Geheimnis des italienische Grafen
Weingläser vom Tablett eines Lakaien. Aber sie schienen kein einziges Wort zu wechseln, sondern starrten in verschiedene Richtungen, als würden sie einander gar nicht kennen.
Erstaunt über Lady Rivertons eigenartiges Verhalten, bemerkte Thalia die Finger nicht, die nach ihrem Handgelenk griffen. Ehe sie aufschreien konnte, wurde sie hinter einen mitternachtsblauen Vorhang gezogen, in starke, von Samt umhüllte Arme.
„Was …“, japste sie und verstummte, als sich ein warmer Mund verführerisch auf ihren presste.
Diese Lippen kannte sie sehr gut, den Geschmack, das Gefühl … Und sie harmonierten so gut mit ihren eigenen.
„Oh, Marco“, wisperte sie, legte den Kopf in den Nacken und lächelte ihn an. Er war ein Renaissance-Prinz, ihr eigener Romeo in einem schwarz-weißen Samtwams, das Gesicht halb verborgen hinter einer schwarzen Ledermaske. In dunklen Wellen fiel ihm das Haar in die Stirn. „Du bist hier!“
„Natürlich bin ich hier. So wie alle anderen Bewohner von Bath.“ Im Schatten des Vorhangs schimmerten seine Zähne, die er lächelnd entblößte, schneeweiß.
Thalia lachte. „Ja, der Ball ist ein großer Erfolg, und Calliope genießt die Rolle der Gastgeberin in vollen Zügen. Aber wie bist du hereingekommen? Ohne dass ich es bemerkt habe?“
„Also hast du nach mir Ausschau gehalten?“, neckte er sie. „Konntest du es nicht erwarten, mich wiederzusehen?“
„Unsinn, ich wollte meiner Schwester nur helfen, sämtliche Gäste zu überwachen.“
„Ich bin die Hintertreppe hinaufgeschlichen“, erklärte Marco.
„Gewiss, du musst deine eigenen geheimen Nachforschungen anstellen.“
„Da gibt es ein ganz besonderes Forschungsobjekt.“
„Und was mag das sein?“
„Eine schöne rosa Schäferin.“ Leidenschaftlich küsste er sie wieder und zog sie noch fester an sich.
Das hölzerne Schaf und der Hirtenstab fielen zu Boden. Selbstvergessen schlang sie die Arme um seinen Nacken. Wie immer in seiner Nähe, an seine Brust geschmiegt, nahm sie den Rest der Welt nicht wahr – wollte nichts davon wissen.
Trotz aller Rätsel, die sie lösen musste, die er ihr aufgab, fühlte sie sich in seiner Umarmung sicher und geborgen.
Wie sie selbst fühlte sie sich – auf eine Weise, die sie nirgendwo anders erzielte.
Aber ein schallendes Gelächter auf der anderen Seite des Vorhangs erinnerte sie daran, dass die Welt immer noch existierte, im Guten oder im Bösen.
Widerstrebend befreite Thalia sich aus Marcos Armen, trat zurück und legte einen Finger auf seine Lippen, als er ihr folgen wollte. „Nun muss ich gehen. Vielleicht braucht Calliope meine Hilfe.“
„ Ich brauche Hilfe, cara “, flüsterte er heiser und hauchte einen Kuss auf ihr Ohrläppchen. „Bleib bei mir, nur für einen Augenblick.“
Lächelnd schüttelte sie den Kopf. „Das darf ich nicht.“
„Dann tanz mit mir. Denk an Santa Lucia, an den Maskenball auf der Piazza. Die ganze Nacht haben wir getanzt.“
„So oft denke ich daran. Und ich wünschte …“
„Was, Thalia?“
„Oh, ich wünschte, ich könnte dorthin zurückkehren“, brach es aus ihr heraus. „Nach Italien. So sehr vermisse ich die Sonne, und ich vermisse …“ Sie drückte einen Kuss auf seine Lippen. „Ja, der nächste Tanz gehört dir.“
Ehe er noch einmal nach ihr greifen und sie festhalten konnte, hob sie ihren Hirtenstab auf, schlüpfte hinter dem Vorhang hervor und eilte davon.
In ihrer Verwirrung hatte sie ganz vergessen, Marco von dem Lakaien mit der Narbe zu erzählen.
Vor einem Spiegel blieb sie stehen, rückte ihre Perücke und die Maske zurecht, dann ging sie zu Calliope, die glücklich und zufrieden wirkte. Sie spielte gerade mit Cameron und den Grimsbys Karten. Reibungslos nahm der Ball seinen Lauf.
Als Thalia den Spieltisch verließ, fiel ihr Blick auf die türkisblaue Gaze, die im Hintergrund des Saals verschwand. Zweifellos Lady Riverton – kein anderer Gast trug diese auffällige Farbe.
Thalia folgte ihr und geriet in ein schwach beleuchtetes Treppenhaus. Etwas weiter unten klickten Schritte. Die Röcke gerafft, um das Rascheln zu dämpfen, stieg sie die Stufen hinab.
Am Fuß der Treppe führte eine halb geöffnete Tür in einen dunklen Hof. Neben einem großen Kohlenhaufen standen Fässer voller Lebensmittel und Abfälle. Thalia rümpfte die Nase, aber dann ignorierte sie den Gestank von Fischen und verfaulten Lebensmitteln. Dicht neben dem Eingang versteckte sie sich hinter einem Fass.
Lebhafte Stimmen drangen zu
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