Geheimnis des Verlangens
Arm stützte er ihren Rücken, so dass sie bequem sitzen konnte, aber dafür musste sie Stefan auch direkt ins Gesicht sehen. Es war schon schlimm genug, so nah bei ihm zu sein, dass sie ihn an vielen Stellen berühren und seine Hitze spüren konnte — der Mann fühlte sich für sie immer heiß an —, aber dass sie ihn auch noch ansehen musste , war bei weitem das Beunruhigendste. Sie konnte die Augen schließen, nahm sie an, oder sich einen steifen Nacken holen, indem sie versuchte, nach vorn zu sehen. Nachdem sie beide Möglichkeiten ausprobiert hatte, konnte sie sich des Eindrucks nicht erwehren, dass er sie dabei beobachtete — und das machte die Sache wahrhaftig nicht besser.
Sie brauchte nicht lange, um ihn zu informieren: »Ich möchte mich anders hinsetzen, Stefan, mit dem Gesicht nach vorn.«
»Mit gespreizten Beinen?«
»Ja.«
»Nein.«
Sie erwiderte den Blick seiner sherrygoldenen Augen und verlangte zu wissen: »Warum nicht?«
Er hielt ihrem Blick für einen Augenblick stand, dann sah er wieder über ihren Kopf hinweg, den Kiefer verkrampft, die Lippen fest zusammengepreßt, bereit, sie in jeder Hinsicht zu ignorieren. Aber schließlich antwortete er ihr trotzdem: »Euer Rock gestattet es nicht.«
Ihr Rock war verglichen mit solchen, die dazu gemacht waren, zahllose Unterröcke zu beherbergen, relativ eng, aber er war nicht so eng. »Ich würde nur ein kleines bißchen Haut zeigen, vielleicht sogar gar nichts, da ich Stiefel trage, die ohnehin mehr als ein Drittel meiner Waden bedecken.«
Sie fand, dass ihr Einwand durchaus logisch geklungen hatte, aber seine Augen waren um eine Schattierung heller geworden, als er den Blick wieder auf sie herabsenkte. »Ein bißchen ist schon zuviel. Seid so gut, und erinnert Euch daran, wer Ihr seid, Prinzessin. Und fangt endlich an, Euch mit ein wenig Anstand zu benehmen — wie es Eurem Rang entspricht und nicht wie eine Tavernen ... wie ein Tavernenmädchen.«
Sein kurzes Zögern verriet ihr deutlich genug, dass »Hure« der Ausdruck seiner Wahl gewesen wäre, um sie zu beschreiben. Aus einem Grund, den sie sich selbst nicht recht erklären konnte, hatte sie ihn so wütend gemacht, dass er wieder anfing, sie mit irgendwelchen Beleidigungen zu bedenken. Und wenn sie sie sowieso zu hören bekam, konnte sie sie sich ebensogut verdienen.
»Was war es denn diesmal? Das Wort Haut? Waden? Ich bin ein Tavernenmädchen, Stefan, und es gibt wahrhaftig nicht allzu viele Wörter, die in mein Vokabular nicht hineinpassen. Wollt Ihr noch ein paar mehr hören, an denen Ihr vielleicht auch etwas auszusetzen hättet? Wie wär's zum Beispiel mit Hurensohn?«
Ihre Augen kämpften einen schweigenden Kampf miteinander, fast eine volle Minute lang. Seine Augen glühten jetzt wirklich, und ihre sprühten grüne Funken. Und dann überraschte er sie, indem er ihr in allen Punkten nachgab.
»Setzt Euch hin, wie es Euch gefällt. Zeigt soviel Haut, wie es Euch gefällt. Ihr könnt sogar sagen, was immer Euch gefällt, kleine Tanya.«
Ihr Gesicht spiegelte ihre ganze Verachtung wider: Erst brach er einen Streit vom Zaun, dann gab er einfach klein bei. Aber trotzdem korrigierte sie schnell ihren Sitz, bevor er es sich anders überlegen konnte. Für ihren Seelenfrieden war es unendlich viel besser, wenn sie nicht in der Lage war, diesem Teufel in die Augen zu sehen. Jetzt konnte sie sich vielleicht auch wieder auf ihre Flucht konzentrieren ...
Schon in dem Augenblick, in dem sie sich nach vorn beugte, um ihren Rock soweit wie möglich hinabzuziehen, glitt Stefans Arm um ihre Taille, um ihre Hüften fester zwischen seine Beine zu pressen. Tanya war von seinem Verhalten jedoch noch nicht weiter alarmiert, weil sie dachte, er wolle lediglich sicherstellen, dass sie nicht vom Pferd fiel. Aber er ließ sie auch dann nicht los, als sie sich aufrecht hinsetzte, und einen Augenblick später bewegte sich sein Unterarm nach oben, bis seine Hand flach über ihrer rechten Brust lag — mit genug Druck, um ihren ganzen Rücken in engen Kontakt mit seiner Brust zu bringen. Ihr Keuchen war kaum weiter als bis zu ihren Lippen gedrungen, als sie seine Stimme an ihrem Ohr hörte, die beiläufig weitersprach, als hätte es nach seinen Zugeständnissen überhaupt keine Pause gegeben. »Aber Ihr werdet schon bald herausfinden, falls Ihr es nicht schon getan habt, Weib, dass die Art, wie eine Frau sich benimmt, auch genau die Art ist, wie sie wahrscheinlich behandelt wird.«
Tanyas Augen weiteten
Weitere Kostenlose Bücher