Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geheime Tochter

Geheime Tochter

Titel: Geheime Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shilpi Somaya Gowda
Vom Netzwerk:
tragen, das ein bisschen unkomplizierter ist?«
    Priya betrachtet sie einen Moment, den Kopf zur Seite geneigt, einen unergründlichen Ausdruck im Gesicht. Asha spürt, wie ihre Wangen heiß werden vor Scham, weil sie sich keinen Sari zutraut.
    Plötzlich schwenkt Priya ihre Sonnenbrille und sagt zu den Männern hinter der Theke: » Achha, challo, gehen wir nach oben. Zeigen Sie uns bitte ein paar lenghas . Hochzeits- lenghas . Nur die besten. Jaldi .« Priya strebt Richtung Treppe, und Asha trottet hinterdrein. Ein lengha , wie Asha erfährt, ist ein zweiteiliges Kleidungsstück, das aus einem knöchellangen Rock mit Kordelzugbund und einem passenden Oberteil besteht. Die Gefahr, dass ihr der lange Rock vom Körper rutschen könnte, ist nicht gegeben, dafür könnte er sie aber ins Stolpern bringen. Priya sucht einen aus dunkelrosa Satin mit einer oberen Lage aus reinem Organza aus, dazu ein ärmelloses, mit schimmernden Silberperlen besticktes Top. Asha willigt ein, ihn anzuprobieren.
    Als sie hinter einem hauchdünnen Vorhang allein vor einem schmalen Spiegel steht, bestaunt Asha das extravagante Outfit. Der lengha sieht aus wie etwas, das man bei einer Oscar-Verleihung oder auf einem Schönheitswettbewerb erwarten würde. Sie fühlt sich unbehaglich, als wäre sie am falschen Tag in einem Halloween-Kostüm erwischt worden. Der lengha fühlt sich unbequem an. Der Rock hängt schwer an ihr, der Kordelzugbund schnürt ihr den Bauch ein. Der Ausschnitt kratzt am Hals, die Metallfäden und Perlen reizen die Haut.

    »Er ist perfekt!«, sagt Priya, als sie den Kopf in die Umkleidekabine steckt. »Sieh dich nur an, eine wahre indische Schönheit! Was meinst du?«
    »Prima«, sagt Asha, froh, wieder ihre Cargohose anziehen zu können. »Gehen wir.«
    »Wir fahren jetzt zu Tham. Komm doch auch dahin. Hinterher gehen wir essen«, sagt Priya in ihr Handy, als sie den Sari-Laden verlassen. »Das war Bindu«, erklärt sie Asha, sobald sie im Fond des Wagens eingestiegen sind. Sie sagt dem Fahrer, wo sie hinwollen, und setzt ihre Sonnenbrille wieder auf.
    »Wer ist Tham?« Asha hält eine mit Kordel verschnürte rote Schachtel auf dem Schoß, die ihren neuen lengha enthält.
    »Nicht wer, bena , was? Tham ist einer der besten Schönheitssalons in ganz Mumbai. Ich bringe dich zum Enthaaren, Asha.«
    »Enthaaren?«
    » Hahnji, bena, Enthaaren. Deine Arme?«, sagt sie und hebt eine Augenbraue über den Rand ihrer Sonnenbrille. »Dein lengha ist ärmellos, yaar , da kannst du das da doch nicht zeigen.« Priya deutet auf die Haare auf Ashas Unterarmen.
    »Ihr enthaart euch die Arme ? Geht das denn?«, fragt Asha, die nicht glauben will, dass ihre Cousine eine Lösung für das peinliche Problem hat, unter dem sie schon ihr Leben lang leidet.
    Priya wirft den Kopf in den Nacken und lacht. »Machst du Witze? Ich lasse mir alles enthaaren – Arme, Beine, Gesicht. Ich gehe all drei Wochen zu Tham und ich sage dir, die enthaaren mich da von Kopf bis Fuß. Hast du das noch nie gemacht?« Jetzt ist Priya diejenige, die sich wundert. »Unglaublich. Das machen alle hier, bena , es ist so normal wie Kokosnüsse bei einer puja «, sagt sie.
    »Tut das nicht weh?«, fragt Asha.
    Priya zuckte die Achseln. »Eigentlich nicht. Ein bisschen vielleicht. Aber du gewöhnst dich dran«, sagt sie, als wäre das völlig nebensächlich.
    Eine Stunde später ist Asha sich nicht sicher, ob sie so lässig über den Schmerz bei der Wachsenthaarung hinweggehen kann. Sie freut sich jedoch sehr über das Ergebnis: glatte Arme, die noch dazu nach Rosenblütenlotion duften. Das Tham ist voll mit indischen Frauen, von denen die meisten so jung sind wie Asha und ihre Cousinen, aber es sind auch Ältere da. Genau wie Priya erzählt hat, scheinen viele der Frauen den Tag hier zu verbringen, sich eine Behandlung nach der nächsten zu gönnen – Wachsenthaarung, epilieren mit Faden, bleichen, Brauen zupfen. Alle hier plaudern völlig ungeniert über die körperlichen Themen, die Asha seit der Pubertät insgeheim Probleme bereiten. Buschige Augenbrauen, stark behaarte Arme und fleckige Haut sind einfach häufige Ärgernisse, die hier bei Tham behandelt werden. Bindu und Priya müssen nicht allzu viel Überzeugungsarbeit leisten, bis Asha bereit ist, mal die Brauenzupfmethode per Faden auszuprobieren. Da bei dieser Prozedur offenbar weder Pinzette noch Rasierer noch Wachs im Spiel sind, werden sich die Schmerzen wohl in Grenzen halten.
    Sie hat nur teilweise recht. Sie

Weitere Kostenlose Bücher