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Geheime Spiel

Geheime Spiel

Titel: Geheime Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Morton
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denselben Baum ein, und sie würde wahrscheinlich als alte Jungfer enden. Außerdem, fügte Nancy weise hinzu, könne es nicht schaden, darauf zu achten, dass aus den oberen Etagen im Haus nichts verschwand, da anzunehmen sei, dass Miss Starling für ihr Alter vorsorgte.
    Nancy war nicht die Einzige, die Miss Starling gegenüber misstrauisch war. Das Erscheinen dieser stillen, bescheidenen und, nach allem, was man hörte, äußerst gewissenhaften Frau löste unter den Bediensteten einen Aufruhr aus, den man heute nicht mehr nachvollziehen kann.
    Es war ihre Stellung, die diese Unsicherheit bewirkte. Es war nicht recht, meinte Mrs Townsend, dass eine junge Frau der Mittelklasse sich bei den Herrschaften Freiheiten herausnahm, sich ins Büro Seiner Lordschaft setzte
und ein Auftreten und Gebaren an den Tag legte, das ihr nicht zustand. Und obwohl es äußerst unwahrscheinlich war, dass man Miss Starling mit ihrem vernünftigen mausbraunen Haar, ihren selbst genähten Kleidern und ihrem zaghaften Lächeln den Vorwurf machen konnte, sich unbotmäßig zu verhalten, konnte ich Mrs Townsends Argwohn verstehen. Die Grenzen zwischen oben und unten waren einst klar und deutlich gewesen, aber seit Miss Starlings Ankunft gerieten bis dahin unumstößliche Gesetze ins Wanken.
    Eine Zeit lang war sie weder eine von denen in den oberen Etagen, noch gehörte sie zu uns ins Untergeschoss.
    Ihre Anwesenheit im Dienstbotenzimmer an jenem Nachmittag führte dazu, dass Mr Hamiltons Wangen sich röteten und seine Finger nervös an seinem Kragen nestelten. Ihre merkwürdige, unklare Stellung verwirrte ihn zutiefst, denn er betrachtete die arme, ahnungslose Frau als seine Widersacherin. Zwar war er als Butler verantwortlich für die Organisation des gesamten Haushalts, aber als Sekretärin hatte sie im Gegensatz zu ihm Zugang zu den schillernden Geheimnissen der Familiengeschäfte.
    Mr Hamilton zog seine goldene Taschenuhr hervor und verglich mit großer Geste die Zeit mit der Wanduhr. Er war unglaublich stolz auf diese Taschenuhr, ein Geschenk des ehemaligen Lord Ashbury. Mit ihrer Hilfe konnte er jederzeit die Aufmerksamkeit auf sich lenken, und in schwierigen oder unangenehmen Situationen verlieh sie ihm Autorität. Mit seinem blassen Daumen fuhr er über das Glas. »Wo ist Alfred?«, fragte er schließlich.
    »Er ist oben und deckt den Tisch, Mr Hamilton«, antwortete ich, erleichtert, dass der pralle Ballon des Schweigens endlich geplatzt war.

    »Immer noch?« Mr Hamilton klappte die Taschenuhr zu, froh, etwas gefunden zu haben, worauf er seinen Unmut konzentrieren konnte. »Ich habe ihn schon vor einer Viertelstunde mit den Brandygläsern nach oben geschickt. Also wirklich, dieser Junge. Ich möchte mal wissen, was die ihm bei der Armee beigebracht haben. Seit er wieder zurück ist, ist er zu nichts mehr zu gebrauchen. «
    Ich zuckte zusammen, als hätte die Kritik mir gegolten.
    »So ist das mit den meisten, die zurückgekommen sind«, sagte Nancy. »Manche, die am Bahnhof ankommen, verhalten sich sehr merkwürdig …« Sie hörte auf, das Weinglas zu polieren, und suchte nach den richtigen Worten. »Nervös und irgendwie gereizt.«
    »Ja, gereizt«, sagte Mrs Townsend kopfschüttelnd. »Er braucht einfach mal wieder gutes Essen. Du wärst auch gereizt, wenn du von Armeerationen hättest leben müssen. Also wirklich. Rindfleisch in Dosen ?«
    Miss Starling räusperte sich und sagte ein wenig gestelzt: »Ich glaube, das nennt man Kriegsneurose.« Sie blickte sich schüchtern um, als alle schwiegen. »Das habe ich jedenfalls gelesen. Viele der Männer leiden darunter. Sie dürfen also nicht zu streng mit Alfred sein.«
    Meine Hand rutschte aus, und schwarze Teeblätter rieselten auf den Tisch.
    Mrs Townsend legte ihre Teigrolle beiseite und schob ihre mehlbestäubten Ärmel hoch. Ihre Wangen hatten sich gerötet. »Also, jetzt hört mir mal gut zu«, sagte sie mit einer Autorität, die normalerweise nur Polizisten und Müttern vorbehalten war. »Solche Reden dulde ich in meiner Küche nicht. Alfred fehlt nichts, was sich nicht mit ein paar guten Mahlzeiten aus meiner Küche beheben ließe.«

    »Selbstverständlich nicht, Mrs Townsend«, sagte ich, während ich zu Miss Starling herüberschielte. »Wenn Alfred erst mal wieder regelmäßig Ihre gute Hausmannskost vorgesetzt bekommt, wird er bald wieder der Alte sein.«
    »Natürlich kann ich nicht mehr so kochen wie früher, bevor der U-Boot-Krieg uns diese Rationierungen beschert

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