Geheimnis des italienische Grafen
nicht.“
„Worum denn sonst? Wenn Clio dir helfen konnte, bin ich genauso gut dazu fähig.“
„Thalia …“ Nun ließ er ihre Schultern los. Beschwörend ergriff er ihre Hände. „Das sagte ich doch. Wenn diese gemeinen Verbrecher dich verletzen – ich würde es nicht ertragen.“
Plötzlich verengte sich ihre Kehle, und sie musste schlucken, von heftigen Emotionen bewegt.
War es möglich? Bedeutete sie ihm tatsächlich etwas?
„Gar nichts wird mir zustoßen. Und dir auch nicht! Bitte, Marco, erlaub mir, dir zu helfen. Erklär mir, warum das Silber so wichtig ist.“
Über ihren Kopf hinweg musterte er den Parkweg. „Nicht hier.“
„Wo sonst? Nie sind wir allein …“
„Später, cara, versprochen.“ Die Stimme gesenkt, mit verstärktem Florentiner Akzent, fügte er hinzu: „Wenigstens das bin ich dir schuldig.“
Sie seufzte enttäuscht. Warum hatte sie immer wieder das Gefühl, ein Schritt vorwärts würde sie um drei zurückwerfen? Erneut schien sich der Tag zu bewölken, ihre Welt in öder Normalität zu versinken. „Du schuldest mir nichts, Marco.“
„Sogar sehr viel. Komm, lass dich zu einem Becher Eiscreme im Café Mollands einladen. Vielleicht kann ich dir dort ein bisschen was verraten, zum Dank für deine Information.“
Er trat an ihre Seite, bot ihr wieder seinen Arm, und sie ließ sich aus den Sydney Gardens führen. Allzu viel hatte sie nicht erreicht. Aber er gab immerhin zu, sie habe sich nützlich gemacht. Damit musste sie sich begnügen.
Zumindest vorerst.
In der nächtlichen Finsternis lag tiefe Stille über Bath, feuchter Nebel umwallte die Häuser. Aus nur wenigen erleuchteten Fenstern durchdrang das Licht die Schwaden, bernsteingelb und verschwommen.
Schon längst waren die Assembly Rooms geschlossen, die Lichter in den Spielsalons erloschen. Alle Menschen schliefen.
Abgesehen von einem verrückten Italiener, dachte Marco. In dieser ungastlichen Nacht bin nur ich unterwegs …
Während er durch die Stadt ging, stets dicht neben den Hausmauern, zog er seine Kappe tiefer in die Stirn. Das Gespräch mit seinem Kontaktmann war zufriedenstellend verlaufen.
Was die Pläne Lady Rivertons und ihres Begleiters auf dem Maskenball betraf, hatte Thalia recht behalten. Der Mann, in kriminellen Kreisen unter dem nicht besonders originellen Spitznamen „Narben-Jack“ bekannt, versuchte, den neuesten Schatz der Viscountess in eine der kleinen Kalksteinhöhlen schmuggeln und später holen zu lassen.
Wohin die Beute danach gelangen sollte, blieb abzuwarten. Wahrscheinlich würde sie verschwinden, wie so viele antike Kunstwerke Italiens. Die Zeugnisse einer glorreichen Geschichte, in alle Winde verstreut …
Aber dieser Schatz nicht. Das werde ich verhindern, dachte Marco grimmig. Dazu war er fest entschlossen.
Und Thalia auch.
Er folgte einem schmalen Kiesweg zwischen dem Circus und dem Royal Crescent. Unter seinen Stiefelsohlen knirschten die kleinen Steine – das einzige Geräusch, das er hörte, als er sich zu den vornehmen Häusern entlang des Crescent wandte.
Am Ende der Kurve lag das Haus der Westwoods. So oft war er inzwischen vorbeigegangen. Nun blieb er davor stehen, allerdings auf der anderen Straßenseite. Er musste sich vergewissern, dass alles still und friedlich war, bevor er in den Gasthof zurückkehrte.
Dass Thalia in Sicherheit ist …
Offenbar war er doch nicht der Einzige in Bath, der auf seine Nachtruhe verzichtete. Ein Fenster des Hauses schimmerte, ein einzelnes Rechteck, von warmem Kerzenlicht erfüllt – ein Leitstern in einer kalten Nacht.
Wie ein alberner Romeo starrte Marco hinauf, obwohl er nicht einmal sicher war, Thalias Fenster zu betrachten. Hinter dünnen Gardinen sah er die undeutliche Silhouette einer langhaarigen Frau, die an einem Schreibtisch saß und schrieb.
Doch, sie musste es sein – er spürte es. Allein schon ihr Anblick in der Sicherheit des Hauses beruhigte ihn. Obwohl sie zu so später Stunde noch wach war und arbeitete – woran, wusste er nicht.
Lächelnd erinnerte er sich an die helle Freude in ihren himmelblauen Augen, als sie ihm von Lady Riverton und den Höhlen erzählt hatte – an ihren leidenschaftlichen Enthusiasmus, der ein Echo in seinem fand, der ihn drängte, seine Erkenntnisse mit ihr zu teilen. Alles mit ihr zu teilen, mit seiner schönen Muse …
Aber obwohl sie sich so unwiderstehlich in seine Seele stahl, wusste er es besser. Mit aller Macht musste er sie von dem Abgrund fernhalten, auf den sie so
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