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Geheime Spiel

Geheime Spiel

Titel: Geheime Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Morton
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einst eine Tradition auf Riverton gewesen, erklärte sie Teddy; warum sie nicht wieder ins Leben rufen?
    Teddy war entzückt. Seine Frau und seine Schwester zusammenarbeiten zu sehen, war schon lange sein größter Wunsch gewesen. Er gab Hannah völlig freie Hand, und sie nahm die Gelegenheit nur zu gern wahr. Sie hatte ihre Gründe. Heute weiß ich das. Aus einer großen, aufgekratzten Menschenmenge kann man sich leichter davonstehlen als von einer kleinen Dinnerparty.
     
    Ursula schiebt mich langsam um den Ikarus-Brunnen herum. Er wurde offensichtlich gesäubert. Die blauen
Fliesen und der Marmor leuchten wie nie zuvor, aber Ikarus und seine drei Meerjungfrauen sind immer noch in der Szene erstarrt, wie der tote Ikarus aus dem Wasser gerettet wird. Ich blinzle, und die beiden geisterhaften Gestalten in weißen Petticoats, die sich auf dem Fliesenrand räkeln, sind wieder verschwunden.
    »Ich bin der König der Welt.« Der amerikanische Junge ist auf den Kopf der Nixe mit der Harfe gestiegen und breitet seine Arme aus.
    Beryl unterdrückt ihren Unmut und ruft mit aufgesetzter Freundlichkeit: »Komm da runter, Kleiner. Der Brunnen ist zum Anschauen da, nicht zum Herumklettern. « Sie zeigt mit dem Finger auf den Weg, der zum See führt. »Geh da hinunter. Du darfst nicht hinter die Absperrung, aber du kannst einen Blick auf unseren berühmten See werfen.«
    Der Junge springt vom Brunnenrand und landet vor meinen Füßen. Er wirft mir einen verächtlichen Blick zu, dann rennt er los. Seine Eltern und seine Schwester folgen ihm.
    Der Weg ist zu schmal für den Rollstuhl, aber ich möchte mir den See auch so gerne ansehen. Es ist derselbe Weg, dem ich in jener Nacht folgte. Ich bitte Ursula, mich beim Gehen zu stützen. Sie sieht mich skeptisch an.
    »Sind Sie sicher?«
    Ich nicke.
    Sie schiebt den Rollstuhl bis zu der Stelle, wo der Weg anfängt, und ich lege meine Arme um sie, während sie mich hochhievt. Wir bleiben einen Augenblick stehen, bis sie ihr Gleichgewicht gefunden hat, dann setzen wir uns langsam in Bewegung. Ich spüre kleine Steine unter meinen Schuhen, lange Grashalme streichen an meinem Rock entlang, in der warmen Luft schweben Libellen.

    Wir bleiben stehen, als die amerikanische Familie an uns vorbei zum Brunnen zurückgeht. Sie beschweren sich lautstark über die Bauarbeiten.
    »In Europa ist alles durch Baugerüste verdeckt«, lamentiert die Mutter.
    »Eigentlich müssten sie uns Geld zurückerstatten«, fügt der Vater hinzu.
    »Ich bin nur hierhergekommen, um zu sehen, wo er gestorben ist«, sagt das Mädchen in den schwarzen Lederstiefeln.
    Ursula grinst, und wir setzen unseren Weg fort. Das Hämmern wird lauter, je näher wir kommen. Nach vielen kleinen Pausen gelangen wir schließlich an die Absperrung, wo unser Weg endet. Sie befindet sich an derselben Stelle wie das Absperrband vor so vielen Jahren.
    Ich halte mich daran fest und schaue auf den See. Still liegt er da, nur am gegenüberliegenden Ufer kräuselt sich die Wasseroberfläche leicht. Das Sommerhaus ist zwar hinter Baufolie verborgen, aber die Geräusche der Bauarbeiten sind dennoch zu hören. Sie erinnern mich an das Jahr 1924, als die Handwerker sich beeilten, das Haus zur Party fertigzustellen. Vergeblich, wie sich herausstellte. Der Kalkstein wurde in Calais aufgrund von Zollschwierigkeiten festgehalten und traf, sehr zu Teddys Verdruss, nicht zum vorgesehenen Termin ein. Außerdem hatte er gehofft, dass das neue Teleskop rechtzeitig installiert sein würde, damit die Partygäste an den See kommen und den Nachthimmel dadurch betrachten konnten. Hannah besänftigte ihn.
    »Mach dir nichts draus«, sagte sie. »Wenn erst alles fertiggestellt ist, kannst du noch eine Party geben. Eine richtige Sterngucker-Party.« Sie sagte »du«, nicht »wir«. Sie hatte bereits aufgehört, sich als Teil von Teddys Zukunft zu betrachten.

    »Wahrscheinlich hast du recht«, erwiderte Teddy mit der Stimme eines quengelnden Kindes.
    »Es ist bestimmt besser so«, sagte Hannah. Sie neigte den Kopf zur Seite. »Vielleicht ist es gar keine so schlechte Idee, auf dem Weg zum See Absperrungen aufzustellen, damit die Leute nicht so dicht ans Ufer gehen. Es könnte gefährlich sein.«
    Teddy runzelte die Stirn. »Inwiefern gefährlich?«
    »Du weißt doch, wie Handwerker sind«, antwortete sie. »Wahrscheinlich sind sie auch an allen möglichen anderen Stellen noch nicht fertig geworden. Lass uns lieber warten, bis du Zeit findest, alles genau zu

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