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Geheime Tochter

Geheime Tochter

Titel: Geheime Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shilpi Somaya Gowda
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sich nicht mal durch das Geknalle und Getöse am Nachthimmel stören lässt. Sie nimmt das Geräusch der Wohnungstür, die sich öffnet und schließt, erst wahr, als sie Wasser in der Küche laufen hört. Sie dreht sich um und sieht Vijay über die Spüle gebeugt. »Vijay?« Sie geht zu ihm, bleibt dann stehen und schnappt nach Luft, als sie das Blut von seiner Schulter tropfen sieht. Sie eilt zu ihm. » Arre! Was ist passiert, beta? «
    »Ist nicht weiter schlimm, Ma. Der Schnitt ist nicht tief«, sagt er.
    Sie besteht darauf, dass er sein Hemd auszieht und sich an den Tisch setzt, während sie eine Schüssel mit warmem Wasser füllt und Verbandszeug holt. » Beta , was haben sie mit dir gemacht? Ich habe gewusst, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis irgendwas passiert. Die taugen nichts, diese Jungs, mit denen du dich abgibst. Pulin und die anderen. Die sind gefährlich, Vijay. Sieh doch nur, was sie mit dir gemacht haben!« Sie presst fest einen Lappen auf seine Schulter, bis die Blutung nachlässt, dann säubert sie die Wunde mit Wasser. »Bitte, beta , ich flehe dich an. Lass dich nicht länger mit denen ein.«

    »Ma, die waren das nicht«, sagt Vijay mit einem trotzigen Kopfschütteln. »Sie haben mir geholfen. Meine Brüder passen auf mich auf, verteidigen mich.« Kavita zuckt zusammen, als Vijay von Geschwistern spricht, ob real oder eingebildet. Sie beißt sich auf die Unterlippe, um die Tränen zu unterdrücken, die ihr in die Augen steigen. Das Telefon klingelt. Jemand, der anruft, um uns ein frohes Diwali zu wünschen? »Wir passen aufeinander auf, Ma. Wem kann man denn sonst vertrauen, hä? Der Polizei? Alle helfen doch immer nur sich selbst, Ma.«
    Das Telefonklingeln hört auf, und das Feuerwerk draußen knallt weiter. Jasu kommt ins Wohnzimmer. »Kavita …«, sagt er leise.
    Jasu benutzt sonst nie ihren ganzen Namen. Sie blickt auf.
    Der Anblick seines Sohnes, ohne Hemd und voller Blut, scheint ihn nicht zu irritieren. Er sieht sie direkt an. »Deine Mutter.«

37
Wahre indische Schönheit
    Mumbai, Indien – 2004
Asha

    »Asha, beti «, sagt ihre Großmutter beim Frühstück über den Tisch. »Wir gehen dieses Wochenende auf eine große Hochzeit. Das Rajaj-Mädchen heiratet. Hast du von der Familie Rajaj gehört? Sie stellt fast alles her, was an Auto-Rikschas und Motorrollern in ganz Indien unterwegs ist. Jedenfalls, es wird ein wunderbares Fest, und ich hab Priya gebeten, heute Nachmittag herzukommen und mit dir zu Kala Niketan zu gehen und etwas zum Anziehen zu kaufen. Einen hübschen salwar khameez oder vielleicht einen lengha? «
    »Ach, schon gut«, sagt Asha. »Ich will mich nicht aufdrängen, schließlich kenne ich die Leute ja gar nicht. Geht ihr ruhig ohne mich. Es macht mir nichts aus, zu Hause zu bleiben.«
    »Wieso aufdrängen? Unsinn!«, sagt Dadima. »Die Familie ist eingeladen, und du gehörst zur Familie, oder? Ob wir zwölf oder dreizehn sind, macht keinen Unterschied. Es werden Tausende Gäste kommen. Außerdem möchte ich, dass du das miterlebst. Eine richtige Mumbai-Hochzeit. Sehr schick. Also such dir was ganz Besonderes zum Anziehen aus, achha? Etwas … Farbenfrohes«, sagt sie mit Blick auf Ashas hellbraune Cargohose und graues T-Shirt. »Priya kommt dich nach dem Mittagessen abholen.«
    »Okay, Dadima.« Nach nur wenigen Wochen hat Ashagelernt, wann es nichts bringt, mit ihrer Großmutter zu diskutieren. Sie ist eine Respekt einflößende Frau, die alles, was sie tut, mit großer Resolutheit angeht, aber bei Asha zeigt sie sich nur von ihrer liebevollen Seite. Das hilft Asha, ihren Vater in einem neuen Licht zu sehen, als den Jungen, der von dieser Frau großgezogen und geformt worden war. Sie kann sogar Anklänge ihres Dads in Dadimas Lächeln erkennen. Sie hofft wirklich, dass ihre Eltern sie besuchen kommen, obwohl ihr Vater beim letzten Telefonat nichts dergleichen erwähnt hat. Ihre Mutter ließ sich erst am Schluss den Hörer geben, um zu fragen, ob Asha auch ihre wöchentliche Malariatablette nimmt.
    »Hallo, Asha? Wo bist du?«, ruft Priya vom Wohnungsflur aus. Sie bleibt an der Tür von Ashas Zimmer stehen, gekleidet in einen ärmellosen salwar khameez aus Chiffon in der Farbe von Mangolimonade, eine Sonnenbrille in einer Hand. Das schwarze Haar hängt ihr dicht und glatt auf die Schultern, die Hennatönung leuchtet rötlich im Sonnenlicht. »Ah, da bist du ja! Fertig?« Priya lässt ein selbstbewusstes Lächeln aufblitzen und hakt sich bei Asha ein. »Wir

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