Geheimer Krieg: Wie von Deutschland aus der Kampf gegen den Terror gesteuert wird (German Edition)
mutmaßlichen al-Qaida-Führers besiegelte auch das Ende der Tomahawk-Langstreckenraketen als Mittel für Hinrichtungen von Feinden Amerikas. Zu viele Zivilisten waren durch Marschflugkörper in Somalia schon gestorben, der politische Gegenwind gegen diese Methode war immer stärker geworden.
Der Einsatz in diesen Septembertagen 2009 war der erste Hinweis auf einen Krieg, den Barack Obama erst vier Jahre später offiziell als amerikanische Politik bestätigen sollte. Im Mai 2013 erkläre er in einer Rede vor der National Defense University, dass Drohnen-Hinrichtungen nur noch vom Militär durchgeführt werden sollten und nicht mehr von den Geheimdiensten. Damit wollte Obama die Kritiker im eigenen Land beruhigen, weil Militäreinsätze vom Kongress kontrolliert werden – und damit transparenter für die Öffentlichkeit sind als klandestine CIA -Operationen.
Mit seinen Worten bestätigte der Präsident gleichzeitig aber auch eine Politik, die bereits seit längerem Realität geworden war. Die Hinrichtungen standen nun in der Verantwortung des Pentagons, waren Angelegenheit des Militärs. Obamas Rede war gleichzeitig auch das Eingeständnis von oberster Stelle, dass alle gezielten Tötungen in Afrika von AFRICOM kommandiert werden.
Von Deutschland aus.
*
Die Stunden im September 2009 waren etwas ganz Besonderes für General Kip Ward in seinem Kommandobüro. Doch seine Rolle und die von AFRICOM und dem geheimen Stab im Gebäude des Spezialkräfte-Kommandos auf dem Stuttgarter Gelände wurden in Deutschland nicht wahrgenommen.
Stolz darauf, dass der neue Präsident Erfolge im Kampf gegen den Terror präsentieren konnte, trompetete die Regierung Obama die erfolgreiche Attacke auf Ali Saleh Nabhan über die Medien heraus. Von
n-tv
über
Financial Times Deutschland
bis zur
Frankfurter Allgemeinen Zeitung
berichteten über 25 deutsche Fernsehsender und Zeitungen von der Tötung. Nicht in einem Bericht wurde erwähnt, woher der entscheidende Befehl kam: aus der Plieninger Straße 289 in Stuttgart. Nirgendwo gab es einen Hinweis auf AFRICOM .
7. Kapitel Luftpiraten
«Luftpiraten» im Einsatz vor Camp Lemonnier in Dschibuti
Zwei Monate nach der Hinrichtung von Ali Saleh Nabhan standen General William E. Ward und sein Afrika-Kommando im Zentrum öffentlicher Aufmerksamkeit. Nein, nicht seine Beteiligung an der gezielten Tötung in Somalia war das aufregende Thema – die Stuttgarter Gesellschaft bewegte vielmehr, wer eine Einladung zu Wards jährlicher Weihnachts-Party in der Villa des Generals erhalten hatte – und wer nicht.
Gern erinnern sich Teilnehmer an die jährlichen Feiern in der mit Tannenzweigen und Blumenbouquets geschmückten Empfangshalle mit dem Parkett und den beiden Kronleuchtern. Zu vorgerückter Stunde spielte eine Pianistin im Kerzenschein auf einem schwarzen Flügel.
Auch 2009 versammelten sich viele Männer mit roten Weihnachts-Krawatten in der Residenz des Kommandeurs, die sich in begehrter Stuttgarter Halbhöhenlage auf dem Hang der Gänsheide befindet. Soldaten in glanzvollen schwarzen Ausgehuniformen waren gekommen, ein Armee-Chor sang, einige Gäste waren extra aus Washington D.C. eingeflogen worden. Auch die lokale Politprominenz ließ sich blicken: Der Ordnungsbürgermeister von Stuttgart, Martin Schairer, folgte der Einladung, der Bürgermeister von Plieningen, Edgar Hemmerich, kam mit seiner Frau, der Bürgermeister von Bad Cannstatt, Thomas Jakob, war da und auch der Stuttgarter Oberbürgermeister Wolfgang Schuster. Mit Schuster und seiner Frau Stefanie verband Ward eine enge Freundschaft. Zu viert besuchten sie öfter das Staatstheater oder die Oper Stuttgart.
Die Feier in der Richard-Wagner-Straße 39 ließ sich Kip Ward mehr als 30 000 US -Dollar kosten. Die Party wäre noch teurer geworden, wenn er die vielen AFRICOM -Angestellten, die an diesem Tag mithalfen, noch hätte extra bezahlen müssen. In mehreren Salons trafen die fast tausend Gäste aus Stuttgarts politischer und gesellschaftlicher Elite zusammen. Sie bewunderten die kosmopolitischen Souvenirs der Gastgeber: ein Paravent aus Asien, eine afrikanische Maske, Elefantenfiguren aus der ganzen Welt, die die Ehefrau des Generals sammelte. Für diesen Abend hatte William E. Ward eigens einen Eventmanager aus den USA gebucht. Er wollte sichergehen, dass auch wirklich nichts schiefging.
Seit Ende des Zweiten Weltkriegs, als das amerikanische Militär Süddeutschland befreite und dann besetzte, konzentrierten sich die
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