsieur Sinclair, notre interprète distingué. Il parle anglais, français et swahili.‹ Und

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