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Geheimnis des Verlangens

Geheimnis des Verlangens

Titel: Geheimnis des Verlangens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Lindsey
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getragen hatte. Viel lieber hätte sie es nicht getan. Aber heute ging nun mal kein einziger ihrer Wünsche in Erfüllung. Und ihr eigenes Hemd war ja auch dank Stefan tatsächlich unangenehm naß.
    Das Erröten kam völlig unerwartet, als sie sich daran erinnerte, was in dieser Kabine beinahe passiert wäre. Tanya hätte gern von sich sagen können, dass dies das schrecklichste Erlebnis ihre Lebens war, aber das stimmte nicht. Sie hatte seinen Zorn gefürchtet, natürlich, aber Tatsache war, dass er ihr nicht im geringsten wehgetan hatte, als er über ihr auf dem Bett lag. Es wäre anders gewesen, wenn er nicht rechtzeitig aufgehört hätte. Aber das wusste er nicht. Er hielt sie für eine Hure, und Huren beschäftigten sich wahrscheinlich die ganze Zeit mit solchen Dingen.
    Was dann statt dessen passiert war, würde sie liebend gern vergessen; aber wie dem auch sei, er hatte ihr nicht ernsthaft wehgetan mit dieser Kinderstrafe. Ein paar Tage lang würde sie etwas empfindlich sein und sich nicht übermäßig gern hinsetzen, aber es hätte viel schlimmer sein können. Er hätte sie zum Beispiel mit seinem Gürtel verprügeln können oder mit seinen Fäusten. Und er hätte sich obendrein dann auch noch im Recht fühlen können, nachdem sie ihren Teil des Abkommens gebrochen hatte.
    Was sie nicht verstand, war sein Verhalten danach. Falls sie sich nicht sehr irrte, würde sie sagen, dass es ihm wirklich leid getan hatte, sie so rauh behandelt zu haben. Er hatte versucht, sich zu entschuldigen, und ganz gewiss hatte er versucht, sie zu trösten — so lange jedenfalls, bis er begriffen hatte, dass sie keinen Trost brauchte.
    Sie zog eine Grimasse, während sie den Deckel des obersten Koffers aufriß. Es war immerhin nicht besonders nett von ihm gewesen, sie dann einfach auf den Boden zu werfen. Natürlich war es auch nicht besonders nett von ihr gewesen, ihn in den« Fluß zu werfen. Sie kicherte und wünschte, sie hätte sein Gesicht sehen können, als er sich plötzlich im Wasser wiederfand.
    Sie wühlte sich durch den Koffer und entdeckte eine ganze Menge Dinge darin, kleine Schachteln und Ähnliches, die sie liebend gern näher untersucht hätte, aber schon beim Öffnen des Koffers hatte sie sich wie ein Dieb gefühlt. Und so schnappte sie lediglich nach dem ersten Hemd, das sie finden konnte, und Schloss den Deckel wieder. Das Hemd war aus weißem Batist und viel zu dünn, um einfach nur unförmig an ihr herabzufallen. Diese Entdeckung machte sie, gleich nachdem sie es flink gegen ihr eigenes Hemd ausgetauscht hatte. Man konnte durch den dünnen Stoff ihre Brustwarzen sehen, also taugte es nichts — jedenfalls nicht als einziges Kleidungsstück, denn sie trug kein Unterkleid. So etwas hatte sie nie getragen, sondern sich immer darauf verlassen, dass der dicke Stoff ihrer Hemden ihre Brüste hinreichend verdecken würde. Und sie konnte sich nicht vorstellen, dass sie in Stefans Koffer ein Unterkleid finden würde.
    Also suchte sie nach einem Wams. Sie fand auch eins, aus brokatgeschmücktem Atlas in Schwarz und Silber, und wahrscheinlich das kostbarste Kleidungsstück, das sie jemals berührt hatte. Es wäre vielleicht besser gewesen, es gar nicht zu nehmen. Es war viel zu fein für ihresgleichen. Aber schließlich hatte sie die Erlaubnis dazu. Wenn Stefan also etwas dagegen hatte — sei's drum. Natürlich waren seine Abschiedsworte vorhin unmißverständlich gewesen.
    Ihm würde sie wohl besser gefallen, wenn sie nur das Hemd trüge — oder überhaupt nichts.
    Sie dachte an Stefans seltsamen Humor und an seine Bemerkung über ihren Tanz, und augenblicklich kehrte ihr Verdruß zurück. Als Stefan ein paar Sekunden später zurückkehrte, schmollte sie immer noch. Und der Blick, den er ihr zuwarf, streute dann auch noch Salz auf ihre Wunden. In seinen sherrygoldenen Augen leuchtete überschäumende Belustigung auf. Zum Glück war er jedoch nicht allein, sonst hätte der Plan, den sie sich zurechtgelegt hatte, warten müssen, bis sie ihre schlechte Laune abreagiert hatte. Aber Sascha war bei ihm, und eine ganze Reihe von Matrosen folgte ihm mit Wasserkübeln beladen durch die Tür.
    Als Tanya die Zinnwanne sah, die ein paar andere Männer schließlich hereinschleppten, biß sie die Zähne zusammen. All ihre Ränke und Pläne waren also überflüssig gewesen, denn da hatte sie bereits ihre Fahrkarte in die Freiheit. Stefan wollte hier sein Bad nehmen, und das bedeutete, dass sie die Kabine verlassen musste —

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