Geheime Melodie
zu dem Krach von eben) Dieu-donné. Hör mir zu. Du bist ein guter Mensch. Ich bin dein Freund.
Dieudonn é: (Unverständlich)
Haj: Du stirbst nicht. Ich will nicht, da ß du stirbst. Verstanden? Abgemacht? Du stirbst nicht, und die Banyamulenge sterben auch nicht. Es muß Schluß sein mit dem Sterben. Völlig egal, ob durch Krieg oder Hunger oder Kriegsfolgen oder die Seuche. Wenn ihr sterbt, dann bitte an zu viel Bier. Versprochen?
Dieudonn é: (Bitteres Lachen) Zu viel Bier und zu viele antiretrovirale Mittel.
Haj: Wenn es nach mir geht, hat überhaupt niemand im Kongo zu sterben, außer ruhig und friedlich an Bier. Du schwitzt ja wie ein Schwein, Mann. Komm, setz dich hin.
Der Empfang wird besser. Anton meldet über Sam, daß Dieudonné auf einer steinernen Bank unter einer Buche ein Stück unterhalb des Pavillons Platz genommen hat. Haj umtänzelt ihn in einem Radius von zwei bis drei Metern. Aber mich schüttelt er nicht ab.
Haj: … die Ruander sind stärker als wir, und das weißt du … stärker als die … Banyamulenge, stärker als diese Paviane von Mai Mai (Affengrunzen) … stärker als ganz … Kivu zusammen … oder? Sag, daß es so ist.
Dieudonn é: Es ist möglich.
Haj: Das ist nicht nur m öglich, das ist eine Tatsache, wie du sehr gut weißt. Hör mir zu (Kommt ganz nah an Dieudonné heran und spricht ihm eindringlich ins Ohr – gestochen scharfer Empfang, vermutlich über ein Mikrophon in den Ästen der Buche) … Ich liebe meinen Vater. Ich bin Afrikaner. Ich ehre ihn. Hast du noch einen Vater? … Gut, das heißt, daß du seinen Geist ehrst. Du redest mit seinem Geist, du gehorchst seinem Geist, du läßt dich von ihm leiten. Meiner lebt, verstehst du? Drei Frauen und so viele Nutten, wie er kriegen kann. Besitzt ein Stück von Goma und einundfünfzig Prozent von mir, und die Ruander schnappen ihm die Geschäfte weg, glaubt er jedenfalls.
Anton meldet via Sam, da ß Haj abwechselnd hinter dem Buchenstamm verschwindet und wieder hervorspringt. Der wechselhafte Empfang bestätigt dies.
Haj: Vor ein paar Monaten bestellt er mich zu sich, ja? … ernster Anlaß, hm, hm … Büro, nicht daheim … will wohl … Frauen durchs Schlüsselloch gucken … mir von diesem großartigen neuen Pakt für Kivu zu erzählen, bei dem er mitmischt, und daß sein alter Kumpel der Mwangaza noch vor den Wahlen an die Macht gebracht werden soll, weil Wahlen nur Bürgerkrieg bedeuten, und der Mwangaza wird alle, die er nicht leiden kann, zum Teufel jagen und alle, die er leiden mag, reich machen, und das Volk wird er auch reich machen, weil er dieses wunderbare philanthropische Syndikat hinter sich stehen hat, das Geld wie Heu hat und all diese hehren Absichten und die Knarren und die Munition. Klingt super, sage ich ihm. Klingt wie K önig Leopold, als der in den Kongo kam. Worauf er natürlich an die Decke gegangen ist. Also warte ich, bis er sich abgeregt hat, was einen Tag dauert … (bricht ab, kommt zurück) … in der Zwischenzeit was Übles raus. Was Megaübles … Ich hör mich ein bißchen um, bei ein paar fiesen Typen, die ich zufällig kenne … in Kinshasa … Vater würde mich umbringen, wenn er wüßte, daß … Typen, zu denen man lieber höflich sein sollte, wenn man am nächsten Morgen nicht tot aufwachen will … (völlig unverständlich) … was sie mir gesagt haben, diese fiesen Typen? … unter der Auflage striktester Geheimhaltung, gegen die ich hiermit verstoße? Kinshasa steckt mit drin in dem Deal. Kinshasa spielt seinen Part bei der Sache … den allerdreckigsten Part …
Perfekter Ton jetzt. Sam berichtet, da ß Haj und Dieu-donné nebeneinander auf der Bank sitzen, nur zwei Meter vom nächsten Mikrophon entfernt, und nirgendwo ein Lüftchen, das sich regt. Haj: Also gehe ich wieder zu meinem Vater, und ich sage zu ihm: Vater, ich liebe dich, und ich bin dir dankbar, daß ich auf deine Kosten meine kleinen grauen Zellen zu benutzen lernen durfte, und ich respektiere die Redlichkeit deiner Motive in bezug auf den Mwangaza und den Ostkongo. Laß mich dir darum in meiner Eigenschaft als professioneller Problemlöser mitteilen, daß du aus zwei Gründen ein Riesenarschloch bist. Erstens, weil du und der Mwangaza euch unter Wert an diese No-names verkauft habt, und zwar nach meiner Sch ätzung ungefähr tausend Prozent unter Wert. Grund Nummer zwei, nimm’s mir nicht übel, aber wer braucht verdammt noch mal einen neuen Krieg? Du und ich, wir sind wirtschaftlich völlig von Ruanda
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