Geheime Versuchung
gezeichnet von dem Leben, das er früher hatte führen müssen, von den Entscheidungen, die er damals getroffen hatte. Er brauchte Zeit, um dem Glück zu vertrauen, zu akzeptieren, dass von nun an immer jemand an seiner Seite war. »Aber versprich mir eines.«
Aufmerksam hielt er mit dem Streicheln inne.
»Rede mit mir, wenn es ein Problem gibt. Verschließ dich nicht.« Davor fürchtete sie sich am meisten. Im Medialnet hatte Walker die Fassade von Silentium aufrechterhalten, war allen erbarmungslos, eiskalt und herzlos erschienen, obwohl er für seine Familie gekämpft hatte. Nie hatte er in seiner Treue gewankt, hatte sich ihrer Rettung vollkommen verschrieben. Dennoch hatte niemand auch nur vermutet, dass Walker der herrschenden Ordnung nicht loyal gegenüberstand.
Eine solche Selbstkontrolle konnte jemanden in Stein verwandeln.
Walker stimmte nicht sofort zu. »Ich werde es versuchen.« Er drückte sie an sich. »Doch die Stille, wenn auch nicht Silentium, ist ein Teil von mir.«
»Ich liebe deine Stille.« Er ruhte so in sich, stand so fest auf dem Boden, dass er ihr Anker geworden war. »Es würde mich nur verletzen, wenn du die Stille als Waffe nutztest.«
»Das wird nie geschehen.« Ein Schwur.
Sie lächelte, zeigte ihm offen, was sie für ihn empfand. Ein Außenstehender hätte leicht annehmen können, dass sie in der Beziehung den Kürzeren zog, weil sie ihre Gefühle so offen zeigte, während er die seinen kontrollierte, doch sie wusste es besser. Nie würde sie den Tag vergessen, an dem er ihr sein Herz geschenkt hatte.
»
Es ist geheilt, solange du dich nicht an den vielen Narben störst.«
Vernarbt und geschunden war sein Herz ein Geschenk, dessen Wert sie gar nicht hoch genug schätzen konnte.
»Marlee muss eine große Überraschung für alle gewesen sein«, sagte sie von Gefühlen überwältigt. Walkers Tochter redete viel, war immer fröhlich und hatte ein ansteckendes Lachen. Sie zeigte so offen und unschuldig ihre Freude, dass sie jünger wirkte, als sie war – doch ihre Arbeiten in der Schule zeugten von großer Intelligenz. Marlee liebte das Leben, so einfach war das.
»Ich weiß auch nicht, woher sie das hat.« Das leichte Lächeln auf Walkers Lippen verschwand. »Die Marlee, die du kennst, ist eine andere als das Mädchen im Medialnet.«
Lara erinnerte sich an den Tag, als die Laurens in die Höhle gekommen waren. Mehr als drei Jahre war das her. Sienna hatte die bewusstlose Marlee getragen, Walker Toby. Der Junge war so viel kleiner und zarter gewesen als jetzt. Beide Kinder hatte die Trennung vom Medialnet schwer getroffen: der brutale Schnitt von dem geistigen Netzwerk, das die Medialen mit dem überlebenswichtigen Biofeedback versorgte und sie gleichzeitig gefangen hielt, der Gnade des Rates und eines Programms ausgeliefert, das Freude und Liebe verbot. Die Laurens hatten die Trennung nur überlebt, weil sie sich sofort in einem kleinen Familiennetzwerk miteinander verbunden hatten.
Als Ersten hatte Lara Judd gesehen, dessen Killerblick die grimmigen Wolfssoldaten nicht aus den Augen ließ, die die Familie zur Krankenstation brachten. Sie wusste sofort, dass er töten würde, um die anderen zu schützen. Dann traf sie ein Blick aus den blassgrünen Augen eines Fremden, der ein Kind in seinen Armen hielt, und sie begriff, dass der äußerlich ruhig erscheinende Mann eine noch größere Gefahr sein konnte.
Als Marlee aus ihrer Ohnmacht erwachte, stand sie unter Schock, die großen Augen hatten dieselbe Farbe wie die Augen ihres Vaters und leuchteten in dem blassen Gesichtchen. Erst Monate später war ihre lebhafte Persönlichkeit zum Vorschein gekommen. Walker hatte jahrelang mit ansehen müssen, wie seine Tochter zu einem funktionierenden Rädchen der gut geölten Medialenmaschinerie gedrillt wurde, wie man ihren Geist zerstörte.
Sie nahm sein Gesicht in beide Hände. »Du hast sie dort herausgeholt, nie mehr wird sie ihre Persönlichkeit Silentium unterordnen müssen.«
Unerwartet blitzte Belustigung in seinen Augen auf. »Ihr jetzt noch Silentium aufzudrücken, das sollte erst einmal jemand versuchen.«
Lara lachte und schnappte nach Luft, als sie seine Hände auf ihrem Hinterteil spürte. »Du scheinst ganz wach zu sein.«
»Hmm.« Das tiefe Brummen war ihr schon vertraut, so hörte sich ihr Gefährte an, wenn er an etwas ganz Bestimmtem Interesse hatte.
Sie küsste ihn, als er sie auf sich zog und seine Hand in ihrem Haar vergrub. Ihre Brustwarzen rieben sich an
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