Geheime Melodie
zu schützen: mich. Er zog seine Informationen ungeniert aus dem Duell auf der Treppe zum Pavillon und sparte sich all die üblichen Verrenkungen zur Verschleierung ihres Ursprungs, diese verschämten Verweise auf »reguläre und bewährte Informanten« oder »verläßliche Kanäle«, mit denen Mr. Andersons Schreibtischbeamten ihre Berichte verunklaren. Nur ein Folterer, dessen Opfer nie wieder das Licht des Tages erblicken, geht so sorglos zu Werke.
Als erstes erkundigt sich Tabizi in seinem rauhen Franz ösisch nach dem Gesundheitszustand von Hajs Vater Luc.
Schlecht. Ganz schlecht. Liegt im Sterben.
Wo ?
Krankenhaus.
Krankenhaus wo?
Kapstadt.
Wel ch es ?
Haj dr ückt sich vorsichtig aus, und das mit gutem Grund. Er lügt. Sie haben ihm eine Kostprobe des Elektroschockers angedeihen lassen, aber offenbar keine ausreichende. Tabizi fragt noch einmal: Welches Krankenhaus in Kapstadt? Seine Schuhe klappern rastlos. Vor meinem inneren Auge sehe ich ihn Haj umkreisen, w ährend er seine Fragen herausbellt – vielleicht gelegentlich selber mit anpackt, aber im wesentlichen überläßt er die Sache seinen beiden Gehilfen.
Tabizi: Dann ist Luc also in gar keiner Schei ß-Klinik, oder … oder … oder? … Okay. Also ist es eine Lüge … auf wessen Mist gewachsen? Lucs? … Deinem eigenen? … und wo ist Luc jetzt … Wo ist er? … Wo ist Luc? … Wo Luc ist, habe ich gefragt! … In Kapstadt, na siehst du. Nächstes Mal spar dir das Theater. Luc ist also in Kapstadt, aber nicht in der Klinik. Was macht er da? Lauter! … Golf … entzückend. Und mit wem spielt er Golf? Mit dem dicken Herrn aus Holland? … Er spielt Golf mit seinem Bruder! … Dem Bruder von dem dicken Holländer oder seinem eigenen? … Seinem eigenen Bruder … rührend … und wie heißt dieser Bruder? … Étienne? … Dein Onkel Etienne? … Älter oder jünger? … Jünger … Und wie heißt gleich wieder der Holländer? … Ich habe gesagt, der Holländer … ich habe gesagt, der Holländer … der dicke Holländer, von dem wir gerade geredet haben … der Holländer, mit dem dein Vater heute nicht Golf spielt … der dicke Holländer, der mit dir in Paris studiert hat, der mit den Zigarren … Fällt’s dir jetzt wieder ein? … fällt’s dir jetzt wieder ein? … Der dicke Holländer, mit dem sich dein Vater in Nairobi getroffen hat, dank deiner Vermittlung, du kleiner Scheißer … Reicht’s dir immer noch nicht? … Sollen die Jungs mal bis zum Anschlag aufdrehen, damit du wei ßt, wie sich das anfühlt? … Marius … Marius heißt er also … Marius, und wie noch? … Laßt ihn mal kurz Luft holen, daß er reden kann … Gut, nein, laßt ihn nicht Luft holen, dreht hoch, bis … van Tonge … er heißt Marius van Tonge. Und was macht Marius van To nge beruflich ? … R isikokapital … einer von fünf Partnern … Na schau, ist doch gar nicht so schwer, mach einfach weiter so, hör auf, mich zu verscheißern, und wir drehen ein klein bißchen runter … nicht zu viel, damit du nicht vergißt, wie’s geht … Dieser Marius hat dich also hergeschickt, damit du uns ausspionierst? … Du spionierst für Marius … du spionierst für das fette Holländerschwein, er zahlt dir einen Haufen Geld, damit du ihm alles steckst, was wir hier besprechen … stimmt’s? … Stimmt’s? … Stimmt’s? Nein ! Er sagt nein. Mal angenommen, das ist die Wahrheit … angenommen, du spionierst nicht für Marius, dann spionierst du für Luc, gib’s zu. Du bist Lucs Spion, und wenn du heimkommst, erzählst du alles brühwarm deinem Papi, und der läuft damit schnurstracks zu Marius und schlägt noch einen besseren Deal raus … auch nein? … Auch nein … auch nein … immer noch nein? … Immer noch nein? … Schlaf mir nicht ein hier … glaub nicht, daß dich jemand hier schlafen läßt … mach die Augen auf … wenn du in fünfzehn Sekunden nicht die Augen offen hast, dann wecken wir dich, wie du in deinem ganzen Leben nicht geweckt worden bist … Schon besser … viel besser … Gut, dann bist du also aus eigenem Antrieb hergekommen … du bist dein eigener Herr … dein Papi spielt mit und stellt sich krank, damit du aus eigenem Antrieb herkommen konntest … du willst was nicht? … Krieg! … Du willst keinen neuerlichen Krieg … du glaubst an Versöhnung mit Ruanda … du willst ein Handelsabkommen mit Ruanda … wann? Im nächsten Jahrtausend? (Lachen) … Du willst einen gemeinsamen Markt für sämtliche Nationen der Großen Seen
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