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Geheime Spiel

Geheime Spiel

Titel: Geheime Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Morton
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zu fangende Fisch war in Reichweite gekommen. Ich konnte seine schillernden Schuppen erkennen, sah ihn durch das Schilf huschen, aus dem Schatten herausgleiten …
    »Aber das ist nur der erste Schritt. Ich werde sparen und sparen, und eines Tages werde ich ein Geschäft haben mit einem Schild über der Tür, wo Alfred Steeple draufsteht, du wirst schon sehen.«
    … ins Licht. War es möglich, dass ihre Bestürzung gar nichts mit der Loyalität gegenüber ihrer ehemaligen Mistress zu tun hatte? Sondern vielmehr damit, dass der Mann, den sie einst geliebt hatte – und den sie bis zuletzt liebte –, womöglich die Absicht hatte, wieder zu heiraten? Dass meine Mutter und Mr Frederick …? Dass sie vor all den Jahren, als sie auf Riverton in Stellung war …?
    »Ich hab gewartet und gewartet, Grace, weil ich dir etwas bieten wollte. Etwas Besseres, als ich es jetzt kann …«
    Aber das konnte nicht sein. Es wäre ein Skandal gewesen. Die Leute hätten davon gewusst. Ich hätte davon gewusst. Oder nicht?
    Erinnerungen, aufgeschnappte Bemerkungen fielen mir ein. War es das, was Lady Violet gemeint hatte, als sie Lady Clementine gegenüber etwas von einer abscheulichen Sache erwähnt hatte? Hatten die Leute es gewusst? Hatte es auf Riverton vor zweiundzwanzig Jahren einen Skandal gegeben, als eine Frau aus dem Dorf in Schimpf und Schande aus dem Haus gejagt wurde, schwanger von einem der Söhne der Mistress?
    Aber wenn es so gewesen war, warum hatte Lady Violet mich dann in ihren Dienst genommen? Ich hätte sie doch sicherlich auf unangenehme Weise an die Vergangenheit erinnert?

    Es sei denn, es war eine Art Wiedergutmachung. Der Preis für das Schweigen meiner Mutter. War meine Mutter sich deswegen so sicher gewesen, dass ich auf Riverton eine Anstellung finden würde?
    Und dann plötzlich wusste ich es. Der Fisch kam aus dem Schatten hervor, und seine Schuppen glänzten im Sonnenlicht. Wieso hatte ich es nicht schon eher begriffen? Die Verbitterung meiner Mutter, Mr Fredericks Weigerung, wieder zu heiraten. Mit einem Mal ergab das alles einen Sinn. Auch er hatte meine Mutter geliebt. Deswegen war er zu ihrer Beerdigung gekommen. Deswegen hatte er mich oft so seltsam angesehen, als hätte er ein Gespenst erblickt. Deswegen hatte er nichts dagegen gehabt, dass ich Riverton verließ, deswegen hatte er Hannah gesagt, er brauche mich dort nicht.
    »Gracie, ich …« Alfred nahm meine Hand.
    Hannah. Ich erstarrte, als mir eine Erkenntnis kam.
    Ich schnappte nach Luft. Es erklärte so vieles: die tiefe Verbundenheit – wie Schwestern –, die wir empfanden.
    Alfred hielt meine Hand fest, verhinderte, dass ich stürzte. »Ganz ruhig, Gracie«, sagte er, nervös lächelnd. »Du brauchst ja nicht gleich in Ohnmacht zu fallen.«
    Meine Beine gaben unter mir nach, ich fühlte mich, als hätte ich mich in unzählige Einzelteile aufgelöst, als rieselte ich wie Sand aus einem Eimer.
    Wusste Hannah Bescheid? Hatte sie deswegen darauf bestanden, mich mit nach London zu nehmen? Hatte sie sich deshalb an mich gewandt, als sie sich so einsam fühlte? Mich angefleht, sie niemals zu verlassen? Mir das Versprechen abgenommen?
    »Grace?«, sagte Alfred, einen Arm um mich gelegt, um mich zu stützen. »Geht es dir gut?«
    Ich nickte, versuchte, etwas zu sagen. Brachte kein Wort heraus.

    »Gott sei Dank«, sagte er. »Denn ich bin noch nicht fertig. Aber ich glaube, du ahnst schon, was kommt.«
    Dass ich etwas ahnte? Über meine Mutter und Mr Frederick? Über Hannah? Nein. Alfred hatte mir etwas erzählt. Worüber? Sein neues Geschäft, seinen Kriegskameraden …
    »Gracie«, sagte Alfred und nahm meine Hände. Er lächelte mich an und schluckte. »Würdest du mir die Ehre erweisen, meine Frau zu werden?«
    Plötzlich war ich hellwach. Ich blinzelte. Konnte nicht sprechen. Meine Gedanken und Gefühle überstürzten sich. Alfred hatte mir einen Heiratsantrag gemacht. Alfred, den ich liebte, stand vor mir und wartete auf meine Antwort. Meine Lippen formten Worte, aber meine Stimme wollte mir nicht gehorchen.
    »Grace?«, sagte Alfred mit erwartungsvoll geweiteten Augen.
    Ich spürte, wie ich lächelte, hörte mich lachen. Ich konnte gar nicht mehr aufhören. Und gleichzeitig weinte ich, heiße Tränen liefen mir über die Wangen. Ich nehme an, es war ein hysterischer Anfall: In den letzten Minuten war so viel über mich hereingebrochen, gab es plötzlich so vieles, das ich erst einmal verarbeiten musste. Der Schock der Erkenntnis, in welchem

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