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Geheime Spiel

Geheime Spiel

Titel: Geheime Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Morton
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nehmen konnte.
    Als Hannah mir davon erzählte, sagte sie, in dem Moment, als er tropfnass und zitternd mit ihrem Medaillon in der großen Hand vor ihr gestanden habe, sei sie sich ganz plötzlich und intensiv seiner Körperlichkeit bewusst geworden. Seine nasse Haut, die Art, wie das Hemd an seinen Armen geklebt hatte, seine dunklen Augen siegessicher auf sie gerichtet. Nie zuvor habe sie so etwas empfunden – wie auch und für wen? Sie habe sich danach gesehnt, dass er sie in den Armen halten würde, genauso fest, wie er ihr Medaillon hielt.
    Natürlich tat er nichts dergleichen, sondern überreichte ihr nur stolz lächelnd das Medaillon. Sie nahm es dankbar entgegen und wandte sich ab, als er sich mühsam die trockenen Kleider über die nassen zog.
    Aber der Keim war gelegt.

Der Ball
    H annahs Ball ging ohne die kleinste Panne über die Bühne. Die Musiker und der Champagner trafen ein wie bestellt, und Dudley brachte alle Pflanzen aus dem Gewächshaus herüber, um die unzureichenden Blumenarrangements aufzustocken. Die Kamine an beiden Enden des Saals wurden beheizt, damit die Gäste es behaglich warm hatten.
    Der Ballsaal glänzte und glitzerte. Kronleuchter funkelten, schwarze und weiße Kacheln schimmerten, und die Gäste strahlten. In der Mitte des Saals hatten sich fünfundzwanzig kichernde junge Damen versammelt, selbstbewusst in ihren teuren Kleidern und weißen Handschuhen, stolz auf ihren kostbaren Familienschmuck. Den Mittelpunkt bildete Emmeline. Obwohl sie mit ihren fünfzehn Jahren jünger war als die anderen, hatte Lady Clementine ihre Teilnahme unter der Bedingung erlaubt, dass sie den heiratsfähigen Männern nicht den Kopf verdrehte und damit die Chancen der anderen Mädchen zunichtemachte. Ein ganzes Bataillon pelzbehängter Anstandsdamen hockte auf goldfarbenen Stühlen entlang der Wand, die Wärmflaschen unter den Muff gepackt. Die Altgedienten unter ihnen erkannte man daran, dass sie sich Lektüre oder Strickzeug mitgebracht hatten, um sich die Zeit bis zu den frühen Morgenstunden zu vertreiben.

    Die Herren dagegen stellten eine ziemlich bunte Mischung dar, lauter Freiwillige, die dem Ruf zum Dienst an der Heimatfront pflichtbewusst gefolgt waren. Zu den wenigen Männern, die man noch guten Gewissens als »jung« bezeichnen konnte, gehörten zwei rotgesichtige walisische Brüder, die von Lady Violets Großkusine für das Ereignis aufgeboten worden waren, und der früh kahl gewordene Sohn eines örtlichen Lords, dessen Neigungen sich, wie ziemlich schnell klar wurde, nicht auf das weibliche Geschlecht erstreckten. Neben diesen Abkömmlingen des Provinzadels wirkte Teddy mit seinen schwarzen Haaren, dem Filmstarschnurrbart und seiner amerikanischen Kleidung hinreißend attraktiv.
    Als der Duft der prasselnden Kaminfeuer den Ballsaal erfüllte und irisches Gedudel von den Klängen des Wiener Walzers abgelöst wurde, kamen die alten Herren zur Sache und begannen, den über den Saal verteilten jungen Damen den Hof zu machen, einige auf charmante, andere auf joviale Weise, die meisten jedoch ohne jeden Stil. Da Lady Violet immer noch mit hohem Fieber im Bett lag, hatte Lady Clementine die Hartford-Schwestern unter ihre Fittiche genommen. Mit versteinerter Miene beobachtete sie, wie ein pickelgesichtiger junger Mann auf Hannah zusteuerte, um sie zum Tanz aufzufordern.
    Teddy, der ebenfalls auf dem Weg zu Hannah gewesen war, wandte sich daraufhin breit lächelnd Emmeline zu. Strahlend erhob sie sich, ohne Lady Clementines missbilligende Blicke zu beachten, machte einen Knicks, senkte kokett die Lider, um die Augen gleich darauf wieder weit zu öffnen und sich zu voller Größe aufzurichten. Richtig tanzen konnte sie zwar immer noch nicht, aber das Geld, das sich Mr Frederick für die Privatstunden bei einer Gesellschafterin zu zahlen genötigt gefühlt hatte, erwies sich als gute Investition. Als die beiden übers
Parkett schwebten, fiel mir auf, wie eng Emmeline Teddy umarmte, wie sie ihm an den Lippen hing, wenn er etwas sagte, und zu laut lachte, wenn er einen Scherz machte.
    Die Stimmung stieg, und mit jedem Tanz wurde es heißer im Ballsaal. Schweißgeruch mischte sich mit dem Rauch grüner Holzscheite, und als Mrs Townsend mich mit den Consommé-Tassen nach oben schickte, hatten sich die ersten eleganten Frisuren bereits aufgelöst und die Hitze die Wangen zum Glühen gebracht. Nach allem, was zu hören war, amüsierten sich die Gäste prächtig, mit der bemerkenswerten Ausnahme von Fannys

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