Geheimer Krieg: Wie von Deutschland aus der Kampf gegen den Terror gesteuert wird (German Edition)
US -Truppen in Stuttgart. Zu dieser Zeit war General Lucius Clay der wesentliche militärische und politische Herrscher über die amerikanische Zone in Deutschland. Er zog in die Villa mit Panoramablick über Stuttgart. Sie liegt nur unweit der Villa Reitzenstein im Stuttgarter Osten, dem politischen Zentrum Baden-Württembergs seit dem Kriegsende. Noch heute residiert hier der Ministerpräsident. Seit den Zeiten von General Clay ist es zu einer Tradition geworden, dass der jeweils ranghöchste US -General in der Stadt im Clay-Haus wohnen darf. Zur Residenz gehören Köche, Zimmermädchen und weiteres Personal. Die Frau des jeweiligen Bewohners des Clay-Hauses gilt in Stuttgart als «First Lady». Von seinen Bediensteten ließ sich General Ward gern mit «the Boss» ansprechen.
Als Kip Ward 2007 zum ersten Chef von AFRICOM ernannt wurde, zog der Vier-Sterne-General in die Villa – obwohl es in Stuttgart zu dieser Zeit zwei Generäle mit vier silbernen Sternen auf den Schulterstücken der Uniform gab, dem höchsten Rangabzeichen des Militärs: Ward und General Craddock, der das Europa-Kommando EUCOM leitete.
Doch das Clay-Haus schien noch nicht einmal Wards Standard zu entsprechen. In den vier Jahren, in denen er hier wohnte, ließ er zwei Mal die Einrichtung austauschen – auf Kosten des US -Militärs: einmal für eine Million US -Dollar und ein zweites Mal für 1 , 4 Millionen Dollar.
William E. Ward war einer von dreißig Vier-Sterne-Generälen im US -Militär, aber damals der Einzige von ihnen mit dunkler Hautfarbe. Als Infanterist hatte er sich über Einsätze in Korea, Somalia, Israel und zwei Stationen in Deutschland bis in die Führungsebene des amerikanischen Militärs hochgedient. Seinen extravaganten Geschmack lebte er nicht nur bei der Inneneinrichtung seiner Residenz aus, sondern auch bei der Auswahl seiner Hotels. Er bevorzugte das Teure. In New York stieg er gern im Waldorf-Astoria ab. Auf den Bermudas nutzten seine Frau und er einmal eine Suite für 750 Dollar. Während ihr Flugzeug auf dem Airport betankt wurde, gingen die Wards shoppen und vergnügten sich in einem Wellness-Spa.
Bei AFRICOM war der General dafür bekannt, neben seinen Hausangestellten auch die Soldaten für die Erfüllung seiner Wünsche einzuspannen. Blumensträuße, Eintrittskarten, Bücher, Snacks besorgen – um solche Botengänge musste sich das militärische Personal kümmern. Auch seine Frau kommandierte die Soldaten so herum, als hätte sie diese eingestellt und würde sie vom privaten Konto bezahlen. Einmal sollte ein AFRICOM -Mitarbeiter sogar Schokolade für sie besorgen. Dunkle Schokolade. Dunkle Snickers, befahl sie ihm.
Wenn der General in diesen Jahren gefragt wurde, was seine Aufgabe innerhalb des US -Militärs in Deutschland sei, dann pflegte er zu sagen: «Die Verantwortung für alles, was in Afrika passiert, liegt bei mir hier in Stuttgart.» Ward fühlte sich nur noch zwei Menschen untergeben: Seine Bosse seien «der Präsident der USA und der Verteidigungsminister».
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Abends empfing General Ward seine Gäste aus dem politischen Führungszirkel der Landeshauptstadt Stuttgart, am Tag baute er im Verborgenen die Missionen von AFRICOM in 53 afrikanischen Ländern aus. Die
Washington Post
nannte Wards Ausweitung seiner Macht einmal die «schnellste Expansion des nicht erklärten Drohnen-Kriegs».
Seitdem William E. Ward als Gründungskommandeur das Afrika-Kommando übernommen hatte, expandierte AFRICOM unaufhörlich. Eines seiner ersten Projekte war der Aufbau eines Netzwerks von geheimen Drohnenbasen in Ostafrika. Diese Infrastruktur wurde notwendig, weil man noch mehr Führungsfiguren von al-Qaida aus der Luft exekutieren wollte.
Es gibt keinen investigativen Reporter, der in den vergangenen Jahren mehr Zeit und Mühe investiert hat, um die amerikanische Ausbreitung in Afrika zu beobachten, als Craig Whitlock von der
Washington Post
. Der 45 -jährige New Yorker arbeitete zuvor einige Jahre im Berliner Büro des Blattes, um über internationalen Terrorismus zu berichten, bevor er, zurück in den Staaten, auf Tuchfühlung mit dem Pentagon ging: Sein Büro ist heute im US -Verteidigungsministerium, in einem Extrabereich für die Presse. Whitlock berichtete aus mehr als 50 Ländern, drei Mal war er für den Pulitzer-Preis nominiert. Seine Berichte aus Afrika öffneten uns die Augen für den geheimen Krieg, den die USA in einigen Ländern des Kontinents führen.
Die afrikanische Einsatzzentrale
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