Geheime Melodie
und Brüder und deinen gottverdammten Vater und alle, die denken, sie lieben dich. Und danach dich . Dauert Tage. Wochen, wenn ich Glück habe. Schneidet das Dreckschwein los.«
Die T ür schließt sich mit einem Knall hinter ihm. Gleich darauf Antons Stimme, vertraulich, fürsorglich:
»Alles in Ordnung, Junge? Man tut, was man gesagt kriegt, stimmt’s, Benny? Als einfacher Soldat …«
Benny gibt sich ähnlich konziliant. »Dann wollen wir dich mal ein bißchen saubermachen. Nichts für ungut, Kumpel. Beim nächsten Mal stehen wir dann auf derselben Seite.«
Kl üger wäre es jetzt wohl, zur Bibliothek zurückzuschalten, aber Hajs Schmerzen lähmen mich. Meine Schultern sind brettsteif, Schweiß strömt mir das Rückgrat hinab, und in meinen Handflächen sind rote Abdrücke, wo ich mir die Nägel ins Fleisch gebohrt habe. Ich sehe zu Spider hinüber, der mit einem Plastiklöffel Käsekuchen spachtelt, ganz gefangen von seinem Militärmagazin, jedenfalls gibt er sich so. Ob Anton und Benny ihm wohl eine Kundenbewertung zukommen lassen werden? Eins a, dein kleiner Elektroschocker, Spider. Der Knabe hat schon nach zwei Sekunden Rotz und Wasser geheult.
Aus der Ferne Wasserrauschen – hastig schalte ich von Salon zu Badezimmer und komme gerade rechtzeitig zu den zotigen Duschgesängen von Benny und Anton, die ihr Opfer säubern. Zögernd finde ich mich damit ab, daß ich ihn vielleicht doch allein wieder auf die Beine kommen lassen sollte, als ganz im Hintergrund verstohlen eine Tür auf- und wieder zuklickt. Und da keine Schritte dazu hörbar werden, weiß ich, Philip der Samtweiche ist gekommen, um den Platz des übereifrigen Tabizi einzunehmen.
Philip: Danke, Jungs.
Er dankt ihnen nicht, er schickt sie weg. Dieselbe T ür öffnet und schließt sich erneut, und nun ist Philip allein. In der Nähe höre ich das Klirren von Glas. Philip hat ein Getränketablett aufgehoben und plaziert es an einer Stelle, die ihm mehr zusagt. Er setzt sich auf ein Sofa oder in einen Sessel, setzt sich noch einmal um, lehnt sich zurück. Dann höre ich das langsame Klacken lindgrüner Krokosohlen auf Steinfliesen.
Philip: Geht ’s mit dem Sitzen?
Haj setzt sich auf irgendein Polsterm öbel, flucht.
Philip: Sie haben das Mittagessen verpa ßt. Ich habe Ihnen ein bißchen Thunfischsalat mitgebracht. Nein?
Wie w är’s dann mit einem verdünnten Scotch? (Er gießt auf Verdacht einen ein: ein Spritzer, sehr viel Sodawasser, zweifaches Platschen von Eiswürfeln)
Sein Ton ist unbeteiligt. Was soeben passiert ist, hat nichts mit ihm zu tun.
Philip: Ein paar Worte zu Marius. Ihrem ausgezeichneten Freund und Kollegen aus Pariser Zeiten. Ja? Einem von f ünf vielversprechenden jungen Partnern in einer multinationalen Risikokapital-Gesellschaft namens Union Minière des Grands Lacs. Der Nummer zwei seiner Firma in Johannesburg, immerhin, mit Schwerpunkt Ostkongo.
Rascheln, ein Blatt Papier wird auseinandergefaltet.
Haj: (Auf Englisch, wohl eine der wenigen Wendungen, die er beherrscht) Fuck off.
Philip: Die Union Mini ère des Grands Lacs ist zu hundert Prozent im Besitz eines niederländischen Multis mit Sitz auf den Antillen. Habe ich Ihre Aufmerksamkeit? Gut. Und der Name des Multis ist – ja?
Haj: (Undeutlich grummelnd) Hogen[?]
Philip: Und die Gesch äftsmaxime?
Haj: Handel statt Krieg.
Ph: Aber wem geh ört Hogen? Dem sind Sie nicht nachgegangen. Eine Stiftung in Liechtenstein ist Eigner von Hogen, und unter normalen Umständen wäre das das Ende der Fahnenstange. In diesem besonderen Fall allerdings haben wir das Glück, Ihnen eine komplette Besetzungsliste vorlegen zu können.
Die Namen, die er vorliest, sagen mir nichts, und Haj, so mein Eindruck, auch nicht. Erst als Philip zu ihren Bet ätigungsfeldern kommt, zieht sich mir der Magen zusammen.
Philip: Wall-Street-Broker und ehemaliger Berater des Pr äsidenten … Vorstandsvorsitzender der PanAtlantic Oil Corporation in Denver, Colorado … ehemaliges Mitglied des Nationalen Sicherheitsrats, Vizepräsident von Amermine Gold & Finance Corporation in Dallas, Texas … Chefberater des Pentagon für Mineralienbeschaffung und -vorratshaltung … Vizepräsident von Grayson-Halliburton Communications Enterprise …
Neun Namen stehen auf meinem Block, als er zum Ende kommt: in der Summe, wenn Philip zu glauben ist, ein Who ’s Who des amerikanischen wirtschaftlichen und politischen Establishments, praktisch ununterscheidbar von der Regierung, wie er voll Genugtuung
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