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Geheime Melodie

Geheime Melodie

Titel: Geheime Melodie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John le Carré
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Persönlich. Ich selbst, wer denn sonst?« – die Sätze werden knapp und knapper – »Plus Anton hier. Plus ein paar alte Kameraden von mir.«
    »Ich bitte vielmals um Entschuldigung. Aber Monsieur le Colonel ist weiß.«
    Maxie schiebt seinen rechten Ärmel hoch, und einen Moment lang glaube ich ernsthaft, gleich setzt’s was. Aber er besieht sich nur die Innenseite seines Unterarms. »Kruzitürken, der Mann hat recht!« ruft er, und die Runde bricht in erleichtertes Gelächter aus, in das Haj demonstrativ einstimmt.
    »Und Ihre Kollegen, Monsieur le Colonel? Sind die auch wei ß?« – als die Heiterkeit hinreichend abgeebbt ist.
    »Wie Schnee.«
    »Können Sie uns dann bitte erklären, wie eine kleine Gruppe von Fremden, alle schneeweiß, einen Überraschungsangriff auf den Flughafen Bukavu durchführen will, ohne ein gewisses Maß an Aufmerksamkeit bei denen zu erregen, die diesbezüglich weniger vom Glück begünstigt sind?«
    Diesmal lacht keiner. Diesmal h ören wir nichts als die Möwen und Krähen und das Rascheln des warmen Windes, der den grasigen Hang hinabstreicht.
    »Ganz einfach. Am fraglichen Tag« – offenbar Maxies stehende Wendung für den Tag des Coups – »wird ein Schweizer Hersteller von Flugsicherungssystemen, der ein Angebot unterbreiten will, eine Besichtigung der Flughafenanlagen vornehmen.«
    Schweigen, gebrochen einzig von meiner Stimme.
    »Ihre Chartermaschine, die technisches Gerät nicht näher definierter Natur geladen haben wird« – vielsagende Betonung, die ich getreulich übernehme –, »wird nahe dem Tower abgestellt sein. Die Techniker der Schweizer Firma werden Europäer sein. Unter ihnen werde ich selbst sein, Anton hier neben mir, und Benny, den Sie kurz getroffen haben. Auf ein Signal von mir werden meine Söldner, die inzwischen durch den Haupteingang in den Flughafen gelangt sein werden, die Maschine entern. Im Innern werden sie schwere Maschinengewehre, tragbare Raketenwerfer, Handgranaten, leuchtende Armbinden, Proviant und reichlich Munition finden. Wenn jemand auf sie schießt, werden sie das Feuer auf eine Weise erwidern, da ß möglichst wenig Schaden entsteht.«
    Philips n ächsten Schritt verstand ich voll und ganz. Auf wessen Seite stand Haj denn überhaupt? Wie lange sollten wir uns seine Störaktionen noch gefallen lassen? Der Mann war ja nicht einmal geladener Teilnehmer! Er war der Stellvertreter seines Vaters, in letzter Minute per Fallschirm zu uns herabgeschwebt. Höchste Zeit, ihn zurechtzustutzen, ihm die Pistole auf die Brust zu setzen.
    »Monsieur Haj«, beginnt Philip samtweich, ein Echo auf Hajs penetrantes Monsieur le Colonel –, »Haj, mein lieber Junge. Mit allem Respekt vor Ihrem lieben Vater, den wir bitterlich vermissen. Wir alle waren bisher sehr zurückhaltend, vielleicht zu zurückhaltend mit unseren Fragen nach der zentralen Rolle, die Sie persönlich in der Kampagne des Mwangaza spielen werden. Welche Vorbereitungen gedenken Sie für den großen Moment zu treffen? Speziell in Bukavu, wo Sie ja Herr im Haus sind, wenn man so will? Ich dachte, vielleicht wäre dies der geeignete Moment, um uns aufzuklären.«
    Erst wirkt es so, als h ätte Haj Philips Frage ebensowenig gehört wie meine Übersetzung. Dann flüstert er ein paar Worte auf Shi, die, wiewohl derber, eine merkwürdige Ähnlichkeit zu denen des kleinen Herrn in der Trattoria aufweisen: Gebe Gott mir die Kraft, diesem Sohn eines Arschlochs die Meinung zu sagen etc. – und natürlich lasse ich mir mit keiner Miene anmerken, daß ich ihn verstehe, sondern male nur ein paar unschuldige Kringel auf meinen Block.
    Worauf er vollends durchdreht. Er springt auf, vollf ührt eine Pirouette, schnalzt mit den Fingern und wirft wild den Kopf herum. Und nach und nach kristallisiert sich aus diesem Gezucke eine rhythmische Antwort auf Philips Frage heraus. Und da für mich Worte die einzige Musik sind und ich von kongolesischen Bands nicht den Schimmer einer Ahnung habe, weiß ich bis heute nicht, welchen großen Star oder welche Band oder welchen Musikstil er imitiert.
    Aber fast alle anderen im Raum wissen es. F ür alle außer mir und Maxie – der, das braucht er mir nicht erst zu sagen, genauso ein Musikbanause ist wie ich – ist es eine virtuose Darbietung, augenblicklich erkennbar und extrem komisch. Der ernste Dieudonné biegt sich vor Lachen und klatscht begeistert mit. Auch Francos gewaltiger Leib schaukelt hin und her vor Vergnügen, dieweil unser Spitzendolmetscher, darauf

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