Geheimnis des Verlangens
sie dahinter kam, woran sie war. Seine totale Gleichgültigkeit ihr gegenüber auf dieser Reise war schließlich höchst aufschlussreich . Wenn er sich in den beengten Räumlichkeiten eines Schiffes von ihr fernhalten konnte, würde sie ihn dann nach ihrer Hochzeit jemals zu Gesicht bekommen, wo ihm ein ganzes Land zur Verfügung stand, um darin zu verschwinden? Falls sie jemals heirateten. Vielleicht konnte er irgendeine Möglic h keit finden, von dem Verlöbnis zurückzutreten. Immerhin war er der König. Das Lächeln, das sie ihm schenkte, war nicht ganz so betörend, wie sie es geplant hatte. Aber es gelang ihr wenigstens, in einem freundlichen Ton zu antworten. »Ich fand die Reise ziemlich angenehm, aber es konnte ja auch gar nicht anders sein, mit so charmanten Begleitern zu meiner Unterhaltung.«
Offensichtlich wusste er nicht, ob diese Bemerkung sarkastisch gemeint war oder nicht. Denn er zögerte kurz, bevor er sagte: »Man kann meinen Männern vieles nachsagen, Tanya. Aber charmant?«
»Wenn sie wollen, ja. Ich habe sogar herausgefunden — zu meiner ungeheuren Überraschung natürlich —, dass ich Lazar und Serge mögen könnte. Und Sascha habe ich schon fast ins Herz geschlossen.«
»Ihr sagt kein Wort von Vasili .«
»Sagen wir einfach, ich habe gelernt, Euren Vetter zu tolerieren. Selbst wenn er gerade wieder einmal versucht, sich besonders unbeliebt zu machen. Außerdem habe ich erst kürzlich herausgefunden, dass ich wohl wirklich ein grässliches Temperament habe. Wahrscheinlich habe ich das enge Band zwischen Euch und Vasili , das sein Verhalten mir gegenüber mehr oder weniger beeinflusst hat, früher nie so recht verstanden.«
Sie lächelte wieder, diesmal mit größter Befriedigung, denn sein neuer Gesichtsausdruck war eine unbezahlbare Kombination von Verwirrung, Gereiztheit und Argwohn, jetzt wusste er wirklich nicht mehr, was er von ihr halten sollte. Und das war genau der Effekt, den sie im Augenblick erzielen wollte.
»Es überrascht Euch, dass ich das herausgefunden habe?« fuhr sie fort. »Nun, das sollte es nicht. Erst gestern hat Vasili selbst mir dieses Geständnis gemacht. Im Augenblick kann ich nicht mehr sagen, als dass ich in Zukunft versuchen werde, ihn zu tolerieren, Eure Majestät.«
Er hob eine Augenbraue, als er den Titel vernahm. Dies war endlich etwas, nach dem er auf direktem Wege fragen konnte. »Waren es die Ausweispapiere?«
»Nicht im geringsten. Ich habe sie für Fälschungen gehalten.«
»Was hat Euch denn überzeugt?«
»Sascha, um genau zu sein. Er hat eine überwältigende Fähigkeit, die Dinge klarzustellen, ohne es überhaupt zu versuchen. Er hat einfach geredet und geredet, über Euch, mich, Cardinia — und die Hochzeit.« Und dann heftete sie einen direkten Blick auf ihn, der gerade genug zornige Funken sprühte, um ihn auf das folgende vorzubereiten. »Warum zur Hölle habt Ihr mir dann erzählt, Vasili sei der König?«
Er ging zur Tür hinüber unter dem Vorwand, sie für sie aufhalten zu wollen, aber ihre Frage hatte ihn offensichtlich dermaßen aus der Fassung gebracht, dass er ihrem Blick einfach nicht länger standhalten konnte. »Ihr seid damals ausgesprochen schwierig gewesen. Ich dachte, mit der Aussicht auf ihn als Bräutigam würde sich das vielleicht ändern.«
Aber so leicht kam er ihr nicht davon. »Warum?«
»Weil die Frauen geradezu verrückt nach ihm sind. Und das sogar noch, bevor er sich daranmacht, sie zu verführen. Wenn er den Versuch gemacht hätte, Euch für sich zu gewinnen, wäret Ihr ihm erlegen.«
Tanya schnaubte verächtlich. »Wenn Ihr das glaubt, täuscht Ihr Euch gewaltig.«
Endlich sah er sie wieder an, und sein Blick sagte deutlich, dass seiner Meinung nach sie diejenige war, die sich täuschte. »Ihr sagt, Ihr wüsstet , dass Vasili s Loyalität zu mir sein Verhalten Euch gegenüber beeinflusst hat — ist es Euch nie in den Sinn gekommen, dass seinem Benehmen noch eine ganz andere Absicht zugrunde liegt? Dass es ein vorsätzlicher Versuch war, Euch Verachtung für ihn einzuflößen? Ich wollte damals lediglich, dass Ihr bereitwillig mit uns kamt. Aber Vasili erkannte die Konsequenzen der Lüge. Er wollte nicht, dass Ihr Euch in ihn verliebt, wo Ihr doch am Ende mich würdet heiraten müssen.«
»Wie rücksichtsvoll von ihm«, höhnte sie. »Aber da habt Ihr beide wohl seinem Aussehen zu großen Wert beigemessen. Aus irgendeine m Grunde scheint Ihr zu denken, dies sei alles, worauf es für eine Frau ankommt.
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