Geheimnis des Verlangens
musste Tanya sich da erst ärgern, obwohl sie es sorgfältig vermied, ihren Neid offen zu zeigen.
Aber das war wenigstens eine Sache, die er richtigstellen konnte, und zwar noch bevor er die Stadt verließ — heute abend, um genau zu sein, da sie morgen bereits in aller Frühe aufbrechen würden. Es kümmerte ihn nicht im geringsten, wenn er zu diesem Zweck einen Juwelier aus dem Bett zerren musste . Er würde es jedenfalls nicht zulassen, dass seine Braut bei ihrer Ankunft in Cardinia schäbiger aussah als selbst das niedrigste Mitglied bei Hofe.
Als Stefan sich mit Serge und einigen Flaschen Wodka, die sie warmhalten sollten, auf den Weg machte, kam es ihm überhaupt nicht in den Sinn, dass er etwas Wesentliches hinauszögerte. Er vermied es eindeutig, Alicia betreffend einen Entschluss zu fassen, ebenso wie er es vermied, mit ihr allein zu sein. Als es ihm dann schließlich doch in den Sinn kam, erfüllte ihn sein eigenes Verhalten mit Abscheu. Bei seyier Rückkehr sahen die Dinge dann wieder ganz anders aus. Ein kleines juwelenbesetztes Kästchen lag neben ihm in der Kutsche, und er hatte Zeit genug gehabt, sich einen neuen Grund zurechtzulegen, um die Konfrontation mit Alicia noch ein wenig hinauszuschieben — und dieser neue Grund war logischer als der ganze Rest. Er war jetzt einfach zu betrunken, um heute Nacht noch eine Entscheidung fällen zu können, so oder so.
Außerdem hatte er überlegt, dass er wirklich bis zum nächsten Morgen warten sollte, um zuerst mit Tanya zu sprechen, und zwar allein. Wenn sie ihm wegen Alicia die Hölle heiß machte, würde er seine Mätresse leichten Herzens wegschicken. Falls sie jedoch kein Wort darüber verlor, würde er wissen, dass die Entschuldigungen, die er sich zurechtgelegt hatte, nur in seiner Fantasie existierten. Wenn sie nichts sagte, war es ihr wirklich vollkommen gleichgültig, was er tat.
Mit diesem festen Vorsatz wollte er schlafen gehen, aber er hatte nicht mit seiner Mätresse gerechnet, die fest entschlossen war, ihre alten Ansprüche auch weiter geltend zu machen. Als er in das Schlafzimmer, das Sascha für ihn vorbereitet hatte, hineinstolperte, erlebte er eine Überraschung. Er hatte sich dieses Zimmer herrichten lassen, um nicht wie vor seiner Abreise nach Amerika ein Zimmer mit Alicia teilen zu müssen. Und nun fand er sie doch tatsächlich auch in diesem neuen Zimmer. Sie lag zusammengerollt im Bett und wartete auf ihn.
»Es war gar nicht nötig, das Zimmer zu wechseln, Stefan, nur um den Schein zu wahren«, tadelte sie ihn sanft. »Deiner kleinen Prinzessin ist es ganz egal, wo du schläfst.«
Das war ganz sicher nicht die klügste Bemerkung, die sie im Augenblick machen konnte. Sie begriff es, als er das Juwelen Kästchen , das er in der Hand gehalten hatte, auf den Tisch stellte und sie mit glühenden Augen ansah. Sie begriff ebenso, dass er nicht mehr ausgesprochen nüchtern war. Das wenigstens konnte für sie von Nutzen sein. Aber selbst daran zweifelte sie, als sie den eiskalten Ton in seiner Stimme vernahm.
»Ich erinnere mich nicht daran, dich hierher eingeladen zu haben, Alicia.«
Sie versuchte, diese Bemerkung mit einem Lachen ab-zutun. »Das hast du gar nicht nötig, Liebling. Ich habe in den letzten beiden Jahren dein Schlafzimmer geteilt. Seit wann brauche ich eine Einladung?«
Sie hatte natürlich recht. Außerdem zwang sie ihn dazu, seiner Entscheidung über sie augenblicklich und ohne weitere Vorbereitung entgegenzutreten — dabei konnte er schon gar nicht mehr klar denken. Aber in Wirklichkeit brauchte er gar keine Entscheidung mehr zu fällen, oder? Er begehrte Tanya nicht nur, es war schon viel mehr als das, viel mehr an Gefühlen, die Tanya in ihm geweckt hatte. Was Alicia betraf, hatte er nur noch den einen Wunsch, sie nicht zu verletzen, denn nach der Vertrautheit der beiden gemeinsam verbrachten Jahre empfand er auch für sie eine gewisse Zuneigung. »Alicia ...«
»Komm, Stefan, laß mich dich ins Bett bringen«, unterbrach sie ihn schnell, bevor er sie tatsächlich wegschicken konnte. »Ich sehe, dass du heute abend ein wenig zuviel getrunken hast. Daher wirst du mich wahrscheinlich nicht brauchen, aber du muss t mir erlauben, es dir wenigstens etwas bequem zu machen.«
Er ging zum Bett hinüber, und s ofort schob sie die Dec ken für ihn zur Seite, wobei sie ihm gleichzeitig enthüllte, dass sie darunter nackt war. Was ihm an Alicia immer besonders gut gefallen hatte, war ihr Körper, und sie wusste es. Sie
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