Geheimnis des italienische Grafen
blieb mit seiner Gattin vor dem Alkoven stehen
„Guten Abend, Lord und Lady Knowleton“, erwiderte Calliope. „Möchten Sie sich auf ein Glas Wein zu uns gesellen? Auf unserer Kartenparty fanden wir gar keine Gelegenheit, über die jüngsten Entwicklungen in der Antiquities Society zu sprechen.“
„Erst jetzt wird es mir bewusst – Sie waren ja so lange nicht in London“, bemerkte Lady Knowleton. Nachdem die Westwoods und Thalia beiseitegerückt waren, um Platz zu machen, setzten sich die Neuankömmlinge.
„Umso erfreulicher war es, Sie in Bath wiederzusehen“, betonte Calliope. „Allerdings hoffe ich, Sie sind nicht aus gesundheitlichen Gründen hier.“
„O nein“, versicherte Lord Knowleton. „Ich bin im Auftrag der Society nach Bath gereist. Doch ich fürchte, es gibt nicht viel zu erzählen.“
„Sogar mir verheimlicht er, worum es geht“, erklärte seine Gemahlin lächelnd. „Trotzdem nutze ich die Chance, die Heilquelle zu genießen. Möchten Sie uns morgen zum Tee besuchen, Lady Westwood? Miss Chase?“
„Wir wären entzückt. Nicht wahr, Thalia?“, fragte Calliope.
„Oh, natürlich“, erwiderte Thalia zerstreut. Ihre Gedanken überschlugen sich. Hing Lord Knowletons „Auftrag“ mit dem Altarsilber zusammen? Hoffentlich würde sie am nächsten Tag etwas mehr herausfinden und etwas entdecken, das Marco weiterhelfen könnte.
Aber sie fand nicht viel Zeit, um Pläne zu schmieden, weil Domenico de Lucca an den Tisch trat und sich höflich verneigte.
„Lord und Lady Westwood – Miss Chase …“, begann er mit einem charmanten Lächeln. „Gestatten sie mir bitte, mich für mein Benehmen auf Ihrer Party zu entschuldigen. Es war unverzeihlich. Und ich kann mein Verhalten nur begründen, indem ich erwähne, dass der englische Wein alkoholreicher ist, als ich es erwartet hatte. Hoffentlich erlauben Sie mir, meinen Fauxpas wiedergutzumachen.“
Skeptisch runzelte Calliope die Stirn. „Signor de Lucca, ich nehme Ihre Entschuldigung an. Aber es war die Verlobungsparty meiner Schwester .“
Mit einer weiteren Verbeugung wandte Domenico sich zu Thalia. „Dann hoffe ich, Sie werden mir die große Ehre erweisen und mit mir tanzen, Signorina Chase.“ Noch ein strahlendes, argloses Lächeln. „Damit würden Sie mir zeigen, dass wir jetzt wieder Freunde sind. Wie drückt man das in England aus? Nichts für ungut.“
Thalia schaute an ihm vorbei zu den Tanzpaaren hinüber und zögerte, weil sie ihn inzwischen nicht mehr mochte. Viel zu schnell wechselte er vom hitzköpfigen Revolutionär zum aalglatten Charmeur über und dann wieder zu Ersterem. Was er wirklich empfand, verriet sein Lächeln nicht. Ebenso wenig las sie in den kühl blickenden blauen Augen.
Andererseits war er Lady Rivertons Freund. Zumindest war dieser Eindruck entstanden. Vielleicht wusste er irgendetwas, das sie ihm entlocken konnte – eine nützliche Information. Oder er würde ihr etwas mehr über Marcos Leben in Italien erzählen, von seinem Haus, seinen Freunden, seiner Arbeit – seinen Frauen. All das, was auch er hinter einem charmanten Lächeln verbarg.
„Sehr gern“, antwortete sie und stand auf. „Natürlich möchte ich nicht mit einem alten Freund meines Verlobten streiten. Wenn meine Schwester mich für ein paar Minuten entbehren würde …“
Calliope schaute unsicher zu ihr auf, offenbar hin- und hergerissen zwischen den Pflichten einer strengen Anstandsdame und dem Bedürfnis, das Gespräch mit den Knowletons fortzusetzen. „Natürlich, meine Liebe, wenn es dir Spaß macht, ein bisschen zu tanzen … Aber denk daran, bald wird das Souper serviert.“
„Das werde ich nicht vergessen.“ Thalia verließ den Alkoven und nahm den Arm, den Domenico ihr bot. Unter ihrer leichten Berührung spürte sie angespannte Muskeln, und jetzt, aus der Nähe betrachtet, wirkte sein Lächeln gezwungen, wies harte Züge um die Mundwinkel auf. Trotz des milden Abends glänzten Schweißperlen auf seiner Stirn.
Diese Beobachtungen zerrten an ihren Nerven. Verstohlen schaute Thalia sich um und hoffte, Marco würde endlich auftauchen. Doch er ließ sich nirgends blicken, ebenso wenig wie Lady Riverton. Plötzlich kam ihr der ganze Garten dunkel vor, der Glanz der Laternen trübe, die Bäume und die kunstvoll gestutzten Hecken glichen einem beklemmenden schwarz-grünen Netz, das sie gefangen hielt.
Als sie die Tanzfläche erreichten, holte sie tief Luft. „Wie ich höre, haben Sie sich mit der Viscountess Riverton
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