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Geheimnis des Verlangens

Geheimnis des Verlangens

Titel: Geheimnis des Verlangens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Lindsey
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die Gelegenheit dazu gehabt hätte. Nicht solange sie alle wach und aufmerksam waren. Aber sie würde heute nacht fliehen. Irgendwie. Und vorzugsweise mit einem der Pferde, falls sie das bewerkstelligen konnte. Sie hatte nur noch nicht herausgefunden, wie. Sie scheute sich vor der offensichtlichen Erkenntnis, dass sie dabei jemanden ernstlich würde verletzen müssen — und zwar denjenigen, der gerade Wache hielt, wenn sie bereit war zu fliehen. Serge und Lazar? Diese zwei könnte sie nicht verletzen, weil sie lediglich die Befehle der beiden Vettern auszuführen schienen. Vasili ? Ohne Skrupel. Stefan? Da war sie sich nicht ganz sicher.
    Als sie wieder aus den Büschen auftauchte und Stefan ihre Hand hinhielt, damit er das Seil losbinden konnte, hatten die anderen bereits Bettlaken auf dem Boden ausgebreitet. Serge zündete gerade ein Feuer an, und Lazar packte die auf der Plantage für sie zubereitete Mahlzeit aus, die sie von dort mitgenommen hatten — einen Schinken, Süßkartoffeln und ein paar Laibe süß duftenden Brotes. Sie hatten genug Vorräte für eine ganze Woche gekauft und dazu auch einige Kochutensilien sowie Gewehre, um frisches Fleisch beschaffen zu können. Aber wie sie aus der Unterhaltung, die den ganzen Tag um sie herumschwirrte, entnommen hatte, konnte keiner der Männer kochen. Sie fragte sich, wieviel Wirbel sie machen sollte, bevor sie einwilligte, diese Aufgabe zu übernehmen. Keinen. Sie würde nämlich gar nicht dasein, um ihnen noch eine Mahlzeit zuzubereiten, nicht wenn sie es irgendwie verhindern konnte.
    Sie ließen sich auf ihren Laken nieder, die rund um das Feuer lagen. Tanya fand nur, dass das ihre verdammt nah an Stefans lag. Und kaum hatten sie sich hingesetzt, als er sie bat, für sie zu tanzen. Seine Bitte kam für Tanya dermaßen unerwartet, dass sie im ersten Augenblick verdutzt schwieg. Der Mann war den ganzen Tag über ausgesprochen niederträchtig zu ihr gewesen, angefangen von seinen widerwärtigen Anspielungen am Morgen bis hin zu seinen diabolischen Lektionen am Nachmittag. Und was auch immer ihn vorher zu ihr hingezogen hatte, war jetzt nicht mehr da. Daher konnte sie sich auch nicht vorstellen, warum er sie tanzen sehen wollte. Es sei denn, dies wäre ein weiterer Versuch, sie irgendwie zu demütigen. Falls sie zustimmte, würde er dann als nächstes vorschlagen, dass sie sich zuerst ihrer Kleider entledigen solle?
    Es machte sie wütend, dass das sein Motiv sein könnte, wütend genug, um zu antworten: »Nicht für Euch alle. Für Euren König — falls er darauf bestehen sollte.«
    Das sagte sie nur, um Stefan eins auszuwischen, und weil sie überzeugt davon war, dass ausgerechnet Vasili sie nicht darum bitten würde, nicht einmal, um sich von seiner Langeweile zu erlösen. Das würde ja bedeuten, dass er zugeben müßte, dass ihm ihr Tanz gefallen hatte — ein Eingeständnis, das Vasili , der sie durch und durch verachtete, niemals machen würde.
    Aber sie war sich nicht sicher, ob ihre Antwort die gewünschte Wirkung auf Stefan hatte. Er zuckte mit keiner Wimper, und seine Stimme klang nur mäßig trocken, als er wieder zu sprechen begann.
    »Unser König ist zu erschöpft, um im Augenblick daran Gefallen zu finden. Ist es nicht so, Eure Majestät?«
    Mit einem Blick auf Stefan sagte Vasili : »Wenn ich es nicht schon vorher gewesen bin, bin ich es jetzt ganz bestimmt.« Mit diesen Worten drehte er sich herum, um zu schlafen. Tanya hörte Lazar auf der anderen Seite des Feuers leise in sich hineinlachen, aber auch er drehte ihnen jetzt den Rücken zu. Serge zu ihrer Linken tat es seinen beiden Freunden gleich. Da sie alle drei schlafen wollten, wusste sie jetzt, dass Stefan die erste Wache übernehmen würde. Als sie wieder zu ihm hinsah, fand sie ihn jedoch noch immer auf seinem Laken liegend. Er stützte sich auf einen Ellbogen und beobachtete sie.
    »Wollt Ihr es Euch nicht noch einmal überlegen?« fragte er, als sich ihre Blicke begegneten und einander standhielten. Und auf einmal herrschte eine seltsame Spannung zwischen ihnen.
    Merkwürdigerweise machte Tanya der Gedanke, nur für ihn zu tanzen, eigentümlich nervös. Konnte sie ihn dazu bringen, sie wieder zu begehren, wenn sie für ihn tanzte? Wollte sie denn, dass er sie wieder begehrte?
    Die Richtung, die ihre Gedanken eingeschlagen hatten, war unter den gegebenen Umständen ausgesprochen ärgerlich, aber sie konnte es nicht leugnen. Er mochte sie vielleicht nicht länger begehrenswert finden, aber

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