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Geheime Spiel

Geheime Spiel

Titel: Geheime Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Morton
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»Sie haben mich, Ma’am.«
    Als unsere Blicke sich begegnen, nimmt sie meine Hand. Drückt sie beinahe grob. »Verlass mich nicht, Grace. Bitte, verlass mich nicht.«
    »Das werde ich nicht, Ma’am«, sage ich, gerührt von ihrer Ernsthaftigkeit. »Ich werde Sie niemals verlassen.«
    »Versprichst du es mir?«
    »Ich verspreche es.«
    Und ich habe mein Wort gehalten. Auf Gedeih und Verderb.

Die Auferstehung
    D unkelheit. Stille. Schattenhafte Gestalten. Das ist nicht London. Das ist nicht der Wintergarten am Grosvenor Square Nummer siebzehn. Hannah ist verschwunden. Vorerst.
    »Willkommen zu Hause.« Jemand beugt sich im Dunkeln über mich.
    Ich blinzle. Dann noch einmal. Vorsichtig.
    Ich erkenne die Stimme. Es ist Sylvia, und plötzlich bin ich alt und müde.
    Selbst meine Augenlider funktionieren nicht mehr. Sind wie zwei ausgeblichene Rollos mit ausgeleierten Federn.
    »Sie haben lange geschlafen. Wir haben uns schon Sorgen gemacht. Wie fühlen Sie sich?«
    Verloren. Übrig geblieben. Außerhalb der Zeit.
    »Möchten Sie ein Glas Wasser?«
    Ich muss wohl genickt haben, denn plötzlich habe ich einen Strohhalm im Mund. Ich sauge. Lauwarmes Wasser. Wie immer.
    Aus unerklärlichen Gründen bin ich traurig. Nein, nicht aus unerklärlichen Gründen. Ich bin traurig, weil die Waagschalen gekippt sind und ich weiß, was kommt.

    Es ist wieder Samstag. Seit der Frühjahrskirmes ist eine Woche vergangen. Seit dem Vorfall , wie sie es inzwischen nennen. Ich bin in meinem Zimmer, liege in meinem Bett. Die Vorhänge sind aufgezogen, und die Sonne schimmert über dem Hügel. Es ist Vormittag, Vögel zwitschern. Ich erwarte Besuch. Sylvia war hier und hat mich vorbereitet. Wie eine Stoffpuppe hat sie mich gegen einen Stapel Kissen gelehnt. Das Laken ist fein säuberlich über die Decke geschlagen und bildet einen breiten, weißen Streifen unter meinen Händen. Sylvia ist wild entschlossen, mich präsentabel aussehen zu lassen. Die Gute hat mir sogar die Haare gebürstet.
    Es klopft.
    Ursula steckt den Kopf zur Tür herein, vergewissert sich, dass ich wach bin, lächelt. Heute trägt sie einen Haarreifen, der den Blick auf ihr Gesicht freigibt. Es ist ein kleines, rundes Gesicht, zu dem ich mich seltsamerweise sehr hingezogen fühle.
    Jetzt steht sie neben meinem Bett, den Kopf geneigt, und schaut mich an. Diese großen, dunklen Augen: Augen, die in ein Ölgemälde gehören.
    »Wie geht es Ihnen?«, fragt sie, so wie alle fragen.
    »Viel besser. Danke, dass Sie gekommen sind.«
    Sie schüttelt energisch den Kopf; keine Ursache, sagt die Geste. »Ich wäre schon früher gekommen. Ich habe es erst gestern erfahren, als ich angerufen habe.«
    »Das ist auch gut so. Ich werde ziemlich belagert. Meine Tochter hat sich hier einquartiert, nachdem es passiert ist. Sie hat einen ordentlichen Schrecken bekommen. «
    »Ich weiß. Ich habe sie in der Einganghalle getroffen.« Sie lächelt verschwörerisch. »Sie hat mir gesagt, ich soll Sie nicht aufregen.«
    »Um Gottes willen.«

    Sie setzt sich auf den Stuhl neben dem Kopfende, stellt ihre Tasche auf den Boden.
    »Der Film«, sage ich. »Erzählen Sie mir, wie Sie mit Ihrem Film vorankommen.«
    »Er ist fast fertig«, antwortet sie. »Die letzten Schnitte sind gemacht. Die Musik für den Abspann und der Soundtrack sind fast fertig.«
    »Soundtrack«, wiederhole ich. Natürlich haben sie einen Soundtrack. Eine Tragödie muss immer mit Musik untermalt werden. »Was für Musik?«
    »Es gibt ein paar Stücke aus den Zwanzigerjahren«, sagt sie. »Hauptsächlich Tanzmusik, ein paar Klavierstücke. Traurige, schöne, romantische Klavierstücke im Stil von Tori Amos.«
    Ich muss wohl verständnislos dreinschauen, denn sie fährt fort, Musiker aufzuzählen, die mir vielleicht eher etwas sagen könnten.
    »Ein bisschen Debussy und Prokofjew.«
    »Chopin?«
    Sie hebt die Brauen. »Chopin? Nein. Brauchen wir Chopin?« Sie sieht mich entgeistert an. »Sagen Sie bloß, eine der Schwestern war verrückt nach Chopin?«
    »Nein«, sage ich. »Es war ihr Bruder – David. Der hat Chopin gespielt.«
    »Oh, Gott sei Dank. Er spielt keine der Hauptrollen. Er ist ein bisschen zu früh gestorben, um den Lauf der Dinge groß zu beeinflussen.«
    Darüber ließe sich streiten, aber ich sage nichts.
    »Wie ist der Film geworden?«, frage ich. »Ist er gut?«
    Sie beißt sich auf die Lippe, atmet aus. »Ich glaube schon. Ich hoffe es. Ich fürchte, ich kann das gar nicht mehr richtig beurteilen.«
    »Ist er

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