Geheimnis der Liebe: Roman (German Edition)
erinnere mich noch gut, als ich noch ein paar Jahre jünger war als Gabriel hier. Da gab es so ein bezauberndes Zimmermädchen …«
»Theodore!« Seine Gattin blickte ihn vorwurfsvoll an.
Er streckte die Hand aus und tätschelte ihr den Arm. »Das war doch lange, bevor ich dich kennen gelernt habe, Liebste. Nachdem ich dich getroffen hatte, habe ich keine andere mehr eines Blickes gewürdigt. Ich wollte nur sagen, dass dergleichen den besten Männern passiert. Es ist sicherlich keine Schande, mit dem Personal zu schäkern.«
Gabriel fuhr zu seinem Vater herum. »Ich schäkere nicht mit Samantha! Ich liebe sie und hege die Absicht, sie zu meiner Frau zu machen.«
Sein Vater und seine Mutter quittierten diese Ankündigung mit einem entsetzten Aufstöhnen.
»Soll ich das Hirschhornsalz holen?«, erkundigte sich Eugenia mit gesenkter Stimme. »Mama sieht so aus, als ob sie gleich in Ohnmacht fiele.«
»Eine Bürgerliche?« Valeries Stimme bebte vor Entsetzen. »Du willst eine gemeine Bürgerliche heiraten?«
»Ich kann dir versichern, dass an Miss Wickersham nichts Bürgerliches oder gar Gemeines ist«, stellte Gabriel klar.
»Ach, das ist die allerromantischste Geschichte, die ich je gehört habe!«, rief Honoria begeistert, und ihre braunen Augen blitzten. »Ich sehe geradezu vor mir, wie du auf deinem Schimmel angaloppiert kommst, um sie vor einem Leben in vornehmer Armut zu retten.«
Gabriel schnaubte abfällig. »Wenn hier jemand gerettet wurde, dann bin ich das – und zwar von ihr.«
»Nun, mein Sohn«, begann sein Vater, »es besteht keine Notwendigkeit, überstürzte oder unüberlegte Entscheidungen zu treffen. Du hast erst letzte Nacht erfahren, dass du wieder sehen können wirst. Ich begreife durchaus, dass deine Gefühle dadurch aus dem Gleichgewicht geraten sind. Dass du dich in die Arme dieses … dieses …«
»Ja?«, fragte Gabriel in drohendem Ton.
»Reizenden Mädchens hast ziehen lassen«, fuhr sein Vater hastig fort. »Aber das bedeutet nicht, dass du übereilt eine aussichtslose Ehe eingehen musst. Himmel, wenn du wieder sehen kannst und nach London zurückkehrst, dann kannst du sie in einer netten kleinen Wohnung irgendwo in der Nähe deines Stadthauses unterbringen und zu deiner Mätresse machen, wenn du unbedingt willst.«
Gabriels Miene verfinsterte sich, doch bevor er zu einer Erwiderung imstande war, kam Mrs. Philpot in den Salon zurückgeeilt. »Es tut mir Leid, Mylord, aber ich kann keine Spur von ihr entdecken. Niemand hat sie gesehen. Allerdings habe ich diese Nachricht in ihrem Zimmer gefunden.« Ihre Stimme senkte sich zu einem Flüstern, sodass sich alle fragten, was um Himmels willen sie wohl gefunden hatte. »Auf ihrem Kopfkissen.«
»Lesen Sie es vor«, verlangte Gabriel und tastete nach dem nächsten freien Stuhl.
Während er darauf Platz nahm, reichte sie den Brief Beckwith.
Der Butler faltete zögernd und mit leicht zitternden Händen das schlichte weiße Blatt Papier auf. »Lieber Lord Sheffield«, las er laut. »Ich habe Ihnen immer gesagt, dass Sie mich eines Tages nicht mehr brauchen würden. Obwohl Sie ein Ehrenmann sind, wie ich weiß, erwarte ich nicht, dass Sie Versprechen halten, die gegeben wurden in der Hitze der …« Beckwith brach ab und warf Gabriel einen gequälten Blick zu.
»Weiter«, forderte Gabriel, seine Augen dunkel und leer.
»… erwarte ich nicht, dass Sie Versprechen halten, die gegeben wurden in der Hitze der Leidenschaft. Diese Flammen lodern zu hell, blenden selbst die, die in der Lage sein sollten zu sehen. Bald schon werden Sie Ihr Augenlicht – und Ihr vertrautes Leben – zurückerhalten. Ein Leben, an dem ich nicht teilhaben kann. Ich bitte Sie, nicht zu hart über mich zu urteilen. Vielleicht werden Sie eines Tages in einem Winkel Ihres Herzens freundliche Erinnerungen an mich hegen. Mit diesem Wunsch verbleibe ich stets die Ihre, Samantha.«
Als Beckwith das Papier zusammenfaltete, trat Mrs. Philpot zu ihm und tastete mit bebenden Fingern nach seinem Ärmel. Tränen strömten Honoria über die Wangen, und selbst Eugenia war gezwungen, sich mit der Ecke ihrer Serviette die Nasenspitze zu betupfen.
»Du hast Recht«, bemerkte seine Mutter leise und stellte ihre Teetasse auf den Tisch. »Sie ist ein ungewöhnliches junges Mädchen.«
Sein Vater seufzte. »Es tut mir Leid, Junge, aber sicherlich siehst du ein, dass es so am besten für alle ist.«
Wortlos erhob sich Gabriel und ging zur Tür, den Geh-stock vor sich
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