Geheime Versuchung
sich zärtlich an seinem Wolf.
Doch als er todmüde, den Geschmack von Grace noch auf den Lippen, in tiefen Schlaf sank, träumte er wieder von dem Schrecklichen. »Nein! Nein.«
Der nächste Tag war vollkommen verrückt. Eine der Hauptlüftungsanlagen fiel ohne Vorwarnung aus und riss Grace und ihre Leute um sechs Uhr morgens aus dem Bett. Der Spezialist Paul ließ sie ununterbrochen bis fünf Uhr nachmittags arbeiten, bis alles gerichtet war. Erschöpft, aber zufrieden schlugen sie einander auf die Schulter und gingen ihrer Wege.
Erst nach der Dusche fiel Grace ein, dass Cooper nichts über eine Verabredung am Abend gesagt hatte, als er sich nach dem Fortschritt der Reparatur erkundigt hatte. Sie waren ja auch nicht allein gewesen, und Cooper wollte ihr sicher Zeit geben, sich an die Beziehung zu gewöhnen, bevor sie unvermeidlich öffentlich wurde.
Das würde nicht mehr lange dauern, da er sie schon vor anderen geküsst hatte. Raubtiergestaltwandler waren sehr besitzergreifend. Dass Cooper seine Instinkte so lange beherrscht hatte, nahm sie nur noch mehr für ihn ein.
»
Ich mag deine Küsse, du böses Mädchen.«
Es kribbelte in ihren Zehen. Sie sah sich die eingegangenen Nachrichten an. Eine von ihrem Bruder, aber nichts von Cooper. Dabei war er in der Höhle und hatte keine anderen Aufgaben außerhalb.
Nachdenklich setzte sie sich aufs Bett und überlegte. Cooper hatte sehr deutlich gemacht, dass er sie haben … sie behalten wollte. Wenn man in Betracht zog, dass dominante Männer sich von nichts aufhalten ließen, wenn sie eine Frau wollten, konnte seine Zurückhaltung nur bedeuten, dass er sie schon als sein Eigentum ansah, es für selbstverständlich hielt, dass sie ihre Freizeit zusammen verbrachten.
Eine subtile Form von Dominanz. Frau und Wölfin begehrten Cooper, doch sie hatten nicht vor, in allem nach seiner Pfeife zu tanzen.
7
Cooper wurde eiskalt. Niemand in der Höhle wusste, wo Grace war. Einen Anruf auf dem Handy würde sie natürlich als Versuch sehen, sie zu kontrollieren, doch er musste sich einfach davon überzeugen, dass es ihr gut ging. Der Regen tröpfelte nur noch, aber es war immer noch gefährlich auf den Straßen.
»Hallo, Coop.« Shamus stand neben ihm, bevor er die Nummer eingeben konnte. »Emma hat mich versetzt, sie isst auswärts mit Grace und Vivienne. Sollen wir uns Pizza holen?«
Nur mit Mühe verbarg Cooper seine Erleichterung. »Ich wollte gerade raus«, sagte er. »Ein wenig jagen. Aber im Aufenthaltsraum hängen ein paar von unseren Leuten herum.«
»Wir heben dir ein Stück auf.« Shamus machte sich auf den Weg und sah noch einmal zurück. »Ich war gerade draußen. Ab und zu fallen noch ein paar Tropfen, aber der Wind hat sich gelegt, und der Mond ist zu sehen – den besten Blick hat man bei den Zwillingswasserfällen.«
»Danke.« Cooper schob das Handy mit zitternder Hand in die Hosentasche und lehnte sich an die dicke Steinwand. Er wusste, dass er überreagierte und Grace damit erschrecken würde, denn selbst ein Wolfsoffizier zeigte normalerweise keinen solch starken Beschützerinstinkt. Keine Frau wollte mit einem Mann zusammen sein, der ihr keine Luft zum Atmen ließ, dessen Schutz ein Käfig wurde. Schon deshalb musste er sich unbedingt wieder in den Griff bekommen, bevor er sie wiedersah.
Cooper knurrte leise und lief so lange durch den Wald, bis er wieder klar denken konnte. Mit jeder Faser seines Herzens wollte er zu Grace, musste sich selbst davon überzeugen, dass sie am Leben war und es ihr gut ging, doch er hatte die Situation schon einmal falsch eingeschätzt. Wieder in der Höhle duschte er erst einmal, nahm sich dann in der Küche etwas zu essen und setzte sich schließlich ins Büro.
Wie üblich, wenn er so spät noch allein am Schreibtisch saß, kamen Gefährten vorbei, um mit ihm zu reden oder sich einen Rat zu holen. Die erste halbe Stunde ging schnell vorbei, die zweite war auch ganz in Ordnung. In der dritten und vierten war es, als steckten spitze Nägel unter der Haut seiner Fingerkuppen. Es war nur zu ertragen, weil er wusste, dass Grace nicht allein war und dass Shamus sicher Kontakt mit Emma hatte. Falls irgendetwas passierte, würde er Sekunden später davon erfahren.
Dann endlich sah er den Wagen mit den Frauen kommen. Die Scheinwerfer leuchteten im Dunkeln zwischen den Bäumen, bevor der SUV leise in die unterirdische Garage fuhr. Cooper beherrschte sich noch eine Viertelstunde, damit Grace sich in Ruhe umziehen konnte.
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