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Geheime Melodie

Geheime Melodie

Titel: Geheime Melodie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John le Carré
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alter Junge – sobald die UNO oder wer auch immer Wind davon bekommt, daß das Ausland die Finger im Spiel hat, sitzen wir bis Oberkante Unterlippe in der Scheiße.«
    Swahili bietet eine reiche Auswahl an Kraftausdr ücken, darum maße ich es mir an dieser Stelle nicht an, die deftige Sprache unseres Skippers zu verwässern. Aber während meine Wiedergabe bei Franco noch mehr beifälliges Lachen hervorruft und auch Dieu-donné ein schwaches Lächeln entlockt, kommt von Haj nur ein kurzes Hohnmeckern.
    »Was zum Teufel meint er damit?« knurrt Maxie mich aus dem Mundwinkel an, als wäre der Übeltäter nicht Haj, sondern ich.
    »Einfach Übermut, Skipper.«
    »Ich frage ihn, nicht Sie.«
    Ich gebe die Frage an Haj weiter, oder vielmehr an die R ückansicht seines Zegna-Anzugs.
    »Vielleicht hat an dem Tag ja keiner Lust zum Putschen«, sagt er dann mit einem trägen Achselzucken. »Vielleicht schifft es.«
    Flink wie nur je schiebt sich Philip in die Bresche.
    »Der Colonel redet hier von ein paar eingeschlagenen Schaufenstern, Haj, weiter nichts. Gut, ein klein bißchen Schießen und Plündern vielleicht auch noch. Ein brennendes Auto hier oder dort, aber niemand verlangt von Ihnen, daß Sie Ihre eigene Stadt in Brand stecken, Gott behüte. Ihr Vater dringt darauf, daß es in Goma nicht mehr als ein Minimum an Zerstörung geben darf, und Ihre Haltung, was Bukavu betrifft, wird eine ähnliche sein. Alles, was wir brauchen, ist genügend Feuerzauber – genügend allgemeinen Aufruhr –, um eine Situation herbeizuführen, in der eine beliebte und charismatische Führerfigur, die eine starke Botschaft zu verkünden hat – in diesem Falle der lebenslange Weggefährte Ihres Vaters, der Mwangaza –, triumphal als Friedensstifter auftreten kann. Luc hatte die sehr überzeugende Idee, die Sache in Goma mit einer Protestkundgebung auf den Weg zu bringen, die leicht aus dem Ruder läuft, und dann das Bier den Rest besorgen zu lassen. Sie wären vielleicht nicht schlecht beraten, wenn Sie in Bukavu auf ähnliche Weise vorgingen.«
    Doch auch Philips diplomatische K ünste können Haj nicht aus seinem Schmollwinkel hervorlocken. Eher scheinen sie sogar das Gegenteil zu bewirken, denn er schlenkert mit schlaffer Gebärde die Hände überm Kopf, als wollte er alles hier Vorgebrachte entnervt abtun. Und das wiederum veranlaßt Felix Tabizi zu einem Ausbruch in kehligem, arabisch gefärbtem Französisch.
    »Folgendes wird passieren« , donnert er Haj an wie einen unfähigen Diener. »Im richtigen Augenblick werden der Mwangaza und seine Berater ihren geheimen Aufenthaltsort außerhalb der Landesgrenzen verlassen und am Flughafen von Bukavu eintreffen. Eine jubelnde Menge, die Ihr Vater und Sie organisieren werden, nimmt ihn dort in Empfang und geleitet ihn im Triumphmarsch in die Stadt. Verstanden? Mit seinem Einzug in Bukavu wird augenblicklich mit jeder Gewalt Schluß sein. Ihre Leute lassen die Waffen fallen, sie hören auf mit dem Plündern und Herumknallen, und sie feiern. Die, die den Mwangaza bei seiner großen Mission unterstützt haben, werden belohnt werden, allen voran Ihr Vater. Die ihn nicht unterstützt haben, werden nichts zu lachen haben. Ein Jammer, daß Ihr Vater heute nicht hiersein kann. Ich hoffe, er wird bald wieder gesund. Er liebt den Mwangaza. Seit zwanzig Jahren haben sie für diese Sache gekämpft. Jetzt zahlt ihr Kampf sich aus. Auch für Sie.«
    Haj hat sich vom Fenster abgewandt und lehnt sich über den Tisch, fingert an einem seiner großen goldenen Manschettenknöpfe herum.
    »Ein kleiner Krieg also«, sagt er schließlich nachdenklich.
    »Also kommen Sie. Doch kein richtiger Krieg«, räsoniert Philip. »Ein Krieg nur dem Namen nach. Und der Frieden ist gleich um die Ecke.«
    »Wo er immer ist«, ergänzt Haj, aber fürs erste scheint er Philips Logik zu akzeptieren.
    »Und nach einem kleinen Krieg kräht ja kein Hahn« – nun redet er sich erneut in Schwung, wieder auf französisch –, »ich meine, was ist schon ein kleiner Tod? Pfft. Nichts. Genau wie ein bißchen schwanger.« Und zur Bekräftigung läßt er eine Kanonade von Kriegsgeräuschen auf uns los, ähnlich denen, die ich schon unter Wasser über mich ergehen lassen mußte: »Krach! Bumm! Ratta-ratta!« – worauf er mit ausgebreiteten Armen tot auf dem Tisch zusammenbricht, nur um gleich wieder in die Höhe zu schnellen, die eine Geste so unnütz wie die andere.
    * * *
    Maxie wird den Flughafen von Bukavu einnehmen, und wehe dem, der

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