Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geheime Melodie

Geheime Melodie

Titel: Geheime Melodie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John le Carré
Vom Netzwerk:
muß, ja.«
    »Und nachher, wenn wir gewonnen haben? Erhalten wir dann gemeinsam den Frieden? Ist das tatsächlich die Abmachung?«
    »Mein General sagt, mit euch, also ist es so«, knurrt Franco. Und zur Besiegelung spendiert er uns allen ein weiteres Sprichwort aus seinem offenbar unerschöpflichen Vorrat: »Die Freunde meiner Freunde sind auch meine Freunde.«
    Jetzt ist Dieudonn é an der Reihe. Er hat nur Augen für Franco, während er unter schmerzhaftem Keuchen zu Atem kommt. »Wenn euer General Wort hält. Und wenn auch ihr Wort haltet. Und wenn der Mwangaza Wort hält. Dann werden die Banyamulenge in diesen Handel einwilligen«, erklärt er.
    Woraufhin sich schlagartig aller Blicke, meine inbegriffen, auf Haj richten. So j äh in den Brennpunkt der Aufmerksamkeit gerückt, langt der in sein senfgelb gefüttertes Jackett und will das goldene Zigarettenetui zücken. Dann sieht er zu dem Rauchen-verbotenSchild hoch, verzieht das Gesicht, läßt das Etui in die Tasche zurückfallen und zuckt die Achseln. Für Maxie ein Achselzucken zuviel.
    »Können Sie Haj etwas von mir ausrichten, alter Junge?«
    Zu Diensten, Skipper.
    »Ich hab nicht viel am Hut mit diesem Rumgeeiere. Wir wollen hier schließlich zu Potte kommen, nicht nur ewig mit der Hose um die Knöchel rumstehen. Wenn er schon für seinen Vater einspringt, warum macht er dann nicht, was sein Vater ihm sagt, statt hier dauernd querzuschießen? Können Sie das dem kleinen Arschloch irgendwie begreiflich machen, ohne daß es zu grob klingt?«
    Selbst der versierteste Dolmetscher kann eine Breitseite nur bis zu einem gewissen Grad abmildern, zumal wenn ein so freim ütiger Klient wie Maxie sie abfeuert. Ich tue mein Bestes und mache mich dann, da ich Hajs unbeherrschte Ausbrüche mittlerweile über wie unter Wasser miterlebt habe, auf die unvermeidliche Explosion gefaßt. Um so größer meine Verwunderung, als ich mich statt dessen mit der durchdachten Argumentation eines Top-Absolventen der Sorbonne konfrontiert sehe.
    Hajs Rede mu ß gut fünf Minuten gedauert haben,
    und doch erinnere ich mich an kein Z ögern, keine Redundanz. Sie ist komplex, sie ist nüchtern. Nichts an ihr weist darauf hin, daß er über das Schicksal seiner – und meiner – geliebten Heimatstadt spricht. Was nachstehend folgt, ist eine Kurzfassung:
    Die Minen k önnen nicht ohne Einwilligung der örtlichen Bevölkerung betrieben werden.
    Milit ärische Überlegenheit allein ist nicht genug. Voraussetzung für eine dauerhafte Lösung ist eine Zeit ohne Krieg, gemeinhin auch Frieden genannt.
    Die Frage, die sich den Delegierten stellt, ist darum nicht, ob der Plan des Colonel die effektivste Methode zu Gewinnung und Transport von Bodensch ätzen darstellt, sondern ob der Mwangaza und sein Pfad der Mitte ihr Versprechen wahrmachen und einen gesellschaftlichen Konsens herbeiführen können.
    Zugang. Mit Zugang meint Haj weniger den faktischen Zugang zu den Minen als den gesetzlichen. Zwar wird die avisierte neue Regierung von Kivu unter dem Mwangaza dem Syndikat s ämtliche nötigen Konzessionen, Rechte und Genehmigungen erteilen, die die örtlichen Gesetze vorschreiben.
    Aber was ist mit dem kongolesischen Gesetz? Kinshasa ist immer noch die Hauptstadt, auch wenn es zweitausend Kilometer entfernt liegt. Auf internationaler Ebene vertritt es die Demokratische Republik Kongo als Ganze, und seine Hoheit über die östlichen Regionen ist in der Verfassung verankert. Auf lange Sicht geht es nicht ohne Kinshasa.
    Haj heftet seine vorquellenden Augen auf Philip.
    »Meine Frage, Mzee Philip, lautet also: Wie gedenkt Ihr Syndikat die Autorit ät Kinshasas zu umgehen? Der Mwangaza hat für Kinshasa nur Hohn und Spott übrig. Der Colonel verspricht uns, daß Kinshasa keinerlei finanziellen Nutzen aus dem Coup ziehen wird. Aber wenn sich der Staub gelegt hat, wird dennoch Kinshasa das letzte Wort haben, nicht der Mwangaza.«
    Philip ist Hajs Darlegungen aufmerksam gefolgt, und nach seinem zufriedenen L ächeln zu urteilen, hatte er seine Freude daran. Er fährt sich mit der hohlen Hand über das gewellte weiße Haar, wobei er es fertigbringt, es nicht zu berühren.
    »Unser Vorhaben wird starke Nerven und starke Männer erfordern, Haj«, erklärt er mit unverändertem Lächeln. »Männer wie den Mwangaza selbst oder auch Ihren geschätzten Vater. Es wird außerdem Zeit erfordern, was ganz in unserem Sinne ist. Es gibt ein paar Punkte im Verhandlungsprozeß, mit denen wir uns besser erst dann

Weitere Kostenlose Bücher