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Geheime Spiel

Geheime Spiel

Titel: Geheime Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Morton
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deinen neuen Pflichten. So wie deine Hände aussehen, lassen sie dich da oben ganz schön hart arbeiten. «
    »Es geht«, sagte ich, gerührt von ihrem Mitgefühl. »Das Putzen und Waschen ist ziemlich anstrengend, aber alles andere ist nicht so schlimm.«
    »Ach?« Sie legte den Kopf schief.
    »Nancy arbeitet so viel am Bahnhof, dass ich jetzt ganz oft die Herrschaften bedienen muss.«
    »Das gefällt dir, nicht wahr?«, sagte sie ruhig. »Oben im Herrenhaus zu sein?«
    Ich nickte.
    »Und was gefällt dir daran?«
    Mich in vornehmen Zimmern aufzuhalten, umgeben von edlem Porzellan und Gemälden und Gobelins. Hannah
und Emmeline zuzuhören, wenn sie scherzten und einander aufzogen und ihren Träumen nachhingen. Mir fiel die Bemerkung ein, die meine Mutter vor einer Weile gemacht hatte, und plötzlich wusste ich, wie ich ihr eine Freude machen konnte. »Es macht mich glücklich«, sagte ich. Und dann gestand ich ihr etwas, das ich mir bisher nicht einmal selbst eingestanden hatte. »Eines Tages möchte ich gern eine Zofe werden.«
    Sie sah mich stirnrunzelnd an. »Als Zofe hast du eine gute Zukunft, meine Kleine«, sagte sie mit zitternder Stimme. »Aber Glück … Glück findet man nur am eigenen Feuer. Das kann man nicht in Nachbars Garten pflücken.«
     
    Als ich am späten Nachmittag auf dem Rückweg nach Riverton war, ging mir die Bemerkung meiner Mutter noch immer durch den Kopf. Natürlich hatte sie mich ermahnen wollen, nicht zu vergessen, wo mein Platz war, das tat sie jedes Mal. Sie wollte mich daran erinnern, dass ich mein Glück nur in den Kohlen des Feuers im Dienstbotenzimmer finden würde und nicht in den kostbaren Perlen im Zimmer einer vornehmen Dame. Aber die Hartfords waren keine Fremden. Und wenn es mich glücklich machte, in ihrer Nähe zu arbeiten, ihren Gesprächen zu lauschen, ihre schönen Kleider zu pflegen, was war falsch daran?
    Dann begriff ich plötzlich, dass sie eifersüchtig war. Sie beneidete mich um meine Stellung in dem vornehmen Haus. Sie hatte Penelope, die Mutter der Mädchen sehr gemocht, anders konnte es nicht sein: Deswegen hatte sie sich so aufgeregt, als ich davon gesprochen hatte, dass Mr Frederick womöglich wieder heiraten würde. Und dass ich jetzt die Arbeiten verrichtete, die einst zu ihren Pflichten gehört hatten, erinnerte sie an eine Welt,
die sie hatte aufgeben müssen. Andererseits war sie nicht dazu gezwungen gewesen, oder? Hannah hatte gesagt, dass Lady Violet schon öfter Familien eingestellt hatte. Und wenn meine Mutter neidisch auf mich war, warum hatte sie dann so darauf gedrängt, dass ich die Stellung auf Riverton annahm?
    Wütend trat ich gegen einen Erdklumpen, den ein Pferdehuf aufgeworfen hatte. Es war einfach unmöglich. Niemals würde ich den Knoten aus Geheimnissen entwirren, der zwischen uns stand. Und wenn meine Mutter es nicht für nötig hielt, offen mit mir zu sprechen, anstatt mir mysteriöse Moralpredigten zu halten, wie konnte sie dann von mir erwarten, dass ich ihren Erwartungen entsprach?
    Ich atmete tief aus. Es ging nicht. Meine Mutter ließ mir keine andere Wahl, als meinen eigenen Weg einzuschlagen – und genau das würde ich tun. Und wenn das bedeutete, eine höhere Stellung im Haus anzustreben, warum nicht?
    Am Ende des von Bäumen gesäumten Wegs blieb ich einen Augenblick lang stehen, um das Haus noch einmal zu betrachten. Die Sonne stand schon tief, und Riverton lag in völligem Schatten. Ein riesiger schwarzer Käfer auf dem Hügel, niedergedrückt von der Hitze und seinen eigenen Sorgen. Dennoch war ich von einem tiefen Gefühl der Geborgenheit erfüllt, als ich dort stand. Zum ersten Mal in meinem Leben fühlte ich mich sicher; irgendwo auf dem Weg vom Dorf nach Riverton hatte ich die Angst verloren, hinweggefegt zu werden, wenn ich mich nicht festklammerte.
    Ich betrat das dunkle Untergeschoss und ging den schmalen Flur hinunter. Meine Schritte hallten auf dem kühlen Steinboden wider. In der Küche war alles still. Der Duft nach Rindfleischsuppe hing noch in der Luft,
aber es war niemand da. Hinter mir, im Dienstbotenzimmer, hörte ich die Wanduhr ticken. Ich lugte um die Ecke, aber auch dort war niemand. Ich nahm meinen Hut ab, hängte ihn an einen Kleiderhaken und glättete meinen Rock. Ich seufzte, und das Geräusch hatte einen seltsamen Klang in den leeren Räumen. Ich musste lächeln. Noch nie hatte ich das ganze Untergeschoss für mich allein gehabt.
    Ich warf einen Blick auf die Uhr. Erst in einer halben Stunde

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