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Geheime Melodie

Geheime Melodie

Titel: Geheime Melodie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John le Carré
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ihn daran hindern will! Kavumu, wie der Flughafen hei ßt, liegt fünfunddreißig Kilometer nördlich von Bukavu und ist der Schlüssel zu unserem Erfolg. Ein Luftbild des Flughafens ist auf der Staffelei erschienen. Hatte Bukavu vor zwanzig Jahren einen Flughafen? In meiner Erinnerung taucht eine bucklige Wiese auf, auf der Ziegen weiden, und ein silbergerippter Doppeldecker mit einem bärtigen polnischen Priester namens Pater Jan am Steuerknüppel.
    »Wer den Flughafen hat, der hat Süd-Kivu in der Tasche. Zweitausend Meter Asphalt, das ist unerreicht in ganz Ostkongo. Ihr könnt reinbringen, was ihr wollt, wen ihr wollt und wann ihr es wollt. Und ihr blockiert den einzigen Flughafen, über den Kinshasa ernsthaft Verstärkung beziehen könnte.« Das Billardqueue klatscht den Takt: »Von Kavumu aus könnt ihr in östlicher Richtung nach Nairobi exportieren« – klatsch –, »südlich nach Johannesburg« – klatsch –, »nördlich nach Kairo und weiter. Oder ihr vergeßt gleich alles unterhalb der Sahara und stoßt direkt auf die europäischen Märkte vor. Eine Boeing 767 faßt vierzig Tonnen und muß nicht mal zwischenlanden. Und die Ruander und die Tansanier und die Ugander können euch mal. Denkt drüber nach.«
    Ich übersetze, und wir denken darüber nach, Haj ganz besonders tief. Den Kopf in die überlangen Hände gestützt, Glupschaugen starr auf Maxie gerichtet, gibt er das unbewußte Gegenstück zu Dieudonné ab, der neben ihm in gleicher Haltung brütet.
    »Keine Zwischenhändler, keine Banditen, keine Schutzgelder, keine Zöllner und Soldaten, die entlohnt werden müssen«, verheißt Maxie uns, also verheiße ich es ebenfalls. »Die Minen werden vom Standort aus versorgt, die Käufer werden direktbeliefert, und Kinshasa guckt in die Röhre. Lassen Sie’s uns laut und deutlich hören, alter Junge.«
    Das tue ich, und sie sind geb ührend beeindruckt – das heißt, bis auf Haj, der uns gleich mit dem nächsten absurden Einwand die Wände hochtreibt.
    »Die Startbahn in Goma ist länger«, sagt er und schlenkert mit dem Arm.
    »Und am einen Ende mit Lava überkrustet«, kontert Maxie, und sein Billardqueue vollführt einen Trommelwirbel auf einem Grüppchen von Vulkanen.
    »Sie hat zwei Enden, oder? Dafür ist sie doch eine Startbahn.«
    Franco st ößt ein schnaubendes Lachen aus, Dieu-donné gestattet sich ein seltenes Lächeln. Maxie atmet tief durch, und ich auch. Wenn ich mir Haj nur fünf Minuten allein vorknöpfen könnte, auf Shi, von Mann zu Mann! Dann würde er schon begreifen, wie sehr er die Operation mit seinen kleinlichen Einwänden ins Straucheln bringt.
    Entschlossen f ährt Maxie fort: »Es bleibt bei Kavumu. Ende der Diskussion.«
    Er wischt sich derb mit der Faust über den Mund und setzt neu an. Langsam aber sicher, so fürchte ich, zerrt Haj ernstlich an seinen Nerven. »Ich will es von ihnen hören, von jedem einzelnen. Sind sie mit an Bord oder nicht? Starten wir mit einem Paukenschlag und besetzen Kavumu, oder verzetteln wir uns lieber mit Kleinscheiß, lassen die Konkurrenz zum Zug kommen und verspielen die reellste Fortschrittschance, die sich dem Ostkongo auf viele Jahre hin bieten wird? Fangen Sie mit Franco an.«
    Ich fange mit Franco an. Wie üblich läßt er sich Zeit. Wirft finstere Blicke auf mich, auf die Karte, auf Maxie. Aber der finsterste Blick bleibt dem verhaßten Dieudonné neben ihm vorbehalten.
    »Es ist die Ansicht meines Generals, daß der Plan von Monsieur le Colonel vernünftig ist«, knirscht er schließlich hervor.
    »Das ist mir zu vage. Und das gilt für sie alle. Nehmen wir den Flughafen – Kavumu –, bevor wir auf die Städte und Minen zugreifen? Die Frage ist klar gestellt, ich will eine klare Antwort. Fragen Sie ihn noch mal. «
    Ich wiederhole die Frage. Franco öffnet die Faust, starrt grimmig auf etwas in seiner Hand, ballt sie dann erneut. »Mein General hat sich entschlossen. Wir werden als erstes den Flughafen einnehmen und dann die Minen und Städte.«
    »Als Verbündete?« insistiert Maxie. »Zusammen mit den Banyamulenge? Als Waffenbrüder, die ihre angestammten Differenzen überwinden?«
    Ich fixiere meine Perrierflasche, mir dabei Hajs manischen Blicks bewu ßt, der vom einen zum anderen flackert und sich dann auf mich richtet.
    »Es ist abgemacht«, bestätigt Franco.
    Dieudonn é scheint seinen Ohren nicht zu trauen.
    »Mit uns?« fragt er leise. »Mit den Banyamulenge als gleichwertigen Partnern bei dieser Mission?«
    »Wenn es sein

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